Elektrosmog Report
Nr. 6 / 1. Jahrgang September 1995 
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Technik und Politik
Minimierungs- und Vorsorgekonzepte für den Niederfrequenzbereich

Die elektrischen und magnetischen Felder, denen wir im Alltag ausgesetzt sind, lassen sich in vielen Fällen ohne großen technischen oder finanziellen Aufwand deutlich reduzieren.

Daß dennoch bislang Minimierungs- und Vorsorgekonzepte nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommen, liegt daran, daß Energieversorgungsunternehmen, Netzbetreiber, Gerätehersteller, Normungs- und Genehmigungsinstitutionen das Thema Elektrosmog unterhalb der offiziellen Grenzwerte lieber ignorieren, anstatt ernsthaft die vielfältigen Möglichkeiten von Feldminimierungen zu untersuchen und zu nutzen. Dabei würde es in vielen Fällen genügen, überhaupt einmal näher hinzusehen, woher die Felder kommen, und bei Neuinstallationen bzw. Neuentwicklungen die Feldminimierung - neben vielen anderen Kriterien - als zu optimierenden Parameter zu berücksichtigen.

Basis des Vorsorgeansatzes

Die vielen Hinweise auf biologische und auch gesundheitlich negative Effekte in den "Grauzonen":

bilden eine ausreichende Basis, da, wo es wirtschaftlich vertretbar ist, unter Vorsorgegesichtspunkten Feldminimierungen auch unter die bestehenden Grenzwerte zu fordern bzw. durchzuführen. In diesen Grauzonen herrscht bis heute kein wissenschaftlicher Konsens darüber, ob und wenn ja, welche gesundheitlichen Schäden zu erwarten sind. Die bislang gefundenen und vielfach nur in Ansätzen verstandenen Effekte reichen noch nicht aus, um aus ihnen hieb- und stichfest abgesicherte Grenzwerte abzuleiten. Sie bilden aber bereits eine ausreichende Basis für Vorsorge-, Präventions- oder auch Planungsrichtwerte, wie sie in anderen Ländern schon verabschiedet wurden. Dabei ist zu beachten, daß Vorsorgekonzepte sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren sollten: "Die Vorsorge muß jedoch nach Umfang und Ausmaß dem Risikopotential der Immissionen, die sie verhindern soll, proportional sein. Daraus folgt, daß Vorsorge durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird" (Bernhardt, Bundesamt für Strahlenschutz).

Vorsorge bedeutet aber auch die Vermeidung unerwünschter bzw. unnötiger EMF- Expositionen durch aktive Planung (Boikat, Amt für Gesundheit, Hamburg). Dazu zählt, daß die Zunahme weiterer EMF-Quellen nicht in ungesteuertem Wildwuchs geschieht und z. B. Rücksicht auf besondere Ruhezonen und Wohngebiete genommen wird.

Das nova-Institut fordert unter Vorsorgegesichtspunkten, da, wo es technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist,

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Hochspannungstrassen und andere hausexterne Feldquellen

Als Quellen niederfrequenter, hausexterner Felder sind vor allem Hochspannungstrassen, Transformatoren, Eisen-, Straßen-, S- und U-Bahnen und dezentrale Versorgungsleitungen von Bedeutung.

Wichtigste Rolle bei Minimierungs- und Vorsorgekonzepten spielen die Abstände zwischen Feldquellen und Bebauungen bei Neuplanungen. Die strengsten Regelungen finden sich derzeit in Schweden. Gert Anger vom Staatlichen Institut für Strahlenschutz in Schweden (SSI) berichtete auf dem Elektrosmoghearing in Hannover im September 1993, daß die schwedischen Stromversorger aus gesundheitlicher (und finanzieller) Vorsorge freiwillig Mindestabstände zwischen Bebauung und neuen Trassen einhielten. "Für den Neubau von Wohnhäusern wird in Stockholm zur Zeit ein Abstand von ca. 30 bis 50 m zu Hochspannungsleitungen empfohlen, in einigen Randgebieten Stockholms werden Abstände bis zu 75 m und in mehreren Gemeinden im dünnbesiedelten Norden Schwedens bis zu 200 m angewiesen. Neue Kindergärten oder Schulen werden in Stockholm derzeit nicht näher als 80 m von Hochspannungsleitungen errichtet. ... Seit 1990 gibt es auch eine Empfehlung des Zentralamtes für Elektrosicherheit (Elsäker-hetsverket), die beim Neubau von Schulen, Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen in unmittelbarer Nähe von Hochspannungsleitungen in Erwartung weiterer Forschungsergebnisse zu Vorsicht mahnt. Man erteilt dabei auch den Ratschlag, eine solche Entfernung von der Trasse einzuhalten, daß die von Freileitungen erzeugten Magnetfelder nicht mehr als ca. 0,2-0,3 µT betragen" (Anger, G., 50 Hz-Magnetfelder: Handlungsprogramme in Schweden, Staatliches Institut für Strahlenschutz (SSI), 1993).

Die in Deutschland gültigen Grenzwerte liegen bei 400 µT, womit Kindergärten sogar unmittelbar unter Hochspannungstrassen errichtet werden können. Seit dem Jahre 1993 und verstärkt 1994 ist festzustellen, daß sich in Deutschland zunehmend Städte und Kommunen an den schwedischen oder etwas höher liegenden Empfehlungen orientieren und höher belastete Gebiete - teils gegen den Widerstand potentieller Bauherren - nicht mehr als Bauland freigeben. Hamburg z. B. begrenzt die zulässige Magnetfeldstärke auf 5 µT (Niedersäch-sisches Umweltministerium 1993: Elektrosmog, Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern auf den Menschen). Begründet werden diese Schritte mit vorsorgender Gesundheitspolitik. Sollte sich herausstellen, daß die Gefahr geringer ist als heute vermutet, könne das Bauland immer noch freigegeben werden.

Und auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfiehlt in seinem Infoblatt "Strahlenthemen - Elektrische und magnetische Felder der Stromversorgung" vom Oktober 1994 immerhin: "Auf den Neubau von Kindergärten, Schulen und Wohnanlagen direkt unter Hochspannungsleitungen sollte verzichtet werden. Damit vermeidet man von vornherein eine mögliche, wenn auch geringe Dauerbelastung von empfindlichen Personengruppen."

Umfassende Minimierungs- und Vorsorgekonzepte auf städtischer bzw. kommunaler Ebene setzen Emissions- bzw. Immissionskataster der elektrischen und magnetischen Felder voraus, um Stellen besonderer Feldbelastung ausfindig machen und Maßnahmen einleiten zu können. Als erste deutsche Stadt soll in Berlin ein solches Feldkataster erhoben werden (Koffke, K., Frohn, O. , Stenzel, E. , Plotzke, O. (FGEU): Feldexposition im Stadtgebiet Berlin. EMC Journal 6 (1), S. 70-72 (1995)).

Neben den genannten administrativen Maßnahmen sind aber auch eine Reihe technischer Maßnahmen möglich, die zum Teil sogar bei bestehenden Anlagen durchgeführt werden können.

Es ist schwer zu verstehen, warum diese Fülle technischer Möglichkeiten bislang praktisch nicht zur Anwendung kommt. Der Hauptgrund mag darin liegen, daß sich Energieversorgungsunternehmen (EVU) generell scheuen, Feldbelastungen in der Größenordnung von 1 T öffentlich zu diskutieren, um damit nicht den Eindruck zu erwecken, daß bereits solche Belastungen gesundheitlich relevant seien. Es ist jedoch bedenklich, wenn aus solchen Gründen technisch durchführbare und finanziell vertretbare Feldminimierungen unterbleiben, die die nächtliche Feldbelastung bei Anwohnern unmittelbar unter Trassen deutlich senken würden.

Newi (CONSULECTRA Hamburg/VDEW) hat berechnet, daß Kosten in Höhe von 2,5 Mrd. auf die EVU's zukommen, wenn statt der derzeit zur Anwendung kommenden DIN/VDE-Grenzwerte die internationalen IRPA-/ICNIRP-Grenzwerte Gültigkeit erhielten. Ferner stellte Newi die Kosten vor, die bei einer Absenkung der Grenzwerte auf einen Bereich von zwischen 0,3 und 1 T anfallen würden (siehe: Karus, M.: Aktueller Stand der Grenzwertdiskussion in Deutschland, Elektrosmog-Report 1(3), S. 5-7 (1995)).

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Elektrogeräte

Bei der Entwicklung und Konstruktion von Elektrogeräten spielen in der Regel Aspekte der Feldmininierung bislang keine Rolle. Eine Ausnahme stellen lediglich strahlungsarme Computerbildschirme dar, die bereits heute in hohem Maße feld- und strahlungsminimiert sind. Die Situation wird sich vermutlich erst ändern, wenn von Verbraucherseite verstärkt Druck ausgeht, feldarme Elektrogeräte Marketingvorteile versprechen oder haftungsrechtliche Konsequenzen drohen. Eine wichtige Rolle könnte hier die Stiftung Warentest spielen, wenn sie zukünftig die Feldemissionen von Elektrogeräten als zusätzliches Testkriterium aufnehmen würde. Erste Diskussionen in diese Richtung gab es bereits (Vorgespräche zum Colloquium Elektrosmog, Stiftung Warentest, Berlin 3.3.1994). Monika Griefahn forderte am Ende des Elektrosmoghearings in Hannover im September 1993, daß elektrische und elektronische Produkte in Zukunft mit einer Kennzeichnung versehen werden sollten, aus der die Feld- bzw. Strahlenbelastung hervorgeht (FAZ vom 28.09.1993, Technikseite 1).

Die technischen Möglichkeiten zur Reduzierung von Feldern sind heute bei Elektrogeräten - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht ansatzweise ausgeschöpft. Konkrete Maßnahmen wären z. B. die grundsätzliche Verwendung feldarmer Transformatoren, eine optimierte Leiterführung im Gerät zur Kompensation von Magnetfeldern und geerdete Metallgehäuse bzw. geerdete Abschirmungen zur Reduzierung des elektrischen Feldes. Bei letzterem Punkt ist auch die europäische Normung angesprochen, die über entsprechende Vorgaben bzgl. Gerätegehäusen und Anschlußsteckern (mit oder ohne Erdung) starken Einfluß auf Feldabgaben von Elektrogeräten besitzt.

Heute übliche, strahlungsarme Computerbildschirme sind ein gutes Beispiel dafür, wie durch Druck von Arbeitnehmerseite, Öffentlichkeit und innovativen Unternehmen, die neue Märkte erschließen wollten, innerhalb weniger Jahre abseits von nationalen oder internationalen Grenzwertgremien strenge Standards etabliert werden konnten. Die Rede ist von der schwedischen MPR-II-Norm, die sich weltweit als Standard durchgesetzt und Belastungen an Bildschirmarbeitsplätzen drastisch reduziert hat (KATALYSE (Hrsg.), Elektrosmog, Gesundheitsrisiken, Grenzwerte, Verbraucherschutz, S. 189-191). Trotz aufwendiger Elektronik und Elektrik geben MPR-II-Bildschirme z. B. im 50-Hz-Bereich geringere Felder ab als übliche, einfache Elektrogeräte. Die anfänglich höheren Preise für strahlungsarme Monitore gehören heute der Vergangenheit an, nachdem diese zum Produktionsstandard geworden sind.

Ähnliche Tendenzen sind auch bei anderen Elektrogeräten zu erwarten. Sobald feldarme Konstruktionen zum Standard geworden sind und feldarme Komponenten in Massenproduktion hergestellt werden, dürften die Preisunterschiede zu heutigen Geräten marginal sein.

Geräte, die über längere Zeit in unmittelbarer Kopfnähe betrieben werden, sollten mit entsprechenden Warn- bzw. Bedienungshinweisen versehen sein. Dies gilt um so mehr, als daß in vielen Fällen ohne relevante Komforteinbußen eine Handhabung der Geräte möglich ist, die gesundheitlich negative Auswirkungen mit großer Sicherheit ausschließt. Typisches Beispiel ist das Babyphon, das in kurzem Abstand zum Kinderkopf beachtliche Felder in Kopfnähe produziert, während die Felder bei einem Abstand von einem halben bis einem Meter völlig unbedeutend werden.

Hausinstallation

Auch die Ausführung der Hausinstallation hat Einfluß auf die Feldstärken, denen wir im Alltag ausgesetzt sind (KATALYSE (Hrsg.), Elektrosmog, Gesundheitsrisiken, Grenzwerte, Verbraucherschutz,. S. 159-163 und König, H. L. und E. Folkerts, Elektrischer Strom als Umweltfaktor, Pflaum Verlag München 1992, S. 109-177). Es soll hier genügen, darauf hinzuweisen, daß jeder entsprechend geschulte Elektriker mit marktgängigen Komponenten eine feldminimierte Installation ausführen kann.

Besondere Maßnahmen wie abgeschirmte Kabel oder Netzfreischalter sind nur bei besonderer Sensibilität der Betroffenen erforderlich. Im Normalfall reicht es völlig aus, eine sachgerechte Elektroinstallation vorausgesetzt, bei längerem Aufenthalt an einem Ort (z. B. nachts) Mindestabstände von etwa einem Meter zu Elektrogeräten einzuhalten. Abschirmungen gegen äußere elektrische Felder sind ebenfalls nur bei ungewöhnlich hohen Belastungen zu empfehlen und sollten nur von Fachfrau oder - mann durchgeführt werden.

In ein umfassendes Minimierungs- und Vorsorgekonzept gehört in jedem Fall auch die Aus- bzw. Weiterbildung des Elektrohandwerks, das eine wichtige Rolle bei der Minimierung hausinterner Felder spielen könnte.

Gleichzeitig sollten die VDE-Vorschriften zur Ausführung der Erdung in Hausinstallationen in dem Sinne geändert werden, daß vagabundierende Ströme infolge von bisher erlaubten bzw. geforderten Mehrfacherdungen vermieden werden.

Arbeitsplatz

Minimierungs- und Vorsorgekonzepte müssen auch die beruflichen Grenzwerte mit einbeziehen. Die derzeitig gültigen Grenzwerte bieten wenig Anreiz, die Minimierungspotentiale am Arbeitsplatz auszuschöpfen. Da Studien über gesundheitliche Gefahren an Elektroarbeitsplätzen in großer Übereinstimmung eine Erhöhung der Rate verschiedener Tumorarten feststellen, ist eine Optimierung der Produktionsanlagen unter Feldemissionsaspekten in vielen Bereichen geboten. Hierzu ist eine Verschärfung der gültigen Grenzwerte Voraussetzung, da Kosten, z. B. durch kürzere Aufenthaltsdauern in belasteten Zonen, zu erwarten sind.

Michael Karus

Dipl.-Phys., Geschäftsführer

nova - Institut für politische und ökologische Innovation, Köln

[Zitierweise dieses Artikels: Karus, M.: Minimierungs- und Vorsorgekonzepte für den Niederfrequenzbereich. Elektrosmog-Report 1(6), S. 5-7 (1995).]

In einem der nächsten Hefte: Minimierungs- und Vorsorgekonzepte für den Hochfrequenzbereich. Schwerpunkt: Mobiltelefone.

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EMF während der Schwangerschaft und Leukämie bei Kindern

In Kanada war bei einer Untersuchung von 128 Fällen akuter Leukämie bei Kindern im Alter bis zu 15 Jahren eine erhöhte berufliche Belastung der Mütter durch elektromagnetische Felder während der Schwangerschaft aufgefallen. Kinder, deren Mütter für die lokale Industrie in Heimarbeit an Nähmaschinen tätig waren, wiesen im Vergleich zu einer unbelasteten Kontrollgruppe ein um den Faktor 7,0 erhöhtes Risiko auf, an diesem Blutkrebs zu erkranken.

Unter Berücksichtigung weiterer möglicher Einflußfaktoren (Alter, Geschlecht, Wohnort, Hormonbehandlung, Krebs in der Familie, Rauchen, Virusinfekten und Bestrahlung während der Schwangerschaft) wurde das geschätzte relative Risiko geringfügig auf 5,8 (95% Konfidenzintervall: 1,3-26,3) korrigiert und war damit weiterhin signifikant.

Die Autorin Claire Infante-Rivard legte selbst keine Ergebnisse von Messungen der elektromagnetischen Felder am Arbeitsplatz vor. Sie wies jedoch auf jüngst von Sobel und Mitarbeitern (1994) durchgeführte Untersuchungen hin, mit denen nachgewiesen wurde, daß die Belastung von Näherinnen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen zu den höchstbelasteten zählt. Bei einer Maximalexposition von 6 Stunden und einer Hintergrundexposition von 2 Stunden sei danach eine Belastung durch magnetische Felder von ca. 6,5 µT zu erwarten, während die Belastung von Arbeitern an Hochspannungsleitungen im Vergleich dazu bei durchschnittlich 2,4 µT liege.

Danach sei auch unter Berücksichtigung der Körperposition eine erhebliche Belastung des Feten während der Schwangerschaft bei Näherinnen zu erwarten. Anthony M. Ford und Mitarbeiter (1993) hatten durch Untersuchungen an Zwillingen die These einer Leukämieentstehung durch Genveränderungen im Mutterleib bekräftigt. Etwa 75% aller kindlichen akuten Leukämien werden durch Veränderungen eines bestimmten Gens (MLL bzw. ALL-1 an 11q23) provoziert. Durch Untersuchungen an eineiigen Zwillingen mit Leukämie und deren Eltern konnten die Autoren nachweisen, daß diese bei den erkrankten Kindern vorliegenden Genveränderungen nicht vererbt, sondern von einem der Zwillinge im Mutterleib durch unbekannte Einflüsse erworben und durch die gemeinsame Plazenta auf dem Blutweg auf das andere Kind übertragen worden waren.

In der kanadischen Studie wurde leider nicht angegeben, wie viele der Mütter der betroffenen 128 Kinder Näherinnen waren - das große Konfidenzintervall läßt auf eine kleine Zahl schließen. Die Altersgrenze von 15 scheint zudem für eine Krebsinitiierung im Mutterleib recht hoch gegriffen. Bei älteren Kindern treten vermutlich andere Effekte in den Vordergrund. Dennoch stellen die vorgelegten Beobachtungen bei dem recht großen relativen Risiko einen wichtigen Hinweis für zukünftige Untersuchungen dar.

[Zitierweise dieses Artikels: EMF während der Schwangerschaft und Leukämie bei Kindern. Elektrosmog-Report 1 (6), S. 7-8 (1995).]

Literatur:

  1. Infante-Rivard, C.: Electromagnetic field exposure during pregnancy and childhood leukemia. Lancet 346, 177 (1995).
  2. Ford, A. M., Ridge, S. A., et al.: In utero rearrangements in the trithorax-related oncogene in infant leukaemias. Nature 363, 358-360 (1993).
  3. Von Mühlendahl, K. E., Otto, M.: Electromagnetic fields and childhood leukaemia. Europ. J. Pediatr., im Druck (1995).
 
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Versicherungen nehmen das EMF-Problem ernst

Die Versicherungsindustrie beobachtet mit Sorge die zunehmenden Klagen wegen EMF-Personenschäden und diskutierte auf internationalen Kongressen in London und New York die Folgen für die Versicherungen, falls eine der Klagen Erfolg haben sollte. Die resultierenden Forderungen könnten "die finanziellen Möglichkeiten der Versicherungsindustrie" übersteigen, so Dieter Kohl von der Frankona Rückversicherung AG. David Brickell (Risk Control Services for Willis Corroon Corp. of Arizone) vermutet gar, daß "EMF das nächste Asbest sein könnten". In den USA sind allein die Energieversorgungsunternehmen in 400 EMF-Fälle verwickelt. Die Kläger werden verstärkt vom Umweltanwälten vertreten, die aus dem Asbestbereich kommen.

In einem Interview in der Süddeutschen Zeitung differenziert Kohl: "Man muß unterscheiden zwischen Klagen wegen einerseits Personenschäden und andererseits des Wertverlustes von Immobilien. Im Bereich von Personenschäden ist bis heute noch keine einzige Klage erfolgreich gewesen. Allerdings sind einige Fälle noch in der Berufung. Anders sieht es bei Immobilien aus. Dort hat es insbesondere im Staat New York Urteile gegeben, die betroffenen Eigentümern zumindest grundsätzlich eine Entschädigung zugesprochen haben." Ob Klagen wegen Personenschäden weiterhin abgewiesen werden, hängt von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über Gesundheitsgefahren ab. "Es steht zur Zeit fünfzig zu fünfzig. Es gibt mit Sicherheit keinen eindeutigen Beleg. Zwar existieren eine Reihe von Studien, die einen Zusammenhang von elektromagnetischen Feldern mit Leukämie oder Gehirntumoren vermutet. Im Gegenzug sind mindestens genauso viele Studien veröffentlicht, die diesen Zusammenhang widerlegen." In Schweden hat ein Gericht die Krebserkrankung eines Arbeiters in einem Elektrizitätswerk als Berufskrankheit anerkannt. "Dieses Urteil ist noch ein Einzelfall. Aber die große Klagewelle, falls sie jemals kommen sollte, könnte durchaus im Bereich von Arbeitsunfällen beginnen, weil die Mitarbeiter von Elektrizitätswerken den Feldern sehr viel mehr ausgesetzt sind als andere."

Auch andere deutsche Rückversicherer haben das Thema EMF aufgegriffen. So nahm die Kölnische Rückversicherung in ihrer Zeitschrift "Produkt- und Umwelthaftpflicht international" (PHi) nach drei Übersichtsartikeln zum Thema EMF die neue Rubrik EMF-Report auf, um zweimonatlich über den aktuellen Stand der EMF-Diskussion zu informieren.

Quellen: Microwave News 15(3), S. 3 (1995); Süddeutsche Zeitung vom 29. 6. 1995.
 
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Konferenz zur Melatonin-Hypothese

Etwa 25 Wissenschaftler aus Deutschland, Japan, Schweden und den USA haben sich im Mai diesen Jahres in Troudale/USA zu einer Konferenz über die Auswirkungen von Licht und elektromagnetischen Feldern (EMF) auf den Melatoninstoffwechsel getroffen. Die Konferenz diente weniger der Vorstellung neuer Forschungsergebnis als vielmehr einem fruchtbaren Gedankenaustausch.

Das Hormon Melatonin wird von der Zirbeldrüse (Epiphyse) an der Gehirnbasis abgegeben und stellt u. a. einen biologischen Marker des Tag-Nacht-Rhythmus dar. Es wurde wiederholt festgestellt, daß durch niederfrequente EMF der üblicherweise deutliche Anstieg der Melatoninkonzentration während der Nacht stark vermindert ausfällt. In verschiedenen Studien wurde die Fähigkeit von Melatonin als Fänger chemisch stark reaktionsfreudiger Radikaler wie des Peroxylradikals nachgewiesen. Solche freie Radikale können zu Schädigungen der Zellmembran und der Erbsubstanz DNS beitragen. Eine verminderte Schädigung durch krebserzeugende Substanzen bzw. ein Schutz vor krebsigen Veränderungen wurde im Beisein von Melatonin durch sein antioxidatitive Kompetenz nachgewiesen. Die Verminderung der Melatoninkonzentration unter EMF-Einwirkung stellt ein Erklärungsmodell für die Zunahme von Krebs unter EMF-Belastung dar.

Erst kürzlich erschien von Russel J. Reiter und Mitarbeitern eine ausführliche Übersicht über die Rolle von Melatonin als Antioxidant, in der auch die bisherigen Untersuchungen von Melatonin als Radikalfänger vorgestellt wurden. Eine weitere in diesem Jahr publizierte Studie von Jack M. Lee und Mitarbeitern untersuchte die Beeinflussung des Tag-Nacht-Rhythmus von Melatonin durch Hochspannungsleitungen bei Schafen. Zwischen einer belasteten und einer unbelasteten Gruppe fanden sich allerdings keine signifikanten Unterschiede. Es gibt bisher keine schlüssigen Erklärungen für die Diskrepanz zu anderslautenden Ergebnissen früherer Laboruntersuchungen, die vor allem an Ratten (vgl. Mevissen, M.: Tierexperimentelle Untersuchungen zeigen krebspromovierende Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder. Elektrosmogreport 1(1), S. 5-6 (1995)) durchgeführt worden waren.

Literatur:

  1. Lee. J. M., Stromshak, F., et al.: Melatonin and puberty in female lambs exposed to EMF: a replicate study. Bioelectromagnetics 16, 119-123 (1995).
  2. Reiter, R. J., Melchiorri, D., et al.: A review of the evidence supporting melatonin's role as an antioxidant. J. Pineal. Res. 18, 1-11 (1995).
  3. Microwave News 15(3), S. 17 (1995).

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