Elektrosmog Report
Nr. 5 / 2. Jahrgang Mai 1996 
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Politik und Technik
Minimierungs- und Vorsorgekonzepte für den Hochfrequenzbereich

Von wissenschaftlicher Seite gibt es gute Gründe, für die HF-Exposition um den Faktor 10 tiefere Grenzwerte anzusetzen als heute gültig. Dies müßte keineswegs zum "Aus" für moderne Kommunikationstechnologien wie D- und E-Netz-Mobiltelefone führen. Vielmehr könnte durch eine Reihe von technischen und administrativen Maßnahmen trotz stark wachsender HF-Technik eine Verringerung der Belastung und damit des Gefahrenpotentials für die menschliche Gesundheit erreicht werden.

Minimierungs- und Vorsorgekonzepte sind im Hochfrequenzbereich ebenso wichtig wie im Niederfrequenzbereich (Elektrosmog-Report 1(6), S. 5-7 (1995)). Besonderheiten im HF-Bereich sind:

Zunehmende HF-Belastung

In Zeiten einer dynamisch fortschreitenden Zunahme von Hochfrequenzsendern in Form neuer Fernseh- und Radiosender, Mobiltelefonnetze und neuen Funkdiensten aller erdenklichen Art, ist es eine besondere Herausforderung, Konzepte zur Begrenzung und Minimierung der HF-Belastung entwickeln.

Weitere quantitative und qualitative Zunahmen sind abzusehen. So forderte die Europäische Kommission Anfang 1996 die EU-Mitgliedsstaaten auf, "sämtliche Hindernisse für die Nutzung von Einrichtungen für mobile Netze" abzuschaffen (EU-Nachrichten, Nr. 2, 19.1.1996). Wenn 1998 das Telekom-Monopol fällt, werden private Betreiber zumindest regional flächendeckende Netze aufbauen. Da eine flächendeckende Verkabelung durch die entstehenden Erdarbeiten sehr kostenaufwendig ist, überlegt z. B. das RWE, Mini-Ortsnetze nach dem DECT-Standard mit einer Reichweite von jeweils 300 m flächendeckend aufzubauen (Öko-Test 3/96, S. 24-30).

HF-Leistungsflußdichten (in mW/cm2)

natürliche Leistungsflußdichten 0,000.07 - 0,000.3

Deutschland, Land (1992) 0,000.8

Deutschland, Stadt (1992) 0,002

Deutschland, Stadt

(an stark belasteten Stellen) 0,01 - 0,1

Grenzwerte für die Allgemeinheit 0,2 - 1

(30 MHz bis 300 GHz)

Weit über dem Durchschnitt liegende Leistungsflußdichten bis in Grenzwertnähe treten in der unmittelbaren Nähe von Sendeanlagen und vor allem beim ungünstigen Betrieb bestimmter Mobiltelefone auf. Von grundlegender Bedeutung ist, wie auch im NF-Bereich, die Einhaltung (und gesetzliche Verankerung) ausreichender Abstände zu Sendeanlagen oder auch zu Antennen von Mobiltelefonen. Die Sicherheitsabstände sollten zunächst auch unter ungünstigsten (Nutzungs-)Bedingungen jegliche thermischen Schädigungen ausschließen - was derzeit bei manchen Mobiltelefonen und Radio- und Fernsehsendern nicht gegeben ist - und darüber hinaus aus Gründen der Gesundheitsvorsorge auch mögliche nichtthermische Effekte berücksichtigen.

Beeinträchtigung von Wohlbefinden und Gesundheit 


Es ist nicht Sinn dieses Textes, die Fülle von Zellexperimenten und Tierversuchen darzustellen und zu bewerten. Dies ist in jüngster Zeit von verschiedenen Forschungsgruppen geschehen, so z. B. von einer dänischen und einer australischen. Beide Studien bezeichnen die Kenntnislage als unbefriedigend und sehen noch großen Forschungsbedarf, insbesondere im Bereich gepulster HF-Strahlung (Elektrosmog-Report 1(9), S. 7-8 (1995)).

Über die gesundheitliche Bewertung der wiederholt im Labor gefundenen nichtthermischen Effekte herrscht immer noch große Unklarheit (Elektrosmog-Report 1(4), S. 5-8). Die Erkenntnislage ist noch wesentlich schlechter als in der NF-Grauzone zwischen 0,2 T und 100 T, für die immerhin erste weitgehend schlüssige Modelle existieren. In Bezug auf die gesundheitliche Relevanz nichtthermischer Effekte herrscht noch erheblicher Forschungsbedarf. Auffällig ist auch das fast völlige Fehlen epidemiologischer Studien, die z. B. gesundheitliche Auswirkungen in der Nähe von Sendeanlagen oder auch bei exzessiven Mobiltelefonbenutzern untersuchen. Es ist unverständlich bzw. nur mit dem Einfluß von Lobbygruppen zu erklären, warum solch naheliegende Forschungen bislang nahezu gänzlich unterblieben sind und entsprechende Forschungsanträge weiterhin abgelehnt werden (Elektrosmog-Report 1(5), S. 8 und Elektrosmog-Report 1(4), S. 5-8 (1995)).

Insgesamt muß festgestellt werden, daß der rasante Ausbau der neuen Funkdienste zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem in wesentlichen gesundheitlichen Fragen noch kein wissenschaftlicher Konsens in Sicht ist.

Im Folgenden seien exemplarisch vier aktuelle Arbeiten genannt, die Hinweise darauf geben, daß auch unterhalb der Grenzwerte für den Menschen relevante Effekte existieren.

Polnisches Militärpersonal, das in erhöhtem Maße HF-Strahlung ausgesetzt war, weist nach einer umfassenden Studie eine erhöhte Krebsrate gegenüber Nichtexponierten auf. Insbesondere war das relative Risiko, an Krebsarten des blutbildenden Systems (Lymphome und Leukämien) zu erkranken, unter HF-Exposition bis um das Achtfache erhöht. Die HF-Belastungen der Soldaten lagen dabei im Bereich der für die Allgemeinheit international empfohlenen Grenzwerte (Elektrosmog-Report 1(5), S. 7-8 (1995)).

Nach einer australischen Pilotstudie wiesen Kinder, die in der Nähe von Fernsehsendern lebten, signifikant erhöhte Leukämieraten auf. Im Vergleich zu einer 12 km entfernt lebenden Kontrollgruppe war das Risiko verdoppelt (Elektrosmog-Report 2(4), S. 7 (1995)).

Eine aufwendige Untersuchung der Universität Bern konnte nachweisen, daß der schweizer Kurzwellensender Schwarzenburg die Schlafqualität der am stärksten exponierten Personengruppe beeinträchtigt, wahrscheinlich in direkter Weise. Dies wird als eine erhebliche Störung des Wohlbefindens gewertet und kann diverse psychovegetative Folgestörungen nach sich ziehen. Die derzeit international empfohlenen Immissionsgrenzwerte wurden an keinem der zahlreichen Meßpunkte und zu keinem Zeitpunkt überschritten (Elektrosmog-Report 2(4), S. 5-6 (1996)).

Schließlich zeigte eine Studie aus Deutschland vom Institut für Umweltkrankheiten, daß es elektrosensible Personen gibt, die auf elektromagnetische Reize im D-Netz-Bereich weit unter den Grenzwerten für die Allgemeinheit reagieren (Elektrosmog-Report 2(2), S. 7-8 (1996)).

Immer mehr verdichten sich die Erkenntnisse, daß gepulste und kontinuierliche Strahlung in ihren biologischen Wirkungen prinzipiell zu unterscheiden sind, der Pulsung selbst ganz besondere Bedeutung zukomme. So schreibt Prof. Norbert Leitgeb (Universität Graz) in einer aktuellen Studie zu GSM-Mobilfunkstationen (1995): "Wegen der Bedeutung des zeitlichen Verlaufes der elektromagnetischen Strahlung und der möglichen Rolle deren niederfrequenter Anteile lassen sich im Bereich der nicht-thermischen Effekte die Grenzen zwischen Hochfrequenz- und Niederfrequenzbereich nicht mehr streng aufrechterhalten." Viele der im Niederfrequenzbereich auftretenden Effekte sind daher auch Hochfrequenzbereich - bei entsprechender Pulsung - zu erwarten.

Minimierungs- und Vorsorgeziele

Wie soll man derzeit Vorsorgerichtwerte ableiten, die trotz der unsicheren Datenlage geeignet sind, möglicherweise gesundheitlich relevante, nichtthermische Wirkungen auszuschließen?

Verschiedene kritische Institute haben in den letzten Jahren den wissenschaftlichen Forschungsstand ausgewertet und beurteilt und sind dabei relativ übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, daß Vorsorgerichtwerte anzusetzen seien, die die jetzigen, rein thermisch begründeten Grenzwerte um ca. den Faktor 10 unterschreiten (KATALYSE 1993, ECOLOG 1994, nova 1995). In der Praxis hätte dies zur Folge, daß sich die Abstände zu HF- Sendern i. d. R. um etwa das Dreifache ( = Wurzel aus 10) erhöhen müßten. Eine entsprechende Sichtweise findet sich auch in aktuellen Gerichtsurteilen wieder (z. B. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 30.12.1994, vgl. Elektrosmog-Report 1(2), S. 7 (1995)).

Im Folgenden soll daher von einem Vorsorgerichtwert ausgegangen werden, der um den Faktor 10 unter den gültigen Grenzwerten liegt. Ob hierdurch wirklich alle relevanten athermischen Effekte ausgeschlossen werden, muß die zukünftige Forschung zeigen (in Osteuropa sollen zeitweise noch erheblich schärfere Grenzwerte gültig gewesen sein, die aus der HF- Medizin abgeleitet wurden). Ein solcher (vorläufiger) Vorsorgerichtwert kann aber bereits wichtige Anhaltspunkte für z. B. strahlungsminimierte Mobiltelefonsysteme liefern. Vorsorgerichtwerte und Minimierungsgebote sollten gesetzlich verankert werden.

Neben der Begrenzung der HF-Leistungsflußdichte sind vermutlich weitere Maßnahmen erforderlich. Der HF-Bereich ist von einer eklatanten Unkenntnis über die unterschiedliche biologische Wirksamkeit verschiedener Träger- und Modulationsfrequenzen geprägt. Hier sind dringend Forschungsarbeiten erforderlich, die biologisch besonders kritische Träger- und Modulationsfrequenzen aufspüren. Solche Frequenzen sollten dann konsequent gemieden werden, auch wenn damit bereits etablierte Techniken auf andere Frequenzbereiche ausweichen müßten.

Anmerkung: Grundlegende Überlegungen zur "Basis des Vorsorgeansatzes" finden sich im Artikel "Minimierungs- und Vorsorgekonzepte für den Niederfrequenzbereich" (Elektrosmog-Report 1(6), S. 5-7 (1995)) und sollen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.

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Mobiltelefone

Die derzeitige Situation läßt sich wie folgt beschreiben:

Prof. Kuster entwickelte an der ETH Zürich ein Meßsystem, bei dem mit Hilfe eines "künstlichen Kopfes" die SAR-Werte (Spezifische Absorptionsrate) von Handies gemessen werden können, so wie sie im Kopf des Menschen auftreten würden. Es zeigte sich dabei, daß die bisherigen Rechenmodelle die auftretenden SAR-Werte systematisch und deutlich unterschätzt haben. Zu deutlichen Grenzwertüberschreitungen kommt es laut Kuster bei in der Schweiz üblichen analogen Mobiltelefonen und womöglich zukünftigen Satellitenfunksystemen. Moderne, in Deutschland vertriebene D-Netz-Handies unterschreiten auch nach den neuen Meßmethoden die Grenzwerte, wobei allerdings manche Geräte bei ungünstigen Bedingungen recht nah an die Grenzwerte herankommen. Im Falle älterer Geräte können diese sogar geringfügig überschritten werden: "Zwei der getesteten, allerdings älteren Geräte überschritten unter diesen in der Praxis unüblichen Betriebsbedingungen leicht die gegenwärtigen amerikanischen ANSI/IEEE-Sicherheitsgrenzwerte" (Funk-Newsletter Nr. 1/95).

Die Untersuchungen von Prof. Kuster belegen ferner, daß die maximale, lokal absorbierte Leistung stark von der Konstruktion des Mobilfunkgerätes abhängt. Das bedeutet, daß mit einer entsprechenden Gerätekonstruktion von den Herstellern ein erheblicher Beitrag zur Eindämmung der HF-Belastung geleistet werden kann (Funk-Newsletter Nr. 1/95). Die konstruktiven Änderungen beziehen sich in erster Linie auf die Antennenform (s. u.). Einzelne Geräte verursachen allerdings auch im Bereich der Tastatur relativ hohe HF-Emissionen, die allein schon aufgrund der damit verbundenen, unnötigen Leistungsverluste vermieden werden sollten.

Aus Sicht der gesundheitlichen Vorsorge ist die minimale Forderung an Mobiltelefone, daß thermische Schäden auch unter ungünstigen Bedingungen sicher ausgeschlossen werden können (z. B. durch Einhaltung der bestehenden Grenzwerte) und zusätzlich bei der üblichen Handhabung und auch längeren Telefongesprächen athermische Effekte mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden werden. Letzteres kann, wie oben ausgeführt, vermutlich durch einen Vorsorgezuschlag um den Faktor 10 auf die bestehenden Grenzwerte erreicht werden, aus dem in der Praxis ein um den Faktor 3 größerer Sicherheitsabstand resultiert.

Unserer Meinung nach ist es durchaus möglich, strahlungsminimierte Mobiltelefonsysteme zu konzipieren und zu realisieren, die diese - aus heutiger Sicht - strenge Forderung erfüllen. Wichtigste technische Maßnahme ist

Hierzu gibt es eine Reihe technischer Realisierungsmöglichkeiten, wie z. B. ausziehbare Stäbe, an deren Spitze die Antenne angeordnet ist, oder abgeknickte Antennen. Erst wenige Hersteller nutzen diese Möglichkeiten und dann auch nur bei speziellen Modellen.

Um der technischen Umsetzung Nachdruck zu verleihen, sollte anstelle einer generellen Genehmigung für Mobiltelefone mit bestimmten Sendeleistungen eine Typzulassung eingeführt werden (Neitzke, H.-P u.a.: Risiko Elektrosmog?, Basel 1994, S. 402). Der Hersteller muß dann den Nachweis erbringen, daß die Geräte die Grenzwerte einhalten. Dieser Nachweis sollte nicht nur rechnerisch erfolgen, sondern durch Messungen abgesichert werden. Die Grenzwerte sollten dabei unter allen Betriebsbedingungen erfüllt werden. Aus Vorsorgegesichtspunkten ist unbedingt die Einhaltung der um den Sicherheitsfaktor 10 verschärften Grenzwerte anzustreben, was auch im Rahmen heute verfügbarer Technik realisierbar ist.

Konkrete Maßnahmen zur Minimierung der Belastung

Ungünstig ist der derzeitige Trend zu kürzeren Antennen sowie die Verwendung von Helixantennen. Positiv seien hingegen direktionale Antennen, die nur in eine Richtung - vom Kopf weg - abstrahlen. (nach Kuster)

Das Institut für Mobil- und Satellitenfunktechnik (IMST) in Kamp-Lintfort (NRW) hat eine neue Antennenform entwickelt, die zu stark reduzierter Absorption im Kopfbereich führt. Leider ist diese neue Antenne noch nicht im Handel.

Eine erhebliche Verringerung der EMV-Problematik will das europäische EMV-Gesetz erreichen, das ab 1.1.1996 europaweit zur Anwendung kommt (Elektrosmog-Report 1(9), S. 8 (1995)).
Basisstationen und ähnliche Sendeanlagen

Die zentrale Forderung lautet, daß Anwohner von Basisstationen und ähnlichen Sendeanlagen auch bei ungünstigen Bedingungen nur HF-Belastungen unterhalb der, um den Vorsorgefaktor 10 verschärften, Grenzwerte ausgesetzt sein dürfen. Die Einhaltung dieser Vorsorgerichtwerte ist hier besonders wichtig, da Anwohner 24 Stunden der HF-Strahlung ausgesetzt sein können.

Grundsätzlich muß auch darüber nachgedacht werden, ob der Aufbau immer neuer Parallelnetze mit einer Unzahl neuer Sendestationen gerade in Ballungszentren überhaupt erlaubt werden sollte, wie dies derzeit z. B. bei Funktelefonnetzen und sog. neuen Funkdiensten zu beobachten ist. Es sind sicher Modelle denkbar, bei denen verschiedene Netzanbieter Sendestationen gemeinsam benutzen oder sich sogar Trägerfrequenzen teilen. Hierdurch könnte die kaum überschaubare Zahl neuer Sendestationen stark begrenzt werden. Gleichzeitig sollten die wenigen Sender dann auf spezielle Sendemasten mit hinreichendem Abstand zu bewohnten Räumen montiert werden.

Entsprechende Forderungen werden zunehmend erhoben. So schreibt der Ausschuß für Umwelthygiene der Arbeitsgemeinschaft leitender Ministerialbeamter der Länder in seinem Bericht vom Dezember 1994: "Dem vorbeugenden Gesundheitsschutz gegenüber schwacher gepulster HF-Strahlung kann dadurch Rechnung getragen werden, daß die Installation von Antennen auf Dächern von Wohn- und Gesellschaftsbauten so weit wie möglich vermieden wird."

Sollen die um den Vorsorgefaktor 10 verschärften Grenzwerte bei Basisstationen eingehalten werden, sind Vorsorgeabstände von etwa 7,50 m bis 15 m statt bislang 2,5 m bis 5 m erforderlich. Die übliche Praxis, Sendeantennen unmittelbar auf Wohnhäuser, Schulen oder Krankenhäuser zu plazieren, wäre damit obsolet. Der Betrieb von Basisstationen in Wohngebieten wäre dann nur noch mit speziellen Sendemasten möglich, was zunächst nach erheblichen Mehrkosten für die Netzbetreiber aussieht. Durch eine Standardisierung der Masten, gemeinsame Nutzung der Masten durch verschiedene Netzbetreiber und vereinfachte Genehmigungsverfahren infolge planungsintegrierter Sicherheitszuschläge wäre es aber durchaus denkbar, die deutlich reduzierte HF-Belastung weitgehend kostenneutral zu realisieren.

Hauseigentümer, die über die Installation von Sendeantennen auf Hausdächern zu entscheiden haben, sollten Wert darauf legen, daß die Antennen auf einem möglichst hohen Mast oberhalb des Daches angebracht werden und nicht etwa im Giebelbereich oder an Außenwänden optisch möglicht unauffällig installiert werden. Dieses "Verstecken" der Antennensysteme ist die mittlerweile häufig anzutreffende Reaktion der Netzbetreiber auf Elektrosmogängste in der Bevölkerung und führt zu einer völlig unnötigen Belastung der Dachgeschoßbewohner.

Noch wichtiger als im Niederfrequenzbereich ist die Erstellung von HF-Katastern, die Aufschluß über den Status und die Zunahme der HF-Belastung gerade im großstädtischen Bereich geben können. Hieraus ließen sich u. U. auch Gebiete ableiten, in denen neue Sendeanlagen nicht mehr oder nur unter besonderen Auflagen genehmigt werden dürfen.

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Sonstige HF-Sender

Die bisherigen Ausführungen, die sich fast ausschließlich auf Mobiltelefone und dazugehörige Basisstationen bezogen, sind sinngemäß auch auf alle anderen HF-Sender zu übertragen. So etwa auf:

Amateurfunk. Bei der Genehmigung der Sendeanlagen sollte geprüft werden, ob entsprechende Mindestabstände zwischen Sender und bewohnten Räumen eingehalten werden.

Fernseh- und Radiosender. Vor allem alte Radio- und Fernsehsender können in der bewohnten Umgebung durchaus zu HF-Belastungen führen, die die Grenzwerte nur knapp einhalten (oder überschreiten). Hier muß eine Stillegung in Betracht gezogen werden. In bereits stark vorbelasteten Gebieten (HF-Kataster) können u. U. Fernseh- und Radiosender nicht mehr genehmigt werden. Die Verteilung der Programme muß dann konsequent über Kabel (oder Satellit) erfolgen.

Die ganze Problematik der Fernseh- und Radiosender in dicht bewohnten Gebieten kam im Rahmen der Diskussion um den Entwurf der neuen Elektrosmog-Verordnung des Bundesumweltministeriums ans Tageslicht (Elektrosmog-Report 1(7), S. 5-7 (1995)). Die Verordnung sieht die Übernahme der internationalen IRPA-Grenzwertempfehlungen vor, die unterhalb von 10 MHz deutlich schärfer liegen als die bisherigen DIN/VDE-Grenzwerte. Besonders betroffen sind Sendeanstalten wie ARD, ZDF oder Deutsche Welle. Um die IRPA-Werte einzuhalten, müßten 90% der Mittel- und Langwellensender und zum Teil auch Kurzwellensender ihre Leistung drastisch reduzieren, womit eine flächendeckende Versorgung nicht mehr zu gewährleisten wäre. Aus den IRPA-Grenzwerten ergeben sich Sicherheitsabstände von 400 bis 500 m gegenüber bislang nur 150 m, die in Ballungsräumen meistens ausgeschöpft wurden.

Eine aktuelle Studie zeigt Befindlichkeits- und Schlafstörungen im Umkreis eines Kurzwellensenders, s. o.

Radar. Hier genügen unter Umständen nicht nur Sicherheitsabstände von Radarstationen. "Besondere Probleme können auftreten, wenn der Radarstrahl durch eine große reflektierende Fläche in der Nähe zurückgeworfen wird und so möglicherweise mit hoher Intensität Wohngebiete oder Arbeitsstätten überstreicht" (Neitzke, H.-P u.a.: Risiko Elektrosmog?, Basel 1994, S. 420). Hohen Belastungen, teils über den Grenzwerten, kann das Wartungs- und Betriebspersonal ausgesetzt sein.

Kritisiert wird an dem Entwurf der neuen Elektrosmog-Verordnung, daß er nur ortsfeste Sender erfasse und damit Schiffsradaranlagen in vielbefahrenen Gewässern unberücksichtigt blieben (Elektrosmog-Report 1(7), S. 5-7 (1995)).

Sender von Personenüberwachungsanlagen und ähnlichen Systemen. Insbesondere für das Personal ist die Einhaltung der Grenzwerte (möglichst um den Faktor 10 verschärft) sicher zu stellen. Weitere Aspekte s. u.

HF-Babyphone und andere häusliche HF-Sender. Hier sind unbedingt Sicherheitsabstände, die auch mögliche nichtthermische Effekte berücksichtigen, anzugeben. Die Hinweise sollten auf dem Gehäuse des Gerätes zu finden sein. Kritisch ist die Einführung von schnurlosen digitalen Haustelefonen nach dem DECT-Standard zu sehen (Elektrosmog-Report 2(4), S. 7 (1996)).

Bei HF-emittierenden Elektronikgeräten sollten die strengen schwedischen Grenzwerte für Computerbildschirme (MPR-II bzw. TCO) allgemein zur Geltung kommen, so z. B. insbesondere auch für Fernsehgeräte oder Energiesparlampen. Können die Werte nicht eingehalten werden, sind Hinweise auf besondere Sicherheitsabstände am Gerät anzubringen. Bei strahlungsarmen Geräten ist es notwendig, auszuweisen, in welchem Abstand die Grenzwerte eingehalten werden müssen. Wer die vorgesehenen Abstände unterschreitet, wird auch bei strahlungsarmen Geräten höher belastet.

Bei beruflich bedingter HF-Exposition können selbst die vergleichsweise hohen beruflichen Grenzwerte überschritten werden. Neben ausreichenden Sicherheitsabständen und Begrenzung der Aufenthaltsdauer können zusätzliche Maßnahmen wie z. B. HF-Schutzbrillen sinnvoll sein.

Schließlich ist dem Feld der technischen elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) größere Bedeutung als in der Vergangenheit beizumessen, insbesondere wenn es sich um empfindliche Industrieanlagen oder elektronisch gesteuerte Implantate handelt (s. o.).

So sind immer wieder lebensbedrohliche Situationen im Zusammenhang mit Herzschrittmachern und HF-Personenüberwachungsanlagen, wie z. B. Diebstahlüberwachungsanlagen, bekannt geworden. Hier sollte unbedingt eine Absprache bzw. koordinierte Entwicklung zwischen den Herstellern von Herzschrittmachern und z.B. Diebstahlüberwachungsanlagen erfolgen.

Eine Studie, die Prof. Irnich (Universität Gießen) im Auftrag der Forschungsgemeinschaft Funk e. V. (FGF) durchgeführt hat, ergab, daß 27% aller gängigen Herzschrittmacher auf kurze Distanz von D-Netz-Telefonen gestört werden. Eine Beeinflussung durch E-Netz-Geräte und schnurlose Telefone konnte nicht nachgewiesen werden. Die FGF empfiehlt: Zwischen Herzschrittmacher und einem 2-Watt-Handy sollte ein Sicherheitsabstand von 25 cm und bei 8-Watt-Geräten ein Abstand von 50 cm eingehalten werden. Es wird davon abgeraten, das Handy im Standby-Betrieb in der Brusttasche zu tragen.

Das europäische Komitee für Normen in der Elektrotechnik (CENELEC) hat 1991 eine europäische Norm (EN 50061) für die Sicherheit implantierter Herzschrittmacher erarbeitet, die erst 1998 für die Hersteller verbindlich wird. Man kann sich sicher der Forderung der FGF anschließen, diese Norm frequenzmäßig zu erweitern (auf Frequenzen über 30 MHz) und noch vor 1998 in Deutschland rechtskräftig werden zu lassen, um die Störfestigkeit aller neuen Herzschrittmacher sicherzustellen.

Michael Karus,

Redaktion Elektrosmog-Report

[Zitierweise dieses Artikels: Karus, M.: Minimierungs- und Vorsorgekonzepte für den Hochfrequenzbereich. Elektrosmog-Report 2 (5), S. 5-9 (1996)]
 
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EMF-Krebsreport der EPA wird
zurückgehalten

Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA hat die Veröffentlichung ihres seit langem erwarteten Berichts über die Abschätzung des Krebsrisikos durch elektromagnetische Felder verschoben. Nach Dr. Robert McGaughy von der EPA, der acht Jahre an dem Bericht arbeitete, werde der Bericht "in absehbarer Zukunft" nicht erscheinen. Begründet wurde dies mit "Budget-Unsicherheiten".

Wie die amerikanische Zeitschrift Microwave News berichtet, stimme der EPA-Bericht in seiner Einschätzung des Krebsrisikos mit dem Mitte letzten Jahres vorzeitig bekannt gewordenen NCRP-Bericht weitgehend überein (vgl. Elektrosmog-Report 1(8), S. 5-7 (1995)). In dem Bericht eines Komitees des US-amerikanischen Nationalen Rates für Strahlenschutz und Strahlenmessung (NCRP) war wegen des begründeten Verdachts auf einen Zusammenhang zwischen EMF und verschiedenen Gesundheitsbeeinträchtigungen bzw. Erkrankungen eine deutliche Reduzierung der öffentlichen Belastung durch niederfrequente EMF gefordert worden.

Eine frühere Version des EPA-Reports, die Microwave News 1994 bekannt wurde, kam zu dem Ergebnis, daß die Verbindung zwischen EMF und Krebs "eine wirkliche Assoziation ist, die nicht durch eine unsaubere epidemiologische Methodik erklärt werden" könne. Zwischenzeitlich wurde der Report durch verschiedene Wissenschaftler überprüft, die nach McGaughy in wesentlichen Punkten den Ergebnissen des Berichts zustimmten.

McGaughy gab zu verstehen, daß der Bericht unter politischen Druck geraten sei. Nach einer Weisung des US-amerikanischen Senats solle sich die EPA "nicht mit EMF-Aktivitäten befassen." Auch die Industrie meldete sich frühzeitig zu Wort: "Einzelne Behörden sollten nicht plötzlich auftauchen und ihre eigenen Risikoabschätzungen abgeben" meinte Douglas Bannermann von der NEMA (National Electrical Manufactures Association) bereits Anfang 1995.

Quelle: Microwave News, 16(1), S. 1, 7 (1996).
 
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EMF-Projekt der WHO

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bisher drei Monographien zu möglichen Risiken durch elektromagnetische Felder veröffentlicht (1984, 1987 und 1993). Es bestehe allerdings "jetzt ein dringlicher Bedarf" diese Dokumente auf den neuesten Stand zu bringen, wie es in einem Papier für ein internationales EMF-Projekt der WHO heißt, welches im Januar 1996 startete.

Das Projekt dient der Abschätzung von Auswirkungen statischer (0 Hz), niederfrequenter (0-300 Hz) und hochfrequenter (300 Hz-300 GHz) Felder auf Gesundheit und Umwelt. Es ist auf 5 Jahre angelegt mit einem Gesamtbudget von ca. 3,3 Mio. US-Dollar. Viele nationale und internationale Organisationen haben bereits ihre Bereitschaft zur Kooperation gezeigt. darunter die International Agency for Research on Cancer (IARC, Internationale Agentur für Krebsforschung), und die International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP, Internationale Strahlenschutzkommission für nicht-ionisierende Strahlung).

Menschen die wenig oder nichts über die Gesundheitsrisiken durch EMF wüßten, "sehen sie als eine unbekannte Gefahr an und schätzen das Risikoniveau höher ein als bei Gefahren, mit denen sie vertraut sind."

Epidemiologische Studien "geben Hinweise, daß Kinder und Erwachsene, die magnetischen Feldern ausgesetzt sind, ein erhöhtes Risiko für Leukämie, Hirntumoren und anderen Krebsarten aufweisen."

Im Projektpapier wird darauf hingewiesen, daß im HF-Bereich "eines der größten Probleme das Fehlen standardisierter Methoden für die Abschätzung der lokalen SAR," speziell beim Mobiltelefonieren die spezifische Absorptionsrate im Kopf darstelle. Zudem, halte die Sorge an, daß "die Exposition gegenüber gepulster und amplitudenmodulierter HF-Strahlung gesundheitsbeeinträchtigende Auswirkungen" haben könne.

Ein erster Bericht soll bereits innerhalb von zwei Jahren vorgelegt werden. Er soll eine "aktuelle Risikoabschätzung für die Gesundheit" liefern und "Wissenslücken identifizieren," um so Forschung in diesen Bereichen anzuregen.

Quelle: The International EMF Project (update März 1996). Informationen über: Dr. M. Repacholi, Office of Global and Integrated Environmental Health, World Health Organization, CH-1211 Geneva 27, Fax: +41 22 791 4123


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