Elektrosmog
Report
Nr. 3 / 3. Jahrgang März 1997
zum Register
Politik
SPD-Bundestagsfraktion fordert "Generelles Minimierungsgebot
bei elektromagnetischen Feldern"
Die SPD-Bundestagsfraktion fordert in einem Entschließungsantrag
vom 14.1.1997 ein "generelles Minimierungsgebot nach dem Stand der Wissenschaft
und Technik analog der Strahlenschutz-Verordnung", um die Regelungen
der Elektrosmog-Verordnung - die seit 1.1.1997 in Kraft sind
- dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Stand anzupassen.
Solange die gesundheitlichen Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern
noch nicht endgültig geklärt sind, "muß mit Vorsorgewerten
gearbeitet werden. Dauerexpositionen der Bevölkerung müssen
daher überall dort vermieden oder vermindert werden, wo dies mit vertretbarem
Aufwand machbar ist. Dies könnte durch planerische und technische
Maßnahmen bei Neuanlagen oder wesentliche Änderungen erfolgen."
Es dränge sich der Verdacht auf, daß die jetzigen Regelungen
"nur an der technisch bestehenden Realität ausgerichtet sind".
"Die SPD fordert, einen neutralen wissenschaftlichen Beirat einzusetzen,
der Forschungsschwerpunkte festlegt und entsprechende Projekte vergibt.
Die Wissenslücken auf diesem Gebiet müssen geschlossen werden,
um die Schutz- und Vorsorgeregelungen auf eine verläßliche Basis
zu stellen."
EMF und Gesundheit
Fallbeispiele ungewöhnlich hoch belasteter
Wohnungen und Arbeitsplätze
Die Beratungs- und Meßstelle Elektrosmog beim Wissenschaftsladen
Bonn e.V. hat vor zwei Jahren ihre Tätigkeit aufgenommen. Seitdem
wurden im Auftrag von Bürgern 150 Messungen vor Ort durchgeführt.
In den allermeisten Fällen litten die Auftraggeber der Messungen seit
Jahren an diffusen Krankheitssymptomen unbekannter Ursache und wollten
klären lassen, ob erhöhte elektromagnetische Belastungen im Wohnbereich
vorliegen.
In manchen Fällen waren die Auftraggeber schwer erkrankt oder
exponierte Personen bereits verstorben. In jedem dieser Fälle wurden
in Bereichen, in denen sie sich über längere Zeiträume aufgehalten
hatten (Schlafzimmer, Büro, Küche), überdurchschnittlich
hohe magnetische Induktionen über 0,3 µT (Mikrotesla) gemessen.
Bei den betroffenen Erwachsenen lagen zudem stets eine Jahrzehnte andauernde
Exposition vor. Auffällig ist, daß fast ausschließlich
die mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung gebrachten Erkrankungen
auftraten.
Dagegen zeigten die Anwohner von Trafos und Hochspannungsleitungen,
die nur geringen Feldexpositionen ausgesetzt waren, in der Regel keine
gesundheitlichen Auffälligkeiten.
Die Quellen erhöhter Feldbelastungen waren neben Hochspannungsleitungen
vor allem Transformatoren, aber auch Dachständerleitungen und Erdungsströme.
In höheren Stockwerken von Altbauten (etwa ab 2. Stock) fanden sich
gelegentlich stärkere elektrische Felder (bis über 200 V/m (Volt/Meter)).
Nachfolgend werden einige der Fälle beschrieben, bei denen schwere
Krankheiten aufgetreten sind oder ein Zusammenhang mit den Feldbelastungen
vermutet werden konnte. Die gemessenen Mittelwerte der magnetischen Induktionen
lagen bei mindestens 0,3 µT (Mikrotesla); falls erhöhte elektrische
Felder festgestellt wurden, waren deren Feldstärken größer
als 150 V/m.
Fallbeispiele mit erhöhten Magnetfeldern
-
Ein Ehepaar schlief 32 Jahre direkt über einem Mittelspannungstransformator
(250 kVA), der im Keller des Wohnhauses eingebaut ist. Vor einigen Jahren
erkrankte die Frau an einem operablen Gehirntumor. Sie büßte
auf einem Auge ihre Sehkraft weitgehend ein. Der Ehemann leidet an extremem
Bluthochdruck und ist auf ständige Medikation angewiesen. Im Bett
des Paares wurde eine mittlere Induktion von 1 µT gemessen, der Spitzenwert
lag bei 5 µT. Der zuständige Stromversorger war bereit, feldvermindernde
Maßnahmen am Trafo kostenlos durchzuführen.
-
Ein Hausmeisterehepaar wohnt seit etwa 20 Jahren in einer Dienstwohnung
neben zwei 630-kVA-Trafos. Der Traforaum grenzte unmittelbar an die Küche.
Das Ehepaar hielt sich tagsüber fast ausschließlich in der Küche
auf. Die Frau war vor 5 Jahren an Brustkrebs erkrankt (erfolgreich operiert)
und auf Anraten ihres Arztes aus der Wohnung ausgezogen. Der Mann leidet
an Schlaflosigkeit und Erschöpfung und nimmt starke Medikamente, ohne
die er seiner Aussage nach seinen Verpflichtungen als Hausmeister nicht
mehr nachkommen kann. Der Mittelwert der Induktion betrug in der Küche
0,8 µT, der Spitzenwert erreichte 1,2 µT.
-
Ein Ehepaar lebte seit 1962 im eigenen Haus. Der Stromversorger hatte damals
den Betrieb von zwei Durchlauferhitzern unter der Bedingung genehmigt,
daß er über einen Dachständer eine Freileitung verlegen
durfte, um die Stromversorgung des Nachbarviertels zu verbessern. Zu diesem
Zweck wurde vom Keller des Hauses (das Haus hat Erdanschluß) bis
zum Dach ein dickes Niederspannungskabel in der Wand verlegt und über
einen Dachständer eine Freileitung (mittlerweile gebündelt) zum
etwa 50 Meter entfernten ersten Haus des Nachbarviertels gespannt. Das
vom Keller bis zum Dach verlaufende Kabel befindet sich in der Küchenwand
genau an der Stelle, an der das Ehepaar am liebsten saß, weil man
von hier einen wunderbaren Ausblick in den Garten hat. Der Abstand zum
Kabel betrug dann höchstens 50 cm. Hier wurden Induktionsmittelwerte
von 1 µT gemessen, unmittelbar auf der Wand waren es 16 µT.
Der Mann erkrankte vor drei Jahren an einem Hodgkin-Lymphom, die Frau im
selben Jahr an einem Weichteilsarkom im Bein. Das Paar versuchte zunächst
vergeblich, das Kabel und die Freileitung durch den Stromversorger entfernen
zu lassen. Einige Wochen nach dem Tod des Mannes baute der Stromversorger
Dachständer und Freileitung ab mit der Begründung, daß
die Leitung zur Versorgung des Nachbarviertels nicht mehr benötigt
werde.
-
Ein Mädchen lebte seit seiner Geburt 3 1/2 Jahre in einem Haus neben
zwei Hochspannungsleitungen von 110 kV (15 Meter entfernt) und 380 kV (75
Meter entfernt). Dann lebte das Kind mit seinen Eltern vier Jahre im Ausland
und erkrankte dort an Leukämie. Nach der Rückkehr nach Deutschland
hielt es sich nur noch vorübergehend in dem Haus an den Hochspannungsleitungen
auf, weil die Eltern einen negativen Einfluß auf den Krankheitsverlauf
befürchteten. Mittlerweile ist die Familie in ein anderes Haus umgezogen.
Eine Messung im ehemaligen Bett des Kindes ergab einen Induktionsmittelwert
von 0,35 µT.
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Ein Ehepaar wohnt seit 1965 in einem Haus, das knapp 20 Meter neben einer
220 kV-Leitung steht. Die Frau hat bis heute keine gesundheitlichen Probleme,
aber der Ehemann erkrankte 1992 an einem Non-Hodgkin-Lymphom. Sein Gesundheitszustand
ist nach einer Chemotherapie derzeit stabil. Die Feldmessung ergab im Bett
des Mannes eine Induktion von 0,5 µT. Beim Meßtermin erzählte
er, daß der Nachbar ebenfalls seit 1965 dort wohnte und im vergangenen
Jahr an einem Gehirntumor gestorben sei. Das Haus des Nachbarn steht noch
etwas näher an der Leitung. Ein Nachbar auf der gegenüberliegenden
Seite der Trasse, dessen Haus ebenfalls nur knapp 20 Meter von der Leitung
entfernt steht, war an einer Entartung der Mastzellen des Immunsystems
erkrankt, sein Zustand ist durch Medikamente stabil.
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In einem Bonner Amt arbeiteten drei Ingenieure in einem kleinen Büro
neben einem 630 kVA-Trafo, der in das Gebäude eingebaut ist. Sie waren
zwischen 50 und 60 Jahre alt und seit Jahrzehnten dort tätig. Vor
vier Jahren starb einer der Ingenieure an einem Herzinfarkt und einer an
einem Gehirntumor. Daraufhin wurde der Trafo mit Mu-Metall abgeschirmt.
Der dritte Ingenieur war zum Zeitpunkt der Feldmessung durch den Wissenschaftsladen
Bonn (nach erfolgter Abschirmung) an einer nicht genauer beschriebenen
Gehirnkrankheit erkrankt und arbeitsunfähig. Die Meßwerte waren
mit 0,14 µT am Schreibtisch und 1,1 µT an der Wand zum Traforaum
relativ niedrig, dürften aber vor der Abschirmmaßnahme etwa
fünf bis zehn mal so groß gewesen sein. Der Raum wird trotz
der Abschirmung mittlerweile nicht mehr als Büro genutzt. Über
das weitere Schicksal des dritten Ingenieurs ist nichts näheres bekannt.
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Ein weiteres Ehepaar wohnt seit 27 Jahren in einer Wohnung neben einem
630-kVA-Trafo. Das Schlafzimmer befindet sich direkt neben dem Traforaum.
Die Vermieterin der Wohnung wünschte eine Messung, um Daten über
die Feldbelastung zu haben, weil sie dem Stromversorger den Vertrag (der
Trafo steht auf ihrem Grundstück) kündigen wollte. Beim Meßtermin
fiel die ungewöhnliche Vitalität der Ehefrau und die Hinfälligkeit
ihres Mannes auf. Der Mann war zuckerkrank und hatte vor einiger Zeit einen
Schlaganfall erlitten. Das Ergebnis der Messung war überraschend:
Auf dem Kopfkissen des Mannes betrug die gemessene Induktion 1,8 µT,
auf dem Kopfkissen der Frau dagegen nur 0,06 µT. Zwar gehören
Zuckerkrankheit und Schlaganfall nicht zu den Erkrankungen, die man mit
der Exposition durch Magnetfelder von Stromversorgungsanlagen in Verbindung
bringt, bemerkenswert ist aber, daß der erkrankte Ehemann im Bett
starken Induktionen ausgesetzt war, während die kerngesunde Ehefrau
magnetisch nur gering belastet wurde.
Fallbeispiele mit erhöhten elektrischen Feldern
Die Aufmerksamkeit der Erforschung gesundheitlicher Wirkungen von Elektrosmog
galt bisher fast ausschließlich den Magnetfeldern, die elektrischen
Felder sind dabei weitgehend vernachlässigt worden. Entsprechend empfindliche
Personen scheinen aber auf elektrische Wechselfelder zu reagieren, vor
allem, wenn deren Stärke deutlich über 100 V/m liegt. Hierfür
zwei Beispiele aus der Meßpraxis des Wissenschaftsladen Bonn.
-
Ein älterer Herr hatte sich eine zweimanualige elektronische Orgel
mit Pedal gekauft, auf der er täglich spielte. Nach drei bis vier
Jahren bekam er einen roten Ausschlag im Gesicht, der sich immer mehr ausbreitete.
Schließlich stellte sich regelmäßig auch ein Hitzegefühl
im Gesicht ein, wenn er länger als eine halbe Stunde auf der Orgel
spielte. Nachdem er den Zusammenhang zwischen Orgelspiel und Hitzegefühl
erkannt hatte, stellte er das Musizieren völlig ein. Daraufhin verringerte
sich auch langsam der Ausschlag im Gesicht. Zu diesem Zeitpunkt beauftragte
der Mann den Wissenschaftsladen mit einer Feldmessung an der Orgel. Über
den Manualen der Orgel betrug die elektrische Wechselfeldstärke 270
V/m, mittels Handelektrode konnte gegen Erde eine Koppelspannung von 7,7
V festgestellt werden. Durch Erden der Orgel sank die Feldstärke über
den Manualen auf 9 V/m, die Koppelspannung betrug nur noch 0,2 V. Das Hitzegefühl
im Gesicht nach längerem Orgelspiel trat nicht mehr auf und die roten
Flecken im Gesicht sind fast ganz abgeheilt.
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Eine Frau hatte vor 10 Jahren einen Altbau gekauft, renoviert und dabei
auch die Elektroinstallation erneuern lassen. Sie selbst bewohnte das zweite
Stockwerk. Nach einigen Jahren stellte sich bei ihr ein Tinnitus (Ohrgeräusche)
ein, der allen Behandlungsversuchen trotzte. Obwohl sich keine elektrischen
Geräte in der Nähe ihres Bettes befanden, betrug dort die elektrische
Feldstärke 161 V/m, die magnetische Induktion lag bei 0,02 µT.
Durch Ausschalten der Schlafraumsicherung ging dieser Wert nicht wesentlich
zurück. Eine Überprüfung ergab, daß alle Wohnungen
des Hauses über nur eine Phase versorgt wurden. Ein Elektrotechniker
führte folgende zum Teil recht aufwendigen Sanierungsmaßnahmen
durch:
-
Gleichmäßige Belastung der Phasen, so daß in jedem Stockwerk
alle drei Phasen genutzt wurden,
-
Umbau des bestehenden TN-Netzes in ein TT-Netz,
-
Auftrennung von bestehenden Ringleitungen,
-
Verbesserung der Hauserdung und
-
Einbau eines Netzfreischalters hinter der Schlafraumsicherung
Nach erfolgter Sanierung konnte im Bett der Hausbesitzerin bei ausgeschaltetem
Netzfreischalter nur noch eine elektrische Feldstärke von 6 V/m gemessen
werden. Im Laufe einiger Monate besserte sich der Tinnitus so weit, daß
er nur noch gelegentlich morgens nach dem Aufwachen auftrat. Gleichzeitig
mit der Sanierung der Elektroinstallation ihres Hauses hatte die Frau auch
eine Amalgamsanierung durchführen lassen. Möglicherweise lag
hier eine Belastung mit Quecksilber durch erhöhte Korrosion der Amalgamplomben
infolge von Körperströmen vor. Der Tinnitus wäre dann nur
indirekt die Folge der elektrischen Feldbelastung gewesen.
Fazit
Die geschilderten Fälle sind natürlich kein Beweis für
die schädigende Wirkung elektromagnetischer Einflüsse auf die
menschliche Gesundheit, wenn auch der Zusammenhang manchmal sehr deutlich
zu sein scheint. Auffallend ist aber, daß die beobachteten Erkrankungen
stets mit einer erhöhten Feldexposition verbunden waren und es sich
fast nur um die seit längerem mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung
gebrachten Krankheiten handelte.
Waren die Auftraggeber dagegen in ihren Wohnungen oder am Schlafplatz
mittleren magnetischen Induktionen unter 0,2 µT ausgesetzt oder wohnten
sie erst seit kurzem unter erhöhter Feldbelastung, so traten in keinem
Fall die entsprechenden Krankheiten auf, obwohl diese Fälle zahlreicher
waren, als die oben beschriebenen, höher belasteten Fälle.
Dr. Klaus Trost
Wissenschaftsladen Bonn e.V., Buschstr. 85, 53113 Bonn
Kommentar
Die geschilderten Fallbeispiele im Bericht von Dr. Klaus Trost vom angesehenen
Wissenschaftsladen Bonn können keinen kausalen Zusammenhang zwischen
den beobachteten Erkrankungen und elektromagnetischen Feldern beweisen.
Dennoch geben sie wertvolle Hinweise auf mögliche Gefahren und legen
den Finger in die Wunde des "0,3-100-Mikrotesla-Dilemmas": Nach Meinung
vieler Wissenschaftler geht von Belastungen unter 0,3 µT kein relevantes
Gesundheitsrisiko aus. Die Grenzwerte für die Allgemeinheit liegen
in der seit Januar 1997 gültigen Elektrosmogverordnung aber bei 100
µT (wenn die Belastung nur zu 5% der Zeit auftritt, sogar bei 200
µT). Was aber zwischen 0,3 und 100 µT passiert, weiß
niemand so genau. Tierversuche von Löscher und Mevissen zeigen in
diesem Bereich eine Förderung des Brustkebswachstums (vgl. Elektrosmog-Report
2(11), S. 5-6, 1996). Epidemiologische Studien zur systematischen Erfassung
von gesundheitlichen Beschwerden bei vergleichsweise hoher elektromagnetischer
Belastung fehlen weltweit nahezu völlig. Es ist nicht einmal bekannt,
wieviel Prozent der Bevölkerung solchen deutlich erhöhten Belastungen
ausgesetzt ist.
Es besteht dringender Handlungsbedarf:
-
Systematische Erfassung von Dauerbelastungen über 0,5 µT - ausgehend
von den Quellen der Belastung wie z. B. Transformatoren - und Aufklärung
der Betroffenen über mögliche gesundheitliche Gefahren. Oftmals
sind durch einfache Maßnahmen wie Verlegung des Schlafplatzes ausreichende
Feldreduzierungen möglich.
-
Durchführung einer epidemiologischen Studie, die ein Kollektiv mit
Dauerbelastungen über 0,5 µT randomisiert mit einem durchschnittlich
belasteten Kollektiv vergleicht.
Es ist zu wünschen, daß die internationalen und nationalen Institutionen,
die in ihren Namen das wohlklingende Wort "Strahlenschutz" führen,
sich dieser sehr konkreten Strahlenschutzproblematik annehmen würden.
Es ist unverantwortlich, diese erhöhten Belastungen und ihre möglichen
gesundheitlichen Folgen zu ignorieren und sich hinter dem 0,3-Mikrotesla-Wall
zu verstecken, auch wenn bundesweit "nur" einige 10.000 Personen betroffen
sein mögen.
Redaktion Elektrosmog-Report
Vorsorge
Eine Kosten-Nutzen-Analyse für Krebs durch
EMF
Fünf schwedische Institutionen, die sich staatlicherseits mit
den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von elektromagnetischen
Feldern (EMF) befassen, haben in einer Broschüre beispielhafte Kosten-Nutzen-Rechnungen
über die Vermeidung von durch EMF verursachte Krebsfälle vorgelegt.
In Schweden werden die Kosten für die Vermeidung eines Krebsfalles
durch ionisierende Strahlung (z. B. Röntgenstrahlung) auf 2,8 Millionen
DM und die Vermeidung eines verkehrsbedingten Todesfalles auf 1,7 Millionen
DM geschätzt. Für EMF-bedingte Krebsfälle wurden Abschätzungen
unter der Annahme vorgenommen, daß der in der Wissenschaft umstrittene
Zusammenhang zwischen EMF und Krebs tatsächlich besteht.
In der Broschüre, die u. a. vom Gesundheitsministerium, vom Bauministerium
und vom Strahlenschutzinstitut herausgegeben wurde, heißt es:
"Im Durchschnitt entwickelt jährlich eines von 25.000 Kindern in
Schweden und den meisten anderen Industrieländern eine Leukämie.
Obwohl die Hypothese eines Zusammenhangs zwischen dem Auftreten von kindlicher
Leukämie und der Exposition gegenüber magnetischen Feldern nicht
als wissenschaftlich etabliert angesehen werden kann, werden die beobachteten
Risiken in unserem Beispiel als zutreffend angenommen. In einer schwedischen
epidemiologischen Untersuchung wurde für Kinder, die in der Nähe
von Hochspannungstrassen leben, ein um den Faktor 2,7 erhöhtes Risiko
für die Entwicklung einer Leukämie gefunden, im Vergleich zu
Kindern, die weit entfernt von solchen Leitungen lebten. Diese Zahl wurde
in den folgenden Beispielen wegen des Fehlens anderer Risikoabschätzungen
auch für Umspannstationen und vagabundierende Ströme verwendet.
(...) Die Beispiele zeigen, daß Maßnahmen zur Reduzierung
der Exposition pro statistisch vermiedener kindlicher Leukämie zwischen
einigen Millionen und einigen hundert Millionen SK kosten kann [Anm.:
1 Mio. schwedische Kronen (SK) entsprechen etwa 240.000 DM], unter
der Annahme, daß die verwendeten Risikoabschätzungen zutreffen.
Beachten Sie, daß das Vorsorgeprinzip in Betracht gezogen werden
sollte, wenn die Felder stark von dem abweichen, was in der betreffenden
Umgebung als normal angesehen werden kann."
In der Studie wurden Abschätzungen vorgenommen für folgende
Beispiele
-
Hochspannungstrasse neben Mehrfamilienhäusern: Eine 220 kV-Hochspannungstrasse
führt durch ein Gebiet von Mehrfamilienhäusern mit 300 Kindern,
die in einem Einzugsgebiet leben, von dem angenommen wird, daß darin
das Leukämierisiko erhöht ist. Die Kosten für die Vermeidung
eines statistischen Krebsfalles werden in diesem Fall auf 150 MSK (Millionen
schwedische Kronen), entsprechend 36 Mio. DM, geschätzt. Die Kosten
resultieren aus den Verlegungskosten für die Leitungen (geschätzte
60 MSK) und dem angenommenen Risiko.
-
Vorschule in der Nähe einer Hochspannungsleitung: Unter der
Annahme, daß eine Vorschule mit 40 Kindern einer erhöhten elektromagnetischen
Belastung durch eine Hochspannungstrasse ausgesetzt ist, würde ein
Neubau 0,96 Mio. DM und die Vermeidung eines statistischen Krebsfalles
17,8 Mio. DM kosten. Ließen sich jedoch geeignete Abschirmmaßnahmen
ergreifen (Kosten: 120.000 DM), so lägen die Kosten bei 2,2 Mio. DM
pro vermiedenem Fall.
-
Transformatorstation in einem Schulgebäude: Eine Transformatorstation
führt in drei Klassenräumen zu einer erhöhten elektromagnetische
Belastung. Eine Abschirmung mit Metallplatten würde 48.000 DM kosten.
Unter der Annahme einer relevanten Dosisreduktion für 75 Kinder ergäben
sich Kosten für die Vermeidung eines Krebsfalles von unter 480.000
DM.
-
Vagabundierende Ströme in Einfamilienhäusern: Treten durch
Elektroinstallationen im Haus vagabundierende Ströme auf, die zu einer
erhöhten EMF-Belastung führen, welche durch Maßnahmen mit
einem Kostenrahmen von 1.200 DM eliminiert werden könnten, so ergeben
sich unter der Annahme eines Kindes pro Familie Kosten für die Vermeidung
eines statistischen Leukämie-Falles in Höhe von 0,96 Mio. DM.
-
Hochspannungstrasse durch ländliches Gebiet: Bei der Planung
einer 400 kV-Hochspannungsleitung werden strahlungsminimierende Aspekte
berücksichtigt. Dennoch ist es notwendig die Hochspannungstrasse über
80 km an 71 verstreuten Besitzungen vorbeizuführen, bei denen von
einer erhöhten EMF-Belastung ausgegangen werden muß. Die Kosten
für spezielle Stromkreise mit optimierter Abschirmung bzw. Kompensationswirkung
für jede Wohnbebauung betragen 120.000 DM, was zu Kosten von 88,8
Mio. DM pro verhindertem Leukämiefall führen würde.
-
Hochspannungsleitung durch Vorstadtgebiet: Eine 220 kV-Hochspannungsleitung
wird für eine Vorstadt geplant. Sie führt durch ein Gebiet mit
Mehrfamilienhäusern, in dem 60 Kinder leben, von denen angenommen
wird, daß sie einer erhöhten EMF-Belastung ausgesetzt wären.
Zur Vermeidung eines erhöhten Risikos ist geplant, einen Leitungsabschnitt
mit Aufteilung der Phasenströme auf mehrere unabhängige Leiterseile
einzufügen. Die zusätzlichen Kosten werden auf 170.000 DM geschätzt,
was 2,2 Mio. DM für einen vermiedenen Leukämiefall entspräche.
Die vorgelegten Kostenrechnungen geben einen Eindruck von den Kosten, die
möglicherweise für die Vermeidung eines statistischen Leukämiefalles
aufgebracht werden müßten. Sie liegen in den vorliegenden Beispielen
unter der Annahme eines erhöhten Krebsrisikos durch EMF um den Faktor
2,7 je nach Aufwand zwischen 480.000 DM und 89 Mio. DM.
Die Broschüre in englischer Sprache "Low -Frequency Electric and
Magnetic Fields: The Precautionary Principle for National Authorities"
ist erhältlich beim: National Board of Occupational Safety and Health,
S-17184 Solna, Schweden, Tel.: 0046-8-730-9000, Fax: 0046-8-730-1967.
Broschürentip "Elektrosmog"
Unter dem Titel "Elektromagnetische Felder 'Elektrosmog'" ist eine Verbraucherbroschüre
der "Umweltmedizinischen Beratungsstelle" der Behörde für Arbeit,
Gesundheit und Soziales der Stadt Hamburg erschienen. Auf 8 Seiten werden
die wichtigsten Fakten zum Thema Elektrosmog und "Strategien zur Vermeidung
von überflüssigem Elektrosmog" kompetent präsentiert. Entstanden
ist die Broschüre aufgrund zahlreicher Anfragen an die Behörde.
Die kleine Broschüre ist kostenlos erhältlich bei: Amt für
Gesundheit, Abteilung Gesundheit und Umwelt, Tesdorpfstr. 8, 20148 Hamburg.
Veranstaltungshinweise
12. März 1997, Hamburg-Haus Eimsbüttel, 19:00
Elektrosmog. Was ist das? Wie kann ich Elektrosmog messen? Welchen Einfluß
haben elektromagnetische Strahlen auf den menschlichen Organismus? Wie
kann ich mich davor schützen?
Referenten: Frau Dr. Ute Boikat, Behörde für Arbeit,
Gesundheit und Soziales (BAGS) und Dipl.-Ing. Werner Schaper, Elektrosmog-Berater
der Verbraucherzentrale Hamburg.
Veranstalter: Gesundheits- und Umweltamt Hamburg, (040) 42 12
361.
21.-23. März 1997 und 12.-13. April 1997, Krumbad bei Krumbach
Ganztägige Praxisseminare "Hochfrequente elektromagnetische Felder
im Alltag - Messung, Bewertung, Schutz" und "Praxis der Elektrosmog-Messung
im Niederfrequenzbereich".
Referenten: Dipl.-Ing. Mathias Wuschek (Universität der
Bundeswehr München) und Dr.-Ing. Georg Bahmeier (Ing.-Büro für
Feldmeßtechnik).
Teilnahmegebühr: 450 bzw. 300 DM.
Veranstalter: Dipl.-Ing. Robert Mayr, ROM-Elektronik GmbH, Grasiger
Weg 12, 86488 Nattenhausen, Fon (08282) 7385, Fax (08282) 7305.
11.-12. März, 5.-6. Juni, 16.-17. September und 2.-3. Dezember
1997, Berlin, ganztägig
"Ergonomischer Einsatz der Software WinField". Die FGEU bietet hiermit
erstmalig ein Schulungsprogramm zur Software WinField an. Inhalte: Theorie
der Feldberechnung, Erläuterung der grundlegenden Funktionen, Anwendung
in Übungsbeispielen, konkrete Fälle aus der Praxis, Eingang auf
Anwendungsfälle der Teilnehmer (Mitbringen von Planungsunterlagen
möglich bzw. erwünscht).
Teilnahmegebühr: 1150 DM zzgl. MWSt.
Veranstalter: Forschungsgesellschaft für Energie und Umwelttechnologie
GmbH (FGEU), Yorckstr. 60, 10965 Berlin, Fon (030) 786 97 99, Fax (030)
786 63 99.
Layout: Datadiwan
eMail: webmeister@datadiwan.de