Elektrosmog-Report
4. Jahrgang / Nr. 10 Oktober 1998
zur Inhaltsangabe
zum Index

Grenzwerte

EU empfiehlt ICNIRP-Empfehlungen

Am 22. Juni 1998 hat die EU-Kommission neue Richtlinien für die öffentliche Exposition durch nicht-ionisierende Strahlung bekanntgegeben. Der Vorschlag soll das derzeitige Flickmuster von nationalen und europäischen Regelungen durch ein konsistentes Regelwerk ersetzen und orientiert sich an den ICNIRP-Vorschlägen.

In der EU-Verlautbarung heißt es: "Die Empfehlungen stellen Rahmenrichtlinien der Europäischen Union (EU) für Referenz- und Grenzwerte dar, die eine Konsistenz des öffentlichen Gesundheitsschutzes in der EU sicherstellen. Es bleibt den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen, detaillierte Regelungen zu finden, um die Empfehlungen in die Praxis umzusetzen." EU-Kommissar Padraig Flynn äußerte deutlich seinen Wunsch, daß es auf Basis des EU-Vorschlags schon bald zu einer Harmonisierung bzw. Vereinheitlichung der derzeit unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedsländern kommen solle - im Interesse der Öffentlichkeit und der Industrie.

Der Vorschlag der Kommission orientiert sich weitestgehend an den internationalen ICNIRP-Empfehlungen und ignoriert damit ebenso wie diese Vorsorgeaspekte mögliche athermische Effekte und eventuelle Langzeitfolgen elektromagnetischer Felder (vgl. Elektrosmog-Report, April 1998).

Die neuen Richtlinien sind nur Empfehlungen, die in allen EU-Ländern dieselben Rahmenbedingungen schaffen sollen; eine rechtliche Verbindlichkeit besteht nicht. Es ist zu erwarten, daß einzelne Länder strengere (z. B. Schweden) und andere Länder im Detail schwächere Regelungen (z. B. Deutschland, s. u.) bestehen lassen bzw. verabschieden werden.

Als nächster Schritt steht die Zustimmung des EU-Ministerrates zu den Rahmenrichtlinien der EU-Kommission an. Dazu werden in den Mitgliedsländern von den zuständigen Ministerien Stellungnahmen erarbeitet und Anhörungen durchgeführt.

In Deutschland fand die Anhörung am 16. September 1998 in Bonn statt. Die Anhörung wurde sehr kurzfristig angesetzt, so daß nur wenige Stellungnahmen vorlagen. Der BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V.) war bei der Anhörung die einzige kritische Stimme. Umweltministerium (BMU) und Betreiberverbände (insb. VDE) haben keine grundsätzlichen Einwände gegen die Vorschläge der EU-Kommission. Es wurde allerdings wieder einmal deutlich, daß die Richtlinien der EU-Kommission ebenso wie die ICNIRP-Empfehlungen in Details strenger sind als die deutsche Elektrosmogverordnung von 1997 (26. BImSchV). Dies bezieht sich vor allem auf die Meßvorschriften (Beurteilungsfläche 1 cm2 nach EU-Vorschlag gegenüber 100 cm2 nach VDE 0848) und die Zulässigkeit "kurzzeitiger" und "kleinräumiger" Grenzwertüberschreitungen, die nur die deutsche Verordnung kennt. Dennoch unterstützen BMU und Betreiberverbände die EU-Vorschläge, da man davon ausgehe, daß die Unterschiede in den Regelungen "wie bisher pragmatisch gehandhabt würden".

Stellungnahme des BUND

Bernd Rainer Müller vom BUND setzt sich in seiner Stellungnahme vom 14. September ausführlich und kritisch mit dem "Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine Empfehlung des Rates zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder (0 Hz bis 300 GHz) vom 11. Juni 1998, KOM (1998) 268 endg." auseinander. Die wichtigsten Passagen sollen hier zitiert werden.

Die Empfehlung der EU-Kommission "weist grundsätzliche Mängel auf, die den notwendigen Schutz der Bürger vor elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern (EMF) nicht gewährleisten können. Der Rat hält sich nicht an die Vorgaben des vom Volk gewählten Europäischen Parlamentes. Das Europäische Parlament hat in einer Entschließung (A3-238/94) zu den durch nichtionisierenden Strahlen verursachten Gefahren vom 5.5.94 folgende Forderung erhoben: "... in Erwägung des in Artikel 130 r EGV verankerten Vorsorgeprinzips sowie des ALARA-Prinzips, wonach von Fall zu Fall versucht werden muß, elektromagnetische Strahlenfelder zu optimieren". Diese Forderung nach einer Berücksichtigung der Vorsorge und des Minimierungsgebotes findet keine Berücksichtigung im Vorschlag der Kommission."

"Die Kommission der EU stützt sich bei ihren Überlegungen auf das Schutzsystem der ICNIRP. Der Europäische Gerichtshof hat sich in einem ähnlichen Fall zu der Berücksichtigung von Sachverständigen-Gremien geäußert (TU-München Urteil). Das Urteil lautete, daß das zuständige Organ sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte untersuchen muß. Bei der Zusammensetzung ist Pluralismus notwendig, um der Anforderung der Unparteilichkeit gerecht zu werden. Die Zusammensetzung der ICNIRP ist wenig transparent und zudem abhängig von persönlichen Beziehungsgeflechten. Vertreter oder nahestehende Personen aus dem Bereich der Bevölkerung, Verbrauchergruppen, Gewerkschaften und Umweltverbänden sind bei ICNIRP nicht vertreten."

"Die ICNIRP-Kommission überschreitet zudem ihren selbst formulierten wissenschaftlichen Auftrag, sie wolle nur bestimmte wissenschaftliche Ergebnisse nach eingeschränkten wissenschaftlichen Kriterien bewerten. Zusätzlich schlagen sie jedoch Sicherheitsfaktoren vor. Die Festlegung von Sicherheitsfaktoren stellt einen mit individuellen Erfahrungen und Interessen verbundenen Bewertungs- und Abwägungsprozeß dar. Dies ist nach allgemein herrschender Meinung ein politischer Akt und stellt deswegen niemals eine wissenschaftlich begründete Aussage dar. Deswegen werden diese Sicherheitsfaktoren nur von den Betreibern und nicht von den Betroffenen akzeptiert."

"Die Schutzphilosophie der ICNIRP. Gemeinsame Grundlage aller derzeit geltenden Richt- und Grenzwerte ist lediglich die Vermeidung kritischer Temperaturerhöhungen bei der Immission elektromagnetischer Felder. Bei den rein elektrischen und magnetischen Feldern wird anhand eines Strommodells berechnet, unter welchen Bedingungen es zu kritischen Stromflüssen im Organismus kommen kann bzw. Reizwirkungen auftreten können." Der BUND kritisiert die Nichtberücksichtigung athermischer Effekte und die Verwendung simpler physikalischer Modelle, die "aber keineswegs der biologischen Realität entsprechen".

"In der Tabelle 1 im Anhang II werden Grundbeschränkungen angegeben, die Unsicherheiten infolge individueller Empfindlichkeit, Umgebungsbedingungen und unterschiedlichen Alters und Gesundheitszustands von Einzelpersonen der Bevölkerung Rechnung tragen sollen. Wissenschaftliche Untersuchungen bezüglich dieser Unsicherheiten bzw. einen demokratischen Konsens über diese Vorgehensweise sind unbekannt. In den Hinweisen wird lediglich davon gesprochen, daß die Grundbeschränkung vor akuten Expositionswirkungen schützen soll. Der ganze Komplex der nicht-thermischen Wirkungen von EMF wird nicht berücksichtigt, der über Dauerwirkungen zu psychischen Beschwerden, z.B. Nervosität, Gereiztheit und Streß führen kann."

"Anhang III: Die Überschreitung des Spitzenwertes der elektrischen und magnetischen Feldstärke bis auf das 32fache entspricht dem 1000fachen des Grenzwertes für die Leistungsflußdichte. Sie ergibt sich nach der thermischen Modellvorgabe. Diese Grenzwertfestlegung gilt besonders für Radaranlagen. Die Radarimpulse mit einer Folgefrequenz von mehreren hundert Hertz besitzen die gleiche zeitliche Struktur, bei der in Laborexperimenten Beeinflussungen der Zellkommunikation, der hormonellen Steuerung und der Gehirnaktivität beobachtet wurden. Die Leistungsflußdichte muß daher begrenzt werden. Dies allein bringt bringt jedoch keine wesentliche Verbesserungen hinsichtlich der biologischen Wirkungen. Es sind auch Impulsfolgefrequenzen mit geringer biologischer Wirkung bzw. andere Impulsmuster vorzugeben."

Schlußkommentar

Der Wunsch der EU-Kommission, einheitliche Regelungen für die Begrenzung der elektromagnetischen Exposition der Bevölkerung in der Europäischen Union zu finden, ist zu begrüßen. Als Basis hierfür die oft kritisierten Grenzwertempfehlungen der ICNIRP zu verwenden, ist sicher nicht optimal. Auf der anderen Seite besitzen die ICNIRP-Empfehlungen weltweit inzwischen ein solches Monopol und sind Grundlage für eine Vielzahl nationaler Regelungen, daß eine europäische Einigung auf einer anderen Basis politisch kaum vorstellbar ist.

Vor diesem Hintergrund bleiben zwei Hauptkritikpunkte:

- Die rechtliche Unverbindlichkeit der EU-Empfehlungen läßt nationale Sonderwege zur Unterschreitung der EU-Werte zu. Man hätte zumindest versuchen sollen, verbindliche Mindeststandards (auf ICNIRP-Basis) zu definieren. Daß darüber hinaus Länder wie Schweden strengere Regelungen anwenden können, ist - auch in Hinblick auf die Ermöglichung einer dynamischen Entwicklung der Grenzwerte - zu begrüßen. Warum aber Ländern wie Deutschland ermöglicht wird, die ICNIRP-Regelungen weiter aufzuweichen, ist unverständlich.

- Es wurde die Chance verpaßt, Vorsorge- und Minimierungsaspekten Rechnung zu tragen, wie es u.a. auch das Europäische Parlament gefordert hat. Es ist eine schlechte und wissenschaftlich überholte Erblast der ICNIRP, solche Vorsorgeaspekte vollständig zu ignorieren. Durch das Aussprechen von Vorsorgewerten und Minimierungszielen hätte ein Impuls ausgehen können, technische und administrative Möglichkeiten zu nutzen, die elektromagnetische Exposition der Menschen in der EU tatsächlich zu begrenzen bzw. nicht weiter anwachsen zu lassen. Diese Chance wurde vertan. Um so wichtiger wird es sein, nun die nationalen Spielräume für Vorsorgemaßnahmen zu nutzen.


Michael Karus, Franjo Grotenhermen

nova-Institut, Redaktion Elektrosmog-Report

Quellen:
 

  1. EU-Kommission: Exposure to electromagnetic fields: Commission proposes a Recommendation. Brüssel, 22. Juni 1998. DN: IP/98/551 (im Internet zu finden unter: http://europa.eu.int/rapid).
  2. Bernd Rainer Müller (BUND): Stellungnahme zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine Empfehlung des Rates zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder (0 Hz bis 300 GHz) vom 11. Juni 1998, KOM (1998) 268 endg. Bonn, 14. September 1998.
zum Index

Epidemiologie

Details zur Studie über EMF und Gesundheit von Rindern

Wie im letzten Elektrosmog-Report berichtet, plant die bayerische Staatsregierung eine Untersuchung zu einem möglichen Zusammenhang zwischen der elektromagnetischen Strahlung von Mobilfunksendern und der Gesundheit von Rindern. Diese wurde angeregt durch die Diskussionen um gesundheitliche Beeinträchtigungen von Kühen eines Landwirtes im bayerischen Schnaitsee.

In einer Pressemitteilung vom 8. September 1998 des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen wurden nun weitere Details der "weltweit größten Studie zum möglichen Einfluß des Mobilfunks auf die Gesundheit und das Verhalten von Rindern" bekannt gegeben. Danach soll in einer auf zwei Jahre angelegten Studie von Wissenschaftlern der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Ludwig-Maximilians-Universität München Rinder in rund 30 mobilfunknahen bzw. mobilfunkfernen Tierhaltungen auf Gesundheit, Leistung und Verhalten untersucht werden.

"Dabei werden Erkrankungen der jeweiligen Herde, Milchleistung, Geburten, Mißbildungen, Fruchtbarkeitsstörungen und Abgänge erfaßt. Genetische Risikofaktoren eingeschlossen. Außerdem wird die Konzentration des Zirbeldrüsenhormons Melatonin und des Streßhormons ACTH in der Milch bestimmt. Zusätzlich werden bei ausgewählten Tieren regelmäßig der Gesundheitsstatus und das Verhalten kontrolliert, ergänzt durch spezielle zuchthygienische Untersuchungen und haltungsspezifische Parameter, wie das Futter, das Stallklima sowie Schadstoffkonzentrationen in Luft und Wasser, als auch bakteriologische und mykologische Tests zum Aspekt der Stallhygiene. Die elektromagnetische Feldbelastung der Höfe wird von der Ingenieurgemeinschaft für Geowissenschaften und Umwelttechnik mbH, München, gemessen."

An dem knapp 700.000 DM teuren Projekt beteiligen sich auf Wunsch des bayerischen Landtags nach dem Verursacherprinzip die vier in Bayern tätigen Mobilfunkbetreiber DeTeMobil Deutsche Telekom MobilNet GmbH, VIAG Interkom GmbH & Co., E-Plus Mobilfunk GmbH und Mannesmann Mobilfunk GmbH mit jeweils 100.000 DM, ohne Einfluß auf das wissenschaftliche Programm nehmen zu können.

Das Umweltministerium sei daran interessiert alle bayerischen Rinderhaltungen in das Vorhaben einzubeziehen, "von denen bekannt ist oder behauptet wird, daß dort ähnliche Verhaltensanomalien oder Gesundheitsschäden bei Rindern wie in Schnaitsee aufgetreten sind." Daher habe man den Dachverband der Bürgerinitiativen zum Schutz vor Elektrosmog und die Bayerische Bürgerwelle e.V. um Mitwirkung gebeten. "Diesem Wunsch kam der Verband trotz dreimaliger Aufforderung bedauerlicherweise nicht nach. Darüber hinaus nahm der Dachverband auch nicht das Angebot des Ministeriums an, eigene Untersuchungsziele vorzuschlagen."

Nach dem zunächst wenig überzeugenden Umgang mit der Problematik seitens der Landesregierung und des Bundesamtes für Strahlenschutz (siehe Elektrosmog-Report, September 1998) ist nun ein deutliches Bemühen erkennbar, den Sachverhalt mit einem klaren Konzept zu klären.

Quelle: Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 8. September 1998.
 
zum Index

Epidemiologie

Spontane Fehlgeburten und elektrische Heizdecken

Nach einer Studie der Yale-Universität wird die Rate spontaner Fehlgeburten durch die Verwendung elektrischer Heizdecken zur Zeit der Empfängnis leicht vergrößert. Die Verwendung einer elektrischen Heizdecke im späteren Verlauf der Schwangerschaft oder die Benutzung eines geheizten Wasserbettes waren jedoch nicht mit einer Zunahme der Fehlgeburten verbunden.

Kathleen Belanger und Kollegen hatten 2.967 Frauen in die Studie aufgenommen, die sich zwischen 1988 und 1991 vor der 16. Schwangerschaftswoche zur Beobachtung des Schwangerschaftsverlaufes im Yale New Haven-Krankenhaus begaben (Belanger 1998). Als spontaner Abort wurde die unfreiwillige Unterbrechung der Schwangerschaft vor der 28. Schwangerschaftswoche definiert. Insgesamt traten zwischen der 7. und 25. Schwangerschaftswoche 135 spontane Fehlgeburten auf. Das ist eine Fehlgeburtenrate von 4,6%. Mit einer Erhöhung dieser Rate waren folgende Gegebenheiten verbunden: unverheiratet sein, Alter über 35 Jahre, mehr als eine vorausgegangene Schwangerschaft, ein verstärkter Koffeinkonsum sowie eine Verwendung eines elektrischen Heizkissens während der Empfängnis.

Bei den 153 Frauen, die während der Empfängnis eine elektrische Heizdecke verwendeten, trat in 9,15% der Fälle ein spontaner Abort auf. Das ist ein etwa um den Faktor 1,8 signifikant erhöhtes Risiko (95%-KI: 1,1-3,1). Nach Berücksichtigung möglicher weiterer Einflußfaktoren sank das erhöhte Risiko leicht auf 1,7 (KI: 0,96-3,2). Die Verwendung einer elektrischen Heizdecke im späteren Schwangerschaftsverlauf, die Verwendung eines geheizten Wasserbettes und auch die Stärke der elektromagnetischen Felder nach dem Verkabelungs-Code (wire code) waren nicht mit einer erhöhten Abortrate verbunden.

Diskussion

Die Autoren vermuten, daß die höhere Rate spontaner Aborte bei der Empfängnis in der Gruppe der Benutzerinnen elektrischer Heizdecken zum Teil auf das durchschnittlich etwas höhere Alter in dieser Gruppe zurückgeführt werden könne. Etwa 30% der Benutzerinnen elektrischer Heizdecken war älter als 35 Jahre.

Eine Schwachstelle der Studie bestehe in der mangelhaften Erfassung früher Fehlgeburten. Nur 14,1% des Gesamtkollektivs war vor der 10. Schwangerschaftswoche befragt worden. Die meisten Schwangerschaftsverluste geschehen jedoch vor der 10. Schwangerschaftswoche, oft noch bevor die Schwangerschaft überhaupt bemerkt wird. Solche Frühaborte seien in dieser Studie daher nicht erfaßt worden, so daß auch nichts zur Wirkung von EMF auf frühe Aborte ausgesagt werden könne. Dieses Problem kann nur überwunden werden, wenn alle Frauen, die schwanger werden, erfaßt werden.

Frühere Studien

Jukka Juutilainen von der Universität Kuopio/Finnland haben dieses Problem berücksichtigt und tatsächlich von einer erhöhten Zahl von frühen Schwangerschaftsverlusten bei erhöhter elektromagnetischer häuslicher Belastung berichtet (Juutilainen 1993). Eine Gruppe von Frauen, die versuchten, schwanger zu werden, wurden sechs Monate lang beobachtet. Mit Hilfe von Hormonbestimmungen wurden sowohl Schwangerschaften als auch Frühaborte diagnostiziert. In der Gruppe der Frühaborte von 98 Frauen wurde im Vergleich zur Kontrollgruppe von 102 Frauen etwa 5 mal häufiger eine vergleichsweise hohe häusliche elektromagnetische Belastung von mehr als 0,25 Mikrotesla gemessen. Allerdings war die Gesamtzahl der Frauen, die einer erhöhten Belastung ausgesetzt waren, sehr klein (7 Fälle, 2 Kontrollen) mit einem großen Konfidenzintervall (95%-KI: 1-25), so daß die Ergebnisse vorsichtig interpretiert werden sollten.

Daneben wurden eine Anzahl von Untersuchungen zu Fehlgeburten bei Arbeiterinnen an Bildschirmarbeitsplätzen durchgeführt. Zwei frühe Untersuchungen zeigten erhöhte Risiken (Ericson 1986, Goldhaber 1988), während in fünf späteren Untersuchungen aus den Jahren 1989 bis 1992 keine erhöhten Risiken gefunden wurden (Bryant 1989, Nielsen 1990, Windham 1990, Schnorr 1991, Lindbohm 1992). Die möglichen Auswirkungen von Bildschirmfeldern auf den Schwangerschaftsverlauf waren wesentliche Gründe für die Entwicklung strenger EMF-Standards für Monitore.

Nancy Wertheimer und Ed Leeper diskutierten als mögliche Risikofaktoren für eine erhöhte Rate spontaner Aborte elektrisch geheizte Betten und andere elektrische Heizsysteme (Wertheimer 1989). Untersucht wurde ein saisonaler Unterschied der Abortrate. Da angenommen werden kann, daß diese elektrischen Geräte in der kalten Jahreszeit vermehrt verwendet werden, so wäre bei einem Einfluß elektromagnetischer Felder auf die Fehlgeburtenrate eine höhere Rate in den Wintermonaten zu erwarten. Tatsächlich wurde diese Annahme auch bestätigt. Kritiker haben den Autoren allerdings vorgehalten, daß die verglichenen Monate - Oktober bis Januar gegenüber Februar bis Mai - nicht die Heizsaison gegenüber der Nicht-Heizsaison repräsentierten (Kalvenberg 1991).

Schlußfolgerung

Die Frage, ob elektromagnetische Felder zu einer erhöhten Rate von Fehlgeburten führen, kann bisher nicht sicher beantwortet werden. Wenn es einen Effekt gibt, dann ist er sicher klein, da der Einfluß sonst durchgängiger aufgefallen wäre. Möglicherweise besteht ein erhöhtes Risiko in den ersten Wochen nach der Empfängnis, so daß in dieser Zeit auf eine langzeitige körpernahe Verwendung elektrischer Geräte wie Heizdecken verzichtet werden sollte. Ein Zusammenhang von Fehlgeburten und der Arbeit an Computermonitoren, wie er nach den ersten beiden Untersuchungen Mitte der achtziger Jahre vermutet wurde, erscheint nicht wahrscheinlich.

Literatur:

  1. Belanger, B., Leaderer, B., Hellenbrand, K., et al.: Spontaneous abortion and exposure to electric blankets and heated water beds. Epidemiology 9, 36-42 (1998).
  2. Bryant, H. E., Love, E. F.: Video display terminal use and sponatneous abortion risk. Int. J. Epidemiol. 18, 132-138 (1989).
  3. Ericson, A., Kallen, B.: An epidemiologic study of work with video screens and pregnancy outcome. II. A case-control study. Am. J. Ind. Med. 9, 450-475 (1986).
  4. Goldhaber, M. K., Polen, M. R., Hiatt, R. A.: The risk of miscarriage and birth defects among women who use visual display terminals during pregnancy. Am. J. Ind. Med. 13, 695-706 (1988).
  5. Juutilainen, J., Matilainen, P., Saarikoski, S., Laara, E., Suonio, S.: Early pregnancy loss and exposure to 50-Hz magnetic fields. Bioelectromagnetics 14, 229-236 (1993).
  6. Klavenberg, B. J.: Re: " Fetal loss associated with two seasonal sources of electromagnetic field exposure." Am. J. Epidemiol. 234, 913-914 (1991).
  7. Lindbohm, M.-L., Hietanen, M., Kyyrönen, P., et al.: Magnetic fields of video display terminals and spontaneous abortion. Am. J. Epidemiol. 136, 1041-1051 (1992).
  8. Nielsen, C. V., Vrandt, L. P. A.: Spontanteous abortion among women using video display terminals. Scand. J. Work Environ. Health 16, 323-328 (1990).
  9. Schnorr, T. M., Grajewski, B. A., Hornung, R. W., et al.: Video display terminals and the risk of spntaneous abortion. N. Engl. J. Med. 324, 727-733 (1991).
  10. Wertheimer, N., Leeper, E.: Fetal loss associated with two seasonal sources of electromagnetic field exposure. Am. J. Epidemiol. 129, 220-224 (1989).
  11. Windham, G. C., Fenster, L., Swan, S. H., Neutra, R. R.: Use of video terminals during pregnancy and the risk of spontaneous abortion, low birth weight or intrauterine growth retardation. Am. J. Ind. Med. 18, 675-688 (1990).
zum Index

Monitorkompensator

Es ist bekannt, daß die Magnetfelder der Oberleitungen der Bahn Computerbildschirme stören können. Einzige Abhilfe war bislang die Verwendung von Abschirmblechen aus Mu-Metall. Auf der EMV '98 im Februar 1998 in Düsseldorf wurde der aktive "Monitor-Kompensator" der Firma Bavaria Elektronik Rosenheim präsentiert (vgl. Elektrosmog-Report, März 1998). Der würfelförmige Monitor-Kompensator mißt die externen Magnetfelder und kompensiert diese durch ein Gegenfeld. In den Aluminiumröhren des Würfels stecken drei Helmholtzspulen-Paare, die das externe magnetische Feld kompensieren sollen. Das Gerät besitzt für jede Raumachse einen Sensor, der die Störfeldstärke mißt und an eine Steuereinheit weiterleitet. Im Gegensatz zu passiven Abschirmungen erzielt der Kompensator hierdurch einen Rundumschutz des Monitors.

Die renommierte Fachzeitschrift c't (computertechnik) hat nun dieses Gerät getestet: Im Praxistest konnte sich das Gerät bewähren. Nach einer Einmeßzeit von 15 - 20 Sekunden war das vorher flimmernde Monitorbild stabil. Infolge der Bahnfelder wurden im Bereich des Monitors 0,4 bis 0,9 Mikrotesla gemessen. Der Kompensator konnte dieses Feld auf 0,02 Mikrotesla reduzieren. Selbst in 5 m Abstand vom Bahndamm konnten Feldstärken von 3 Mikrotesla auf 0,4 Mikrotesla gesenkt werden. c't schreibt: "Damit sollte der Monitorkompensator jeder Störung Herr werden."

Für den Bildschirmarbeiter treten infolge der Kompensation nur geringe Feldänderungen auf: "Außerhalb des Würfels stieg das magnetische Feld durch den Kompensator um circa 1-2%."

Der Monitorkompensator stellt damit eine gute Alternative zu Mu-Metall-Abschirmungen dar. Mit einem Preis von 2.360 DM (15-17'') bzw. 2.560 DM (19-21'') ist der Kompensator allerdings nur wenig preiswerter als moderne LCD-Flachmonitore, die gegen magnetische Störungen von Natur aus unempfindlicher sind.

Kontakt: Bavaria Elektronik Rosenheim, Tel.: 08031-24 60-0.

Quelle: c't, Nr. 16, 1998.
 
zum Index

Veranstaltungshinweise

25. bis 28. Oktober 1998, Universität Wien, Hauptgebäude, Kleiner Festsaal

Workshop on possible biological and health effects of radiofrequency fields

Referenten: Dr. Felix Schirmer (Institut für Risikoforschung), Prof. Dr. Michael Kundi (Institut für Umwelthygiene), Dr. Wilhelm Mosgöller (Histol. Embryolog. Inst.)
Veranstalter: ARGE: GSM-Netz - Gesundheit und Wohlbefinden
 

16. und 17. November 1998, Technische Akademie Esslingen

Elektromagnetische Felder und Umwelt

Referenten: Dr.-Ing. G. Bahmeier (Ingenieurbüro für Feldmeßtechnik, Untermeitingen), Prof. G. Käs (Ingenieurbüro für Radarmeßtechnik, Pfaffenhofen), Dr. F. Lauer (DeTeMobil, Darmstadt), Dr. H.-P. Neitzke (ECOLOG, Hannover) und Dr.-Ing. M. Wuschek (Universität der Bundeswehr, Neubiberg)
Veranstalter und Kontakt: Technische Akademie Esslingen, Postfach 1265, 73748 Ostfildern, T (0711)3 40 08-0, F 3 40 08-43
Preis: 1.180 DM (mehrwertsteuerfrei) incl. Unterlagen und Pausengetränken
 
zum Index

Layout: Datadiwan eMail:webmeister@datadiwan.de