Die Bewertung therapeutischer Maßnahmen bei atopischer Dermatitis und Psoriasis
 aus der Perspektive der Patienten unter Berücksichtigung komplementärmedizinischer Verfahren
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Autor: Bitzer EM, Grobe TG, Dörning H 
Keywords: Atopische Dermatitis, Psoriasis, Komplementärmedizin, Therapieverfahren, Studie, Neurodermitis
Abstract: Therapeutische Maßnahmen bei atopischer Dermatitis bei Kindern bzw. Erwachsenen und bei Psoriasis wurden in einer Studie mit Fragebögen untersucht. Patienten wurden retrospektiv zu den in Anspruch genommenen Therapieverfahren befragt sowie zu dem subjektiv wahrgenommenen kurzfristigen und langfristigen Nutzen der Behandlungen. Es wurden eine Reihe schulmedizinischer, naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Therapiemethoden ausgewertet und miteinander verglichen. Die Untersuchung wurde im Auftrag der GEK vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsforschung (ISEG) durchgeführt.
Copyright: Copyright der Texte: Gmünder ErsatzKasse GEK 
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Info Jockey's 
Comment:
Die vorliegende Studie befragt sehr detailiert zu den einzelnen Verfahren und vergleicht danach eine "schulmedizinische" und eine "komplementärmedizinische" Gruppe von Therapieverfahren. Dieser Gruppenvergleich läßt komplementäre Verfahren in der Bewertung etwas schlechter abschneiden als klassische Verfahren. Dieses Ergebnis ist auf den ersten Blick für naturheilkundlich Interessierte erstaunlich, wie kommt es zustande? In der Gruppierung wurden die besonders wirksamen klassischen Naturheilverfahren Klimatherapie und Ernahrungstherapie sowie die Psychotherapie zu der Gruppe Schulmedizin gezählt, da sie allgemein anerkannt und erstattungsfähig sind. Es lohnt sich also die Auswertung dieser interessanten Untersuchung genau durchzulesen! 
Besonders für Therapeuten und Patienten interessant ist die Frage, welche Erfolge eine integrative, ganzheitliche Behandlung hätte, die Klimatherapie, Ernährungstherapie, Psychosomatik und andere in synergistischer Weise mit einander verbindet. In diese Richtung sollte weiter geforscht werden! [IJBH
Vorwort
Inhalt
A:   Einführung (1-7)
B:   Atopische Dermatitis bei Erwachsenen (1)
B:   Atopische Dermatitis bei Kindern (2)
C:   Psoriasis (1-3)
D:   Literatur
E:   Anhang (1. Teil)
       Anhang (2. Teil)

  B:  2. Atopische Dermatitis bei Kindern (Fortsetzung)
 
2.1 Material und Methode  
2.1.1 Durchführung der Befragung  
2.1.2 Untersuchungspopulation 
2.2 Erkrankungsbezogene Patientencharakteristika  
2.3 Therapiespektrum bzw. Vielfalt der angewendeten Therapien    
2.3.1 Anzahl angewendeter unterschiedlicher Behandlungsverfahren   
2.3.1.1 Determinanten der Behandlungsvielfalt 
2.3.2 Therapiespektrum  
2.3.3 Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren    
 
2.3.4 Determinanten der Inanspruchnahme einzelner Therapiemaßnahmen  
2.4 Bewertung der Therapien  
2.4.1 Kurzfristige Wirkung  
2.4.2 Längerfristige Wirkung  
2.4.3 Nebenwirkungen und Beeinträchtigung durch Therapieverfahren  
2.4.4 Erfolg der Therapieverfahren  
2.4.5 Beziehungen zwischen patientenseitigen Dimensionen der Therapiebewertung  
2.5 Diskussion
 
2.3 Therapiespektrum bzw. Vielfalt der angewendeten Therapien

2.3.1 Anzahl angewendeter unterschiedlicher Behandlungsverfahren

Die Eltern wurden im Zusammenhang mit insgesamt 27 Therapien und Behandlungsmaßnahmen gefragt, ob ihr Kind diese Maßnahmen vor 1996, zwischen Januar und September 1996 sowie zum Befragungszeitpunkt (Oktober 1996) angewendet hat. Darüber hinaus konnten Angaben zu weiteren, nicht vorgegebenen Therapien gemacht werden.

Zunächst wurde wiederum analysiert, wie viele Therapiemaßnahmen von den Kindern "jemals" bzw. zu den verschiedenen Zeitpunkten angewendet wurden (vgl. Tabelle 15).

Anzumerken ist dabei, daß die Anzahl jemals angewendeter unterschiedlicher Therapien in der vorliegenden Untersuchung unterschätzt wird, da bei einer Reihe von therapeutischen Maßnahmen nur die Anwendung bestimmter Substanz- bzw. Therapiegruppen erhoben wurde und eine weitergehende Differenzierung (z.B. nach einzelnen Maßnahmen innerhalb einer Gruppe) aus Praktikabilitätsgründen unterbleiben mußte. Die Angaben zur Anzahl der jemals in Anspruch genommenen Behandlungsverfahren gibt daher eher erste Hinweise auf die Behandlungsvielfalt bzw. die Breite des Therapiespektrums.

Tabelle 15: Anzahl angewendeter unterschiedlicher Behandlungsverfahren bei atopischer Dermatitis (n = 171)
Anzahl 
Mittelwert / Median
(Minimum - Maximum)
Anwendung jemals 

0 - 3 Behandlungsverfahren 
4 -10 Behandlungsverfahren 
Mehr als 10 Behandlungsverfahren 

6,4 / 6
n = 36
n = 116
n = 19
(1 - 27)
21,1%
67,7%
11,1%
Anwendung vor 1996
5,8 / 5
(0 - 28)
Anwendung zwischen Januar und September 1996 
3,4 / 3
(0 - 17)
Anwendung im Oktober 1996  
(Befragungszeitpunkt) 
1,6 / 1
(0 - 8)
Erwartungsgemäß experimentieren auch bereits Kinder mit atopischer Dermatitis bzw. deren Eltern im Verlauf der Erkrankung mit verschiedensten Verfahren. So beträgt die Anzahl der jemals angewendeten Therapien im Durchschnitt 6,4 und liegt damit nur unwesentlich unter der der Erwachsenenpopulation (7,3 Therapien). Am häufigsten wird von den befragten Eltern angegeben, daß ihr Kind zwischen vier und zehn verschiedene Behandlungsmaßnahmen getestet bzw. angewendet hat (von 67,7%).

Ein Vergleich der Mittelwerte zur Anzahl der vor 1996 angewendeten Therapien mit den entsprechenden Mittelwerten für den Zeitraum zwischen Januar und September 1996 bzw. Oktober 1996 bestätigt das bereits bei den Erwachsenen zu beobachtende Verhalten, nur einen geringen Anteil der bereits getesteten Behandlungsverfahren auch kontinuierlich oder zumindest wiederholt anzuwenden (Mittelwert "Vor 1996" = 5,8, Mittelwert "Jan.-Sept. 1996" = 3,4; Mittelwert "Oktober 1996" = 1,6).

2.3.1.1 Determinanten der Behandlungsvielfalt
Da die Ergebnisse bei der Erwachsenenstichprobe darauf hindeuten, daß die Anzahl der bislang verwendeten Therapien vor allem vor dem Hintergrund einer unterschiedlichen Dauer und Beeinträchtigung durch die atopische Dermatitis zu interpretieren sind, wurde überprüft, ob sich diese Zusammenhänge auch bei den Kindern nachweisen lassen.

In Übereinstimmung mit den Ergebnissen bei den Erwachsenen verdeutlichen die durchgeführten Subgruppenanalysen, daß die Anzahl bislang angewendeter Therapieverfahren größer ist bei Kindern, die

Erwartungsgemäß haben zudem Personen, die durchgängig häufiger verschiedene Behandlungseinrichtungen wegen ihrer Hauterkrankung in Anspruch genommen haben, vergleichsweise viele therapeutische Maßnahmen angewendet (p < 0.001).

Im folgenden werden die empirischen Befunde multivariater Analysen dargestellt und diskutiert. Mit Hilfe eines dem Datenniveau angemessenen Analyseverfahrens (logistische Regression) wurde überprüft, welche der genannten Merkmale die Anzahl der bislang angewendeten Behandlungsverfahren beeinflussen .

Da ein akzeptables Erklärungsmodell nur die Merkmale enthalten sollte, die einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Zielvariablen leisten (p < 0.05), sind Variablen wie "Alter" und "Geschlecht" nicht in dem in Tabelle 16 wiedergegebenen logistischen Regressionsmodell enthalten, d.h. sie über keinen eigenständigen, statistisch gesicherten Einfluß auf die Anzahl der Behandlungsverfahren aus.

Zur inhaltlichen Interpretation können die Odds ratios (OR) der beiden unabhängigen Variablen herangezogen werden. Einen eigenständigen Einfluß weist die Anzahl der Hautareale auf. Mit jeder zusätzlich betroffenen Hautregion erhöht sich das Verhältnis der "Anzahl von Personen mit mehr als fünf Behandlungen" zur "Anzahl von Personen mit fünf oder weniger als fünf Behandlungen" um den Faktor 1,24.

Eine weitere Determinante stellt das Merkmal "stärkste jemals aufgetretene Beeinträchtigung" dar: bei jeder um 10 Skalenpunkte höheren maximalen Beeinträchtigung erhöht sich das Verhältnis der "Anzahl von Personen mit mehr als fünf Behandlungen" zur "Anzahl von Personen mit fünf oder weniger als fünf Behandlungen" um den Faktor 1,18.

Insgesamt zeigt das Modell, daß insbesondere Kinder, die an vergleichsweise vielen Hautregionen betroffen waren oder sind und im Krankheitsverlauf zumindest zu einem Zeitpunkt bereits ein relativ hohes maximales Beeinträchtigungsniveau aufgewiesen haben, mehr Therapiemöglichkeiten genutzt haben.

Tabelle 16: Einflußfaktoren auf die Anzahl der angewendeten Therapiemaßnahmen
(logistisches Regressionsmodell, n= 176)
Kategorien 
OR
Konfidenzintervall
Abhängige Variable 

Anzahl angewendeter Therapiemaßnahmen 

bis 5 Therapien 
mehr als 5 Therapien 
Unabhängige Variablen 
Anzahl betroffener typischer  
Hautareale 

Stärkste Beeinträchtigung jemals 
(VAS-2) 

je zusätzlich betroffenes Areal 

je 10 Skalenpunkte 

1,24
1,18
(1,02 - 1,51)
(1,05 - 1,33)
Mit Ausnahme der Dauer der Hauterkrankung, die im Gegensatz zu der Erwachsenenstichprobe bei den Kindern keinen Einfluß auf die Anzahl der angewendeten Therapieverfahren hat, lassen sich damit sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Kindern die selben Einflußfaktoren identifizieren.

2.3.2 Therapiespektrum

Im folgenden sind die Häufigkeiten, mit denen einzelne Therapien und Verfahren von den Kindern angewendet worden sind, tabellarisch zusammengestellt. Die einzelnen Therapien und Behandlungsverfahren wurden dabei aus Übersichtlichkeitserwägungen bestimmten Gruppen (z.B. Präparate zur äußeren Anwendung) zugeordnet. Um einen Eindruck von der Kontinuität zu vermitteln, mit der einzelne Behandlungsmaßnahmen verwendet werden, enthält die Tabelle Angaben zur Häufigkeit insgesamt sowie zum Anteil der Kinder, die eine Therapie "nur vor 1996", "nur in 1996" oder "sowohl vor 1996 als in 1996" angewendet haben.

Neben der Häufigkeit insgesamt wird in den Spalten A bis C der Tabelle 17 der Anteil der Kinder, die eine Behandlung in einem bestimmten Zeitraum angewendet haben, bezogen auf alle Befragten ausgewiesen. Diese Angaben geben einen Hinweis auf die Prävalenz der verwendeten Therapien und Verfahren in der Untersuchungspopulation insgesamt, und in einer, wenn auch groben, zeitlichen Auflösung.

Darüber hinaus gibt Tabelle 17 Informationen zur Häufigkeit von Anwendungen einzelner Therapien im zeitlichen Verlauf, die sich ausschließlich auf die Personen beziehen, die bereits jemals mit der entsprechenden Therapie behandelt wurden (Spalten D bis F). Anhand dieser Angaben kann zumindest ansatzweise die Häufigkeit, mit der einzelne Therapien kontinuierlich oder zumindest wiederholt über einen längeren Zeitraum hinweg angewendet werden, abgeschätzt werden.

Tabelle 17: Häufigkeit einzelner Therapiemaßnahmen (n=171) (Komplementärmedizinische Verfahren "grau" unterlegt)
Anteil an allen Kindern (%)
Anteil an behandelten 
Kindern (%)
Behandlungsmaßnahme 
jemals 
angewendet 
(n) (%) 
A
nur vor 1996
B
nur in 1996
C
1996 und vorher
D
nur vor 1996
E
nur in 1996
F
1996 und vorher
Präparate zur äußeren Anwendung ... 
... die wirkstoffrei sind 
157
91,8
31,6
5,3
55,0
34,4
5,7
59,9
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
56
32,7
18,1
4,7
9,9
55,4
14,3
30,4
... mit Kortison
127
74,3
35,1
7,6
31,6
47,2
10,2
42,5
... mit Harnstoff 
87
50,9
23,4
8,8
18,7
46,0
17,2
36,8
... mit Wirkstoffen gegen Pilze 
40
23,4
13,5
2,3
7,6
57,5
10,0
32,5
... die Teer enthalten
39
22,8
16,4
2,3
4,1
71,8
10,3
17,9
Präparate zur inneren Anwendung ... 
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
43
25,0
12,3
4,1
8,8
48,8
16,3
34,9
... auf homöopathischer Basis 
45
26,3
14,0
4,7
7,6
53,3
17,8
28,9
... mit Kortison
15
8,8
5,3
0,6
2,9
60,0
6,7
33,3
... die Beruhigungsmittel enthalten 
20
11,7
7,6
2,3
1,8
65,0
20,0
15,0
... die gegen Allergien sind 
53
31,0
15,8
3,5
11,7
50,9
11,3
37,7
Vermeidung einzelner Nahrungsmittel 
83
48,5
16,4
4,7
27,5
33,7
9,6
56,6
Vegetarische Ernährung 
11
6,4
3,5
1,2
1,8
54,5
18,2
27,3
Fastenkur / Heilfasten 
3
1,8
1,2
0,6
-
66,7
33,3
-
Eine Diät
5
2,9
0,6
2,3
-
20,0
80,0
-
Entspannungstechniken /  
autogenes Training 
5
2,9
1,2
1,8
-
40,0
60,0
-
Psychotherapie
4
2,3
1,2
1,2
-
50,0
50,0
-
Aufenthalt in Regionen mit Reizklima 
84
49,1
22,8
7,6
18,7
46,4
15,5
38,1
Ölhaltige Badezusätze 
135
78,9
36,8
4,1
38,0
46,7
5,2
48,1
Bestrahlung mit ultraviolettem Licht (UV) 
20
11,7
5,8
2,3
3,5
50,0
20,0
30,0
Akupunktur 
4
2,3
1,8
0,6
-
75,0
25,0
-
Elektro-Akupunktur nach Voll 
2
1,2
1,2
-
-
100,0
-
-
Bioresonanztherapie 
9
5,3
2,3
-
2,9
44,4
-
55,6
Eigenblutbehandlung 
10
5,8
2,9
1,8
1,2
50,0
30,0
20,0
Organextrakttherapie 
2
1,2
0,6
-
0,6
50,0
-
50,0
Symbioselenkung 
6
3,5
2,9
0,6
-
83,3
16,7
-
Sauerstofftherapie 
3
1,8
1,8
-
-
100,0
-
-
Magnetfeldtherapie 
3
1,8
1,2
-
0,6
66,7
-
33,3
Bachblütentherapie 
12
7,0
3,5
1,8
1,8
50,0
25,0
25,0
 

Präparate zur äußeren Anwendung
Zu den am häufigsten bei Kindern verwendeten Therapiemaßnahmen bei atopischer Dermatitis überhaupt gehören, ebenso wie bei den Erwachsenen, Präparate zur äußeren Anwendung. Auch in dieser Altersgruppe kommt dabei wirkstoffreien Pflegecremes und -salben sowie kortisonhaltigen Externa die mit Abstand größte Bedeutung zu: 91,8% bzw. 74,3% der Kinder haben Erfahrungen mit diesen Therapieformen gemacht.

Es folgen harnstoffhaltige Salben, die von 50,9% genannt werden, sowie Präparate mit Wirkstoffen aus der Natur (32,7%).

Den geringsten Verbreitungsgrad bei Kindern mit atopischer Dermatitis haben Präparate mit Wirkstoffen gegen Pilze (Antimykotika) sowie teerhaltige Externa. Sie wurden lediglich von knapp einem Viertel der Befragten jemals angewendet.

Während in der Erwachsenengruppe sowohl wirkstoffreie als auch kortisonhaltige Externa von ca. 50% aller Befragten kontinuierlich oder wiederholt angewendet werden, wird bezogen auf die Untersuchungspopulation der Kinder insgesamt deutlich, daß ausschließlich wirkstoffreie Externa von ca. der Hälfte aller Kinder zumindest mehrfach eingesetzt werden (von 55,0%).

Auch in bezug auf die Kinder, die eine spezifische Therapie bereits angewendet haben, zeigt sich, daß die wirkstoffreien Präparate am häufigsten durchgängig oder wiederholt verwendet werden (59,9%). Relativ häufig werden auch kortisonhaltige Cremes oder Salben (42,5%) sowie harnstoffhaltige Externa nicht nur punktuell verwendet (36,8%).

Während die genannten Therapien damit von den Kindern, die bereits Erfahrungen mit der jeweiligen Behandlungsmaßnahme gemacht haben, relativ häufig als Dauer- oder zumindest Wiederholungstherapie eingesetzt werden, wird von Personen, die jemals teerhaltige Produkte angewendet haben, nur von einem geringen Teil (17,9%) eine zumidest mehrfache Anwendung angegeben.

Präparate zur inneren Anwendung
Im Vergleich zu den extern anwendbaren Behandlungen weisen die Therapien zur inneren Anwendung erwartungsgemäß eine deutlich geringere Häufigkeit in der Anwendung bei der Gesamtpopulation auf, die zwischen 8,8% (Kortison) und 31,0% (Antiallergika) liegt. Erfahrungen mit homöopathischen oder phytotherapeutischen Therapien haben jeweils ca. ein Viertel der Kinder gemacht. Die Anwendungshäufigkeit insbesondere in bezug auf kortisonhaltige Interna ist damit bei Kindern deutlich geringer als bei Erwachsenen (22,0%).

Bezogen auf die Gesamtpopulation werden, in Übereinstimmung mit den Ergebnissen bei der Erwachsenenstichprobe, bei Kindern Antiallergika am häufigsten kontinuierlich oder wiederholt angewendet (11,7%), während die anderen Interna seltener zumindest mehrfach eingesetzt werden (pflanzliche Interna: 8,8%; homöopathische Interna: 7,6%; kortisonhaltige Interna: 2,9%; Beruhigungsmittel: 1,8%).

Betrachtet man dagegen nur die Kinder, die diese Therapien bereits angewendet haben, so zeigt sich, daß der Anteil der kontinuierlichen oder wiederholten Anwender zwar auch bei dieser Bezugsgruppe bei den Antiallergika am größten ist (37,7%), darüber hinaus werden aber auch Wirkstoffe aus der Natur (34,9%), kortisonhaltige Interna (33,3%) sowie Medikamente auf homöopathischer Basis (28,9%) relativ häufig dauerhaft oder zumindest mehrfach eingesetzt. Beruhigungsmittel werden dagegen nur von 15,0% längerfristig angewendet.

Vor allem Wirkstoffe aus der Natur und homöopathische Interna werden somit von den Kindern in wesentlich ausgeprägterem Maße über einen längeren Zeitraum eingenommen als von den Erwachsenen.

Ernährung / Diät
Bei der Vermeidung einzelner Nahrungsmittel kann eigentlich nur bedingt von einer Therapie gesprochen werden, da in der Regel die bestehenden Eßgewohnheiten nicht grundlegend verändert werden und nur die Nahrungsmittel gemieden werden, die Symptome der atopischen Dermatitis auslösen bzw. verstärken. Diese Form der Beeinflussung der atopischen Dermatitis wurde von 48,5% der gesamten Kinderstichprobe jemals wahrgenommen, wobei 27,5% aller befragten Eltern angeben, daß bei ihren Kindern durchgängig der Verzehr einzelner Nahrungsmittel vermieden wird.

Im Gegensatz zur Vermeidung einzelner Nahrungsmittel spielen vegetarische Ernährung, gezielte Diäten, oder Fastenkuren bei Kindern mit atopischer Dermatitis nahezu keine Rolle. Lediglich zwischen 6,4% und 1,8% aller Kinder haben bislang überhaupt Erfahrungen mit diesen Behandlungsvarianten gemacht. Kontinuierlich oder wiederholt wird dabei nur die vegetarische Ernährung eingesetzt (von 1,8%).

Auch bei der Betrachtung ausschließlich der Personengruppe, die im Krankheitsverlauf zumindest punktuell bereits versucht hat, über die Ernährung ihre Hauterkrankung zu beeinflussen, zeigt sich, daß die Strategie der Vermeidung einzelner Nahrungsmittel nicht nur von den Erwachsenen, sondern auch von den Kindern am häufigsten durchgängig oder zumindest wiederholt verfolgt wird (Erwachsene: 44,9%; Kinder: 56,6%).

Psychotherapeutische Verfahren
Entspannungstechniken bzw. autogenes Training wurden von Kindern bislang kaum durchgeführt (2,9%). Auch in psychotherapeutischer Behandlung waren lediglich 2,3% aller Kinder. Diese Behandlungsansätze werden damit von Kindern in deutlich geringerem Maße als von den Erwachsenen eingesetzt (Entspannungstechniken/autogenes Training: 19,9%; Psychotherapie: 9,9%).

Zudem werden bei keinem Kind Entspannungstechniken/autogenes Training oder Psychotherapie kontinuierlich oder zumindest wiederholt angewendet.

Reizklima, Badezusätze, UV-Licht
Der Anteil an Personen mit mindestens einem Aufenthalt in einer Reizklimaregion im Verlauf der Erkrankung beträgt bei Kindern und Erwachsenen knapp 50% (Kinder: 49,1%; Erwachsene: 47,1%). Zu diesen Regionen gehören die Nordseeküste bzw. die Nordseeinseln, Hochgebirgsregionen und das Tote Meer.

Da es sich bei Aufenthalten in reizklimatischen Zonen in der Regel um zeitlich begrenzte Maßnahmen handelt, ist die Häufigkeit, mit der angegeben wird, daß solche Aufenthalte kontinuierlich oder wiederholt durchgeführt wurden, sowohl in bezug auf die gesamte Kinderstichprobe als auch bezogen auf die Kinder, die sich jemals im Reizklima aufgehalten haben, als vergleichsweise hoch einzustufen und liegt mit Anteilen von 18,7% bzw. 38,1% sogar noch leicht über den Werten der jeweiligen Erwachsenengruppe (14,7% bzw. 31,1%).

Die ölhaltigen Badezusätze gehören nach den wirkstoffreien Externa mit 78,9% zu den häufigsten jemals in der Gesamtkinderpopulation angewendeten therapeutischen Verfahren. Bestrahlungen mit UV-Licht wurden dagegen mit einer Häufigkeit von 11,7% unter allen Kindern im Gegensatz zur Erwachenenpopulation nur relativ selten jemals angewendet.

Komplementärmedizinische Verfahren
Von den in Tabelle 17 dargestellten 27 Therapien können 14 als komplementärmedizinische Verfahren bezeichnet werden, deren Inanspruchnahme jedoch zum Teil bereits in den entsprechenden anderen Abschnitten dieses Kapitels beschrieben wurde. Im folgenden werden daher nur die in den letzten neun Zeilen der Tabelle angeführten Behandlungsverfahren näher erläutert.

Überraschend ist, daß alle neun Therapien - ebenso wie bei den Erwachsenen - nur selten bis sehr selten in der Untersuchungspopulation angewendet wurden. Die Bachblütentherapie wurde dabei noch am häufigsten angegeben (7,0%) und wird damit ähnlich häufig wie kortisonhaltige Interna eingesetzt.

Die Akupunktur, die unter den Maßnahmen, bei denen eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen beantragt wird, eine Spitzenposition einnimmt, wurde dagegen bislang nur von 2,3% aller Kinder mit atopischer Dermatitis angewendet (Erwachsene: 7,3%).

Die Häufigkeit, mit der die übrigen Therapien genannt werden liegt zwischen 5,8% (Eigenblutbehandlung) und 1,2% (Organextrakttherapie, Elektroakupunktur) und ist damit durchweg sehr gering.

Da zumindest einzelne der Verfahren (z.B. Akupunktur), ähnlich wie "Aufenthalte im Reizklima" oder "Heilfasten", als zeitlich begrenzte, tendenziell einmalig bzw. im Rahmen mehrerer Sitzungen durchzuführende Maßnahmen zu verstehen sind, scheint es plausibel, daß bei diesen Therapien praktisch keine kontinuierlichen oder wiederholten Anwendungen beobachtet werden können.

Relativ häufig wird dagegen von den Kindern, die im Verlauf ihrer Erkrankung bereits Erfahrungen mit der Bioresonanztherapie gemacht haben, die Therapie durchgängig oder zumindest mehrfach über einen längeren Zeitraum eingesetzt (55,6% bzw. 5 von 9 Personen).

Die Angaben zur "Kontinuität", mit der einzelne komplementärmedizinische Therapien angewendet werden, sollten allerdings angesichts der geringen Häufigkeit, mit der die meisten dieser Maßnahmen bislang durchgeführt wurden, sehr zurückhaltend interpretiert werden.

Zusammenfassung - Therapiespektrum
Zusammenfassend läßt sich in bezug auf die Häufigkeit, mit der einzelne Verfahren in der Gesamtkindergruppe mit atopischer Dermatitis jemals angewendet wurden, festhalten, daß Zur Prävalenz kontinuierlich oder zumindest wiederholt eingesetzter Therapien in der Untersuchungspopulation ist festzustellen, daß vor allem wirkstoffreie Externa sowie in abgeschwächterem Maße ölhaltige Badezusätze und kortisonhaltige Externa zumindest mehrfach eingesetzt werden.

Auswertungen, die sich ausschließlich auf die Kinder beziehen, bei denen eine bestimmte Therapie im Krankheitsverlauf bereits eingesetzt wurde, verdeutlichen, daß in erster Linie Präparate zur äußeren Anwendung (wirkstoffreie, kortison- und harnstoffhaltige Externa), Antiallergika, ölhaltige Badezusätze, Aufenthalte in Regionen mit Reizklima sowie eine Vermeidung einzelner Nahrungsmittel nicht nur punktuell verwendet werden.

Zu den Therapien, die eher selten kontinuierlich oder wiederholt angewendet werden, zählen dagegen neben Beruhigungmitteln, teerhaltigen Externa, Diäten, Entspannungstechniken und Psychotherapien auch verschiedene komplementärmedizinische Verfahren (Fastenkuren, Akupunktur, Elektro-Akupunktur nach Voll, Eigenblutbehandlung, Symbioselenkung, Sauerstofftherapie, Bachblütentherapie), wobei hier allerdings zu berücksichtigen ist, daß bei einigen Therapien keine kontinuierliche Therapie erwartet werden kann (z.B. Akupunktur).

2.3.3 Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren

Eine tiefergehende Analyse des Inanspruchnahmeverhaltens komplementärmedizinischer Verfahren bezog sich insbesondere auf folgende Fragen:
  1. Wie viele komplementärmedizinische Verfahren haben die Kinder mit atopischer Dermatitis angewendet?
  2. Werden komplementärmedizinische Verfahren ergänzend zu schulmedizinisch medikamentösen Therapieangeboten eingesetzt?
  3. Gibt es Unterschiede zwischen Kindern, die komplementärmedizinische Verfahren anwenden und solchen Kindern, die ausschließlich schulmedizinisch medikamentöse Verfahren in Anspruch nehmen?
In Übereinstimmung mit den Ergebnissen bei den Erwachsenen führen die Auswertungen zu folgenden Resultaten:

Zwar hat mehr als die Hälfte der Kinder (57,3%) im Verlauf der Hauterkrankung komplementärmedizinische Verfahren angewendet, dennoch ist auch hier die Anzahl der durchschnittlich jemals angewendeten komplementärmedizinischen Verfahren mit 1,2 Verfahren pro Kind in der Untersuchungspopulation sehr gering.

Kinder, die komplementärmedizinische Therapien angewendet haben, verfügen dagegen in der Regel über Erfahrungen mit mehreren komplementärmedizinischen Therapien (im Durchschnitt 2,1 Maximum: 13).

Außerdem zeigt sich, daß Kinder, die jemals komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben, auch bereits mehr schulmedizinisch medikamentöse Verfahren eingesetzt haben als Kinder, die bislang keine Erfahrungen mit komplementärmedizinischen Verfahren gemacht haben (vgl. Tabelle 18).

Die vorliegenden Daten legen zudem den Schluß nahe, daß komplementärmedizinische Verfahren von der überwiegenden Mehrheit der Kinder, wenn überhaupt, zusätzlich zu schulmedizinisch medikamentösen Therapien angewendet wurden.

Tabelle 18: Inanspruchnahme komplementärmedizinischer und/oder schulmedizinisch medikamentöser Verfahren (n = 171)
Kinder, die ... 
(n)
(%)
A ... nur komplementärmedizinische Maßnahmen angewendet haben 
5
2,9
B ... nur schulmedizinisch medikamentöse Therapien angewendet haben 
65
38,0
C ... sowohl schulmedizinisch medikamentöse als auch  
komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben 
93
54,4
D ... weder schulmedizinisch medikamentöse noch 
komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben 
8
4,7
Anzahl der schulmedizinisch medikamentösen Verfahren bei Patienten, 
B ... die nur schulmedizinisch medikamentöse Therapien angewendet haben  1,7
C ... die sowohl schulmedizinisch medikamentöse als auch  
komplementärmedizinische Verfahren angewendet haben 
2,9***
*** p < 0.01

Die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren kann daher vermutlich vor allem vor dem Hintergrund einer unterschiedlichen Erkrankungsschwere interpretiert werden.

Subgruppenanalysen verdeutlichen denn auch, daß komplementärmedizinische Maßnahmen insbesondere von Patienten eingesetzt wurden, die

D.h. die Unterschiede, die bereits in der Analyse zur "Inanspruchnahme therapeutischer Verfahren insgesamt" gezeigt werden konnten, können auch im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren belegt werden.

Darüber hinausgehend zeigt sich in der bivariaten Überprüfung, daß insbesondere bei Mädchen häufiger komplementärmedizinische Verfahren eingesetzt werden als bei Jungen (p < 0,05).

Unter der Zielsetzung, relevante Einflußfaktoren auf die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren zu identifizieren, wurden die Merkmale, die sich in zuvor durchgeführten bivariaten Analysen als relevant erwiesen haben, in die multivariaten Modellberechnungen einbezogen ("Alter", "Dauer der Hauterkrankung", "stärkste Beeinträchtigung jemals (VAS-2)", "Anzahl betroffener Hautareale", "Geschlecht").

Tabelle 19: Einflußfaktoren auf die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer
Verfahren (logistisches Regressionsmodell, n = 184)
Kategorien
OR
Konfidenzintervall
Abhängige Variable 

Inanspruchnahme komplementär- 
medizinischer Verfahren 

Ja 
Nein
Unabhängige Variablen 
Geschlecht 

Anzahl betroffener typischer Hautareale 

Männliche = 0+ 
Weiblich = 1 

je zusätzlich 
betroffenes Areal 

2,18
1,32
(1,15 - 4,14)
(1,13 - 1,43)
+ Referenzkategorie

Im endgültigen Modell (vgl. Tabelle 19) sind nur noch die Variablen enthalten, die einen eigenständigen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren leisten. Dabei handelt es sich um die Merkmale "Geschlecht" und "Anzahl betroffener Hautareale".

Das berechnete Modell ist dabei wie folgt zu interpretieren:

Zusammenfassend bleibt zur Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren festzuhalten, daß
weiter
 

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