Die Bewertung therapeutischer Maßnahmen bei atopischer Dermatitis und Psoriasis
 aus der Perspektive der Patienten unter Berücksichtigung komplementärmedizinischer Verfahren
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Autor: Bitzer EM, Grobe TG, Dörning H 
Keywords: Atopische Dermatitis, Psoriasis, Komplementärmedizin, Therapieverfahren, Studie, Neurodermitis
Abstract: Therapeutische Maßnahmen bei atopischer Dermatitis bei Kindern bzw. Erwachsenen und bei Psoriasis wurden in einer Studie mit Fragebögen untersucht. Patienten wurden retrospektiv zu den in Anspruch genommenen Therapieverfahren befragt sowie zu dem subjektiv wahrgenommenen kurzfristigen und langfristigen Nutzen der Behandlungen. Es wurden eine Reihe schulmedizinischer, naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Therapiemethoden ausgewertet und miteinander verglichen. Die Untersuchung wurde im Auftrag der GEK vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsforschung (ISEG) durchgeführt.
Copyright: Copyright der Texte: Gmünder ErsatzKasse GEK  
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Comment:
Die vorliegende Studie befragt sehr detailiert zu den einzelnen Verfahren und vergleicht danach eine "schulmedizinische" und eine "komplementärmedizinische" Gruppe von Therapieverfahren. Dieser Gruppenvergleich läßt komplementäre Verfahren in der Bewertung etwas schlechter abschneiden als klassische Verfahren. Dieses Ergebnis ist auf den ersten Blick für naturheilkundlich Interessierte erstaunlich, wie kommt es zustande? In der Gruppierung wurden die besonders wirksamen klassischen Naturheilverfahren Klimatherapie und Ernahrungstherapie sowie die Psychotherapie zu der Gruppe Schulmedizin gezählt, da sie allgemein anerkannt und erstattungsfähig sind. Es lohnt sich also die Auswertung dieser interessanten Untersuchung genau durchzulesen! 
Besonders für Therapeuten und Patienten interessant ist die Frage, welche Erfolge eine integrative, ganzheitliche Behandlung hätte, die Klimatherapie, Ernährungstherapie, Psychosomatik und andere in synergistischer Weise mit einander verbindet. In diese Richtung sollte weiter geforscht werden! [IJBH
Vorwort
Inhalt
A:   Einführung (1-7)
B:   Atopische Dermatitis bei Erwachsenen (1)
B:   Atopische Dermatitis bei Kindern (2)
C:   Psoriasis (1-3)
D:   Literatur
E:   Anhang (1. Teil)
       Anhang (2. Teil)

  B:  2. Atopische Dermatitis bei Kindern
 
2.1 Material und Methode  
2.1.1 Durchführung der Befragung   
2.1.2 Untersuchungspopulation  
2.2 Erkrankungsbezogene Patientencharakteristika   
2.3 Therapiespektrum bzw. Vielfalt der angewendeten Therapien  
2.3.1 Anzahl angewendeter unterschiedlicher Behandlungsverfahren  
2.3.2 Therapiespektrum 
2.3.3 Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Verfahren  
 
2.3.4 Determinanten der Inanspruchnahme einzelner Therapiemaßnahmen   
2.4 Bewertung der Therapien   
2.4.1 Kurzfristige Wirkung   
2.4.2 Längerfristige Wirkung   
2.4.3 Nebenwirkungen und Beeinträchtigung durch Therapieverfahren   
2.4.4 Erfolg der Therapieverfahren  
2.4.5 Beziehungen zwischen patientenseitigen Dimensionen der Therapiebewertung   
2.5 Diskussion
 
 
2.3.4 Determinanten der Inanspruchnahme einzelner
Therapiemaßnahmen

In einem letzten Schritt wurde auch in bezug auf die Kinderstichprobe versucht, auf der Ebene einzelner Therapien und Verfahren relevante Einflußfaktoren auf die Inanspruchnahme zu identifizieren. Dazu wurden zunächst für die Therapien, zu denen von mindestens 10 Befragten Angaben zur Anwendung vorlagen, bivariat überprüft, inwiefern Patienten mit einem höheren Schweregrad der atopischen Dermatitis einzelne Therapien häufiger anwenden als Patienten mit einem geringeren Schweregrad. Als Indikatoren für den Schweregrad wurden dabei jeweils die Merkmale "Dauer der Hauterkrankung", "Anzahl Hautstellen" und "stärkste Beeinträchtigung jemals (VAS-2)" verwendet. Die Inanspruchnahme (abhängige Variable: Therapie angewendet: "ja" / "nein") wurde jeweils in Abhängigkeit von der Ausprägung eines der Merkmale auf statistisch signifikante Differenzen überprüft.

In Tabelle 20 sind die Ergebnisse dieser Überprüfung dargestellt, wobei jeweils angegeben wird, ob es statistisch signifikante Unterschiede zwischen Anwendern und Nichtanwendern einzelner Therapien in bezug auf die genannten Merkmale gibt.

In Übereinstimmung mit den Ergebnissen bei den Erwachsenen belegen die Datenauswertungen dabei durchgängig, daß bei nachweisbaren Differenzen im Inanspruchnahmeverhalten ein ausgeprägtes Krankheitsbild, d.h. eine bereits länger andauernde Hauterkrankung, eine große Anzahl betroffener Hautstellen sowie eine hohe maximale Beeinträchtigung im Verlauf der Krankheit, mit einer verstärkten Inanspruchnahme der einzelnen Therapien verbunden ist.

Tabelle 20: Indikatoren des Schweregrads als Determinanten der Inanspruchnahme
einzelner Therapieverfahren (n > 10)
Inanspruchnahme von ... 
Dauer der
Hauterkrankung
Anzahl
Hautareale
VAS-2
Präparaten zur äußeren Anwendung ... 
... die wirkstoffrei sind 
n.s.
n.s.
n.s.
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
n.s.
n.s.
n.s.
... mit Kortison
**
n.s.
*
... mit Harnstoff 
n.s.
n.s.
n.s.
... mit Wirkstoffen gegen Pilze 
n.s.
n.s.
n.s.
... die Teer enthalten
**
*
**
Präparaten zur inneren Anwendung ... 
... mit Wirkstoffen aus der Natur 
n.s.
**
***
... auf homöopathischer Basis 
n.s.
**
**
... mit Kortison
n.s.
n.s.
n.s.
... die Beruhigungsmittel enthalten 
n.s.
*
**
... die gegen Allergien sind 
n.s.
n.s.
**
Vermeidung einzelner Nahrungsmittel 
n.s.
**
**
Aufenthalt in Regionen mit Reizklima 
n.s.
**
**
ölhaltiger Badezusätze 
n.s.
**
n.s.
Bestrahlung mit UV-Licht 
*
n.s.
n.s.
Eigenblutbehandlung
n.s.
n.s.
n.s.
Bachblütentherapien 
n.s.
n.s.
n.s.
* p < 0.05; ** p < 0.01; p < 0.001

2.4 Bewertung der Therapien

Analog der Erwachsenenpopulation wurden auch die Eltern im Zusammenhang mit den bei ihren Kindern jemals verwendeten Therapien um eine Einschätzung der kurz- und langfristigen Wirkung, der durch die Therapien hervorgerufenen Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen sowie des Erfolges der Therapien insgesamt gebeten. Die elternseitige Evaluation erfolgte dabei jeweils für jede bislang angewendete Therapie.

Die Einschätzung erfolgte wiederum anhand von vier Kategorien, die beispielsweise bezogen auf die kurzfristige Wirkung "gar keine kurzfristige Wirkung", "kaum eine kurzfristige Wirkung", "mäßige kurzfristige Wirkung" und "starke kurzfristige Wirkung" lauteten. Bei den folgenden Auswertungen wurden nur solche Therapien berücksichtigt, zu denen von mindestens 10 Patienten Angaben zur Bewertung vorlagen.

2.4.1 Kurzfristige Wirkung

In Abbildung 8 ist die Einschätzung der kurzfristigen Wirkung für jede der berücksichtigen Therapien grafisch dargestellt. Angegeben wird jeweils der Anteil der vier Bewertungsmöglichkeiten in bezug auf die Kinder, die eine Therapie bereits angewendet haben.
Präparate zur äußeren Anwendung
Von den Präparaten zur äußeren Anwendung weisen - wie bei den Erwachsenen - insbesondere kortisonhaltige Externa die größte kurzfristige Wirkung auf (Anteil kurzfristige Wirkung "stark": 81,0%). Addiert man die Angaben zu starker und mäßiger kurzfristigen Wirkung, bescheinigen sogar 95,0% der Eltern, deren Kinder bereits kortisonhaltige Externa angewendet haben, ein ausgeprägte kurzfristige Wirkung dieser Präparate.

Relativ häufig wird auch die kurzfristige Wirkung von Antimykotika als stark bezeichnet (35,3%). Bezogen auf die Kategorien "stark" und "mäßige" kurzfristige Wirkung bewerten mehr als die Hälfte der befragten Eltern Externa mit Wirkstoffen gegen Pilze als wirkungsvoll (58,8%).

Den übrigen Präparaten zur äußeren Anwendung (harnstoff- und teerhaltige Externa, wirkstoffreie Cremes oder Salben, Externa mit Wirkstoffen aus der Natur) wird ebenfalls relativ häufig eine zumindest mäßige kurzfristige Wirkung zugesprochen (zwischen 58,0% und 48,6%).


Abbildung 8: Kurzfristige Wirkung einzelner Therapieverfahren (n >= 10)
 

Präparate zur inneren Anwendung
Auch bei den Präparaten zur inneren Anwendung ist es das Kortison, dem mit Abstand die positivste kurzfristige Wirkung zugebilligt wird. 90,0% der befragten Eltern geben eine starke oder mäßige kurzfristige Wirkung an ("stark": 50,0%; "mäßig": 40,0%).

Die zweitbeste kurzfristige Wirkung weisen die Antiallergika auf, gut zwei Drittel (70,7%) der Eltern bescheinigen eine zumindest mäßige kurzfristige Wirkung ("stark": 26,8%; "mäßig": 43,9%).

Jeweils über 40% beurteilen Homöopathika, Beruhigungsmittel und phytotherapeutischen Maßnahmen als mäßig bis stark wirksam (Homöopathika: 45,2%; Beruhigungsmittel: 41,2%; Wirkstoffe aus der Natur: 41,2%).

Mit Ausnahme der phytotherapeutischen Maßnahmen entspricht die Einschätzung der kurzfristigen Wirkung durch Eltern, bei deren Kindern die kontrollierten Therapien bereits eingesetzt wurden, auch der Beurteilung durch die befragten erwachsene Anwender. Allerdings schätzt die Erwachsenenstichprobe die kurzfristige Wirkung sowohl der phytotherapeutischen Interna als auch der Externa deutlich schlechter ein (z.B. Interna: "stark" oder "mäßige" kurzfristige Wirkung 27,7%).

Ernährung
Der Beeinflussung der atopischen Dermatitis durch eine Vermeidung einzelner Nahrungsmittel wird von den befragten Eltern eine ausgeprägte kurzfristige Wirkung zugesprochen. Als eine Verhaltensweise mit starker oder mäßiger kurzfristiger Wirkung auf die Hauterkrankung wird sie von insgesamt 72,4% angesehen ("stark": 36,8%; "mäßig": 35,6%).
Andere Therapieformen
Unter den anderen Therapieformen sind "Aufenthalte im Reizklima", "Eigenblutbehandlung" und "ölhaltige Badezusätze" die Maßnahmen, bei denen mehr als die Hälfte der Befragten die kurzfristige Wirkung als mäßig bzw. stark bezeichnen (Aufenthalte im Reizklima: 75,3%; Eigenblutbehandlung: 72,8%; ölhaltige Badezusätze: 62,0%). Der Anteil von befragten Eltern, die bei diesen drei Therapien eine starke kurzfristige Wirkung konstatieren, ist dabei bei der Maßnahme "Aufenthalte im Reizklima" am höchsten.

Die kurzfristige Wirkung der Bestrahlung mit UV-Licht wird von 43,8% der Befragten als "mäßig" oder "stark" bezeichnet und liegt damit um ca. 8 Prozentpunkte über der kurzfristigen Wirkung der Bachblütentherapie (35,7%).

2.4.2 Längerfristige Wirkung

In Abbildung 9 ist die elternseitige Einschätzung der längerfristigen Wirkung für jede der berücksichtigen Therapien grafisch dargestellt. Angegeben wird jeweils der Anteil der vier Bewertungsmöglichkeiten in bezug auf die Kinder, die eine Therapie bereits angewendet haben.

Zwar zeigen sich Unterschiede zwischen der Einschätzung kurz- und längerfristiger Wirkung einzelner Maßnahmen, dennoch weisen die Medikamente oder Verfahren innerhalb der einzelnen Gruppen ein im Vergleich zur kurzfristigen Wirkung zumindest teilweise sehr ähnliches Profil auf.


Abbildung 9: Längerfristige Wirkung einzelner Therapieverfahren (n >= 10)
 

Präparate zur äußeren Anwendung
Auch in bezug auf die längerfristige Wirkung und analog der Ergebnisse bei der Erwachsenenpopulation werden kortisonhaltige Externa unter den Präparaten zur äußeren Anwendung am besten beurteilt: 42,1% der Eltern geben eine starke längerfristige Verbesserung an und weitere 29,5% schätzen die längerfristige Wirkung immerhin als mäßig ein. Allerdings wird auch in der Kindergruppe die längerfristige Wirkung kortisonhaltiger Externa deutlich geringer eingeschätzt als deren kurzfristige Wirkung.

Ähnlich wie bei der Beurteilung der kurzfristigen Wirkung, liegen auch bei der Bewertung längerfristiger Wirkungen Antimykotika und harnstoffhaltige Externa an zweiter bzw. dritter Position, was die Beurteilung der längerfristigen Wirkung anbelangt (Antimykotika: 59,3% "stark"/"mäßig; harnstoffhaltige Externa: 52,0% "stark"/"mäßig").

Bei wirkstoffreien Präparaten und Externa mit pflanzlichen Wirkstoffen entspricht der längerfristige Erfolg, der in etwa auf dem gleichen Niveau wie bei den harnstoffhaltigen Externa angesiedelt ist (48,4% bzw. 47,9%), nahezu der Einschätzung der kurzfristigen Wirksamkeit (49,6% bzw. 50,0%).

Lediglich bei teerhaltigen Präparaten wird die längerfristige Wirksamkeit um gut 9 Prozentpunkte geringer bewertet als die kurzfristige Wirkung (längerfristig: 39,4% "stark"/"mäßig"; kurzfristig: 48,6% "stark"/"mäßig").

Präparate zur inneren Anwendung
Unter den Präparaten zur inneren Anwendung wird Kortison und seinen Derivaten auch im Zusammenhang mit der Einschätzung der längerfristigen Wirkung die verhältnismäßig höchste Wirksamkeit zugeschrieben ("stark"/"mäßig": 75,0%). Ebenso wie in der Erwachsenenpopulation ist der Abstand zu anderen Präparaten aus dieser Gruppe allerdings nicht mehr ganz so deutlich wie in bezug auf die kurzfristige Wirkung.

So werden Arzneimittel auf pflanzlicher Basis von 67,6% und Antiallergika von 54,1% der Befragten als längerfristig mäßig bis stark wirksam bezeichnet. Und auch homöopathische Medikamente werden noch von 41,5% der befragten Eltern als mäßig bis stark längerfristig wirksam eingeschätzt.

Ein Vergleich zwischen kurz- und längerfristiger Wirkung bei diesen Therapeutika zeigt plausible Unterschiede: so wird bei den Antiallergika die längerfristige Wirkung schwächer als die kurzfristige Wirkung eingeschätzt, während bei Phytotherapeutika die längerfristige Wirkung besser beurteilt wird.

Ernährung
Obwohl der Strategie der Vermeidung einzelner Nahrungsmittel bereits eine ausgeprägte kurzfristige Wirkung bescheinigt wurde, überwiegt, in Übereinstimmung mit den Ergebnissen bei den Erwachsenen, die längerfristige Wirkung im Vergleich zur kurzfristigen Wirkung. So konstatieren 81,3% der Eltern eine mäßige bis starke längerfristige Wirkung auf die Hautsymptome, während die kurzfristige Wirkung von 72,4% positiv bewertet wurde.
Andere Therapieformen
Unter den anderen Therapieformen wird dem Aufenthalt im Reizklima neben der Eigenblutbehandlung und den ölhaltigen Badezusätzen die höchste längerfristige Wirkung bescheinigt (starke oder mäßige Wirkung: Aufenthalt im Reizklima: 69,7%; Eigenblutbehandlung: 66,7%; ölhaltige Badezusätze: 63,4%). Während aus Sicht der Eltern ölhaltige Badezusätze kurz- und längerfristig in etwa die gleiche Wirkung haben, wird die längerfristige Wirkung von Aufenthalten im Reizklima sowie von Eigenblutbehandlungen tendenziell etwas geringer als die kurzfristige Wirksamkeit eingeschätzt.

Die längerfristige Wirkung der Bestrahlung mit UV-Licht und der Bachblütentherapie werden dagegen positiver als die kurzfristige Wirksamkeit bewertet (Bestrahlung mit UV-Licht: 43,8% kurzfristig, 50,0% längerfristig; Bachblütentherapie: 35,7% kurzfristig, 41,6% längerfristig).

2.4.3 Nebenwirkungen und Beeinträchtigung durch Therapieverfahren

In Abbildung 10 ist die patientenseitige Einschätzung der Nebenwirkungen von bzw. der Beeinträchtigung durch die einzelnen berücksichtigen Therapien grafisch dargestellt. Angeben wird jeweils der Anteil der vier Bewertungsmöglichkeiten in bezug auf die Patienten, die eine Therapie bereits angewendet haben.

Die grafische Darstellung der patientenseitigen Einschätzung verdeutlicht zunächst, daß im Zusammenhang mit einzelnen Therapien aufgetretene Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen im Vergleich zur kurz- oder langfristigen Wirkung durchgängig seltener als "stark" oder "mäßig" bezeichnet werden.

Das höchste Nebenwirkungs- bzw. Beeinträchtigungspotential ("starke"/"mäßige" Nebenwirkungen/Beeinträchtigungen) konstatieren die Eltern der Kinder, die diese Medikamente bereits angewendet haben, bei den teerhaltigen Externa sowie kortisonhaltigen Interna und Externa (zwischen 27,8% und 27,1%).

Vergleichsweise hohe Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen sind darüber hinaus mit der Einnahme von Beruhigungsmitteln ("starke"/"mäßige" NW: 22,2%) und Antiallergika (20,5%) verbunden.

Therapien und Verfahren, bei denen jeweils zwischen 10% und 20% der befragten Eltern über eher ausgeprägte Beeinträchtigungen oder Nebenwirkungen berichten, sind harnstoffhaltige Externa (13,7%), Bestrahlung mit UV-Licht (13,4%) und die Vermeidung einzelner Nahrungsmittel (11,6%).

Abbildung 10: Nebenwirkungen von und Beeinträchtigungen durch
einzelne Therapieverfahren (n >= 10)

Bei neun der berücksichtigten Therapien schätzen jeweils weniger als 10% der Eltern, deren Kinder eine der Behandlungsmaßnahmen angewendet haben, die aufgetretenen Nebenwirkungen bzw. Beeinträchtigungen als mäßig oder stark ein. Dazu gehören die ölhaltigen Badezusätze (9,1%), Präparate auf pflanzlicher Basis zur inneren Anwendung (8,6%), Aufenthalte im Reizklima (7,7%), die Bachblütentherapie (7,7%), die Homöopathika (4,8%), die wirkstoffreien Externa (4,5%), Externa mit Wirkstoffen aus der Natur (4,2%) die Antimykotika (3,3%) sowie die Eigenblutbehandlung (0,0%).

Im Vergleich zu den Ergebnissen bei der Erwachsenenstichprobe erscheint insbesondere auffällig, daß die Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen bei verschiedenen Präparaten, wie kortisonhaltigen Interna und Externa, Beruhigungsmitteln und Antiallergika zum Teil wesentlich geringer eingeschätzt werden.

2.4.4 Erfolg der Therapieverfahren

In Abbildung 11 ist die elternseitige Einschätzung des Erfolges spezifischer Maßnahmen insgesamt für jede der berücksichtigten Therapien grafisch dargestellt. Angegeben wird jeweils der Anteil der vier Bewertungsmöglichkeiten in bezug auf die Kinder, die eine Therapie bereits angewendet haben.

Abbildung 11: Erfolg einzelner Therapieverfahren insgesamt (n >= 10)

Bei den Präparaten zur äußeren Anwendung sind es insbesondere die kortisonhaltigen Externa, die insgesamt als am erfolgreichsten eingeschätzt werden ("groß"/"mäßig": von 61,3%). Es folgen die Antimykotika: 43,8% der Eltern beurteilen den Erfolg dieser Therapie insgesamt als groß oder zumindest mäßig.

Unter den Präparaten zur inneren Anwendung sind die phytotherapeutischen Interna die einzige Maßnahme, die von mehr als der Hälfte der Eltern erfolgreich bewertet wurden (58,8%). Die kortisonhaltigen Interna, die Präparate zu inneren Anwendung mit der höchsten kurz- und längerfristigen Wirkung, werden dagegen, vermutlich aufgrund der relativ starken Nebenwirkungen, nur von 44,4% als erfolgreich eingestuft.

Unter den anderen Therapieformen zeichnen sich besonders die Eigenblutbehandlung, die Vermeidung einzelner Nahrungsmittel sowie Aufenthalte im Reizklima als erfolgreiche Maßnahmen aus. Zwischen 77,8% und 64,8% der Eltern, deren Kind eine dieser Therapieformen angewendet haben, schätzen den Erfolg der Maßnahme als "mäßig" oder "groß" ein.

Darüber hinaus wird aus Abbildung 11 ersichtlich, daß abgesehen von den Beruhigungsmitteln, die lediglich von 17,6% als erfolgreich bezeichnet werden, auch alle anderen Therapieverfahren noch von mindestens 30% der Eltern positiv hinsichtlich des Erfolges bewertet wurden. D.h. nur eine der Therapien, die von mindestens 10 Befragten bislang angewendet wurde, ist nach Ansicht der Patienten mit atopischer Dermatitis nahezu völlig erfolglos.

Es wird allerdings auch deutlich, daß - teilweise in Abweichung von den Ergebnissen bei der Erwachsenenstichprobe - von den Eltern insbesondere die Maßnahmen als besonders erfolgreich bezeichnet werden, die nicht nur in bezug auf die kurz- und längerfristige Wirkung, sondern auch hinsichtlich der Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen überdurchschnittlich positiv bewertet wurden.

2.4.5 Beziehungen zwischen patientenseitigen Dimensionen
der Therapiebewertung

Um die Aussagen zu den Beziehungen zwischen den einzelnen Beurteilungsdimensionen "kurz-" und "längerfristige Wirkung", "Nebenwirkungen und Beeinträchtigungen" und "Erfolg insgesamt" zu überprüfen, wurde für alle untersuchten Behandlungsmaßnahmen, die von mindestens 10 Befragten bislang angewendet wurden, bivariat untersucht, inwiefern jeweils zwei der vier Dimensionen miteinander in Beziehung stehen.

Dabei fanden sich bei den 17 untersuchten Therapieformen, bei denen von mehr als 10 Patienten Angaben zur Bewertung vorlagen, insgesamt sehr konsistente Beziehungen, die sich im wesentlichen wie folgt charakterisieren lassen:

In der Regel lassen sich statistisch hoch signifikante positive Zusammenhänge zwischen der kurz- und längerfristigen Wirkung, der kurzfristigen Wirkung und der Erfolgsbewertung sowie der längerfristigen Wirkung und der Erfolgsbewertung nachweisen (Ausnahmen vgl. Tabelle 21).

Aufgrund des verglichen mit den Ergebnissen bei den Erwachsenen zum Teil deutlich geringeren Anteils an Kindern mit starken oder mäßigen Nebenwirkungen bzw. Beeinträchtigungen bei verschiedenen Präparaten und der dadurch bedingten extrem niedrigen Fallzahlen in dieser Gruppe, war eine Berechnung der Beziehungen zwischen der Einschätzung der Nebenwirkungen/Beeinträchtigungen und der kurzfristigen Wirkung, der längerfristigen Wirkung sowie der Erfolgsbewertung nicht möglich.

Tabelle 21: Beziehungen zwischen patientenseitigen Dimensionen
der Therapiebewertung
Zusammenhang
p < 0.01
p < 0.05
n.s.
je höher die kurzfristige  
Wirkung, desto höher die  
längerfristige Wirkung 
alle Therapieformen (n>10) mit Ausnahme: 

kortisonhaltige Externa  
und Interna  
phytotherapeutische Interna 
Beruhigungsmittel 

-
kortisonhaltige  
Externa und Interna 
phytotherap. Interna 
Beruhigungsmittel 
je höher die kurzfristige 
Wirkung, desto größer der 
Erfolg insgesamt 
alle Therapieformen 
(n>10) mit Ausnahme: 

kortisonhaltige Externa  
und Interna 
Beruhigungsmittel 
Bachblütentherapie 

-
kortisonhaltige  
Externa und Interna 
Beruhigungsmittel 
Bachblütentherapie 
je höher die längerfristige 
Wirkung, desto größer der 
Erfolg insgesamt 
alle Therapieformen (n>10) mit Ausnahme: 

kortisonhaltige Interna 
Beruhigungsmittel 
UV-Licht Bestrahlung 
Bachblütentherapie 

UV-Licht Bestrahlung kortisonhaltige Interna 
Beruhigungsmittel 
Bachblütentherapie 
 
Neben diesen Zusammenhängen zwischen jeweils zwei Bewertungsdimensionen auf der Ebene von Einzeltherapien wurden zusätzlich - wiederum für jeweils zwei Dimensionen - die thematisierten Therapien miteinander verglichen. Dazu wurden in den folgenden Abbildungen jeweils für die Therapieformenn>10 die Anteile der Kinder, die durch eine hohe ("stark"/"mäßig") kurzfristige Wirkung und eine hohe längerfristige Wirkung (Abb. 12), eine hohe kurzfristige Wirkung und einen ausgeprägten Erfolg (Abb. 13) sowie eine hohe längerfristige Wirkung und einen ausgeprägten Erfolg (Abb. 14) gekennzeichnet sind, grafisch in Streudiagrammen dargestellt.

Die Abbildungen bestätigen die bereits bei der Beschreibung der einzelnen Dimensionen deutlich gewordenen Unterschiede zwischen den einzelnen Therapieverfahren.

Abbildung 12: Längerfristige vs. kurzfristige Wirkung von Behandlungsmaßnahmen
(Anteil Anwender mit mind. mäßiger Wirkung)



Abbildung 13: Erfolg insgesamt vs. kurzfristige Wirkung von Behandlungsmaßnahmen
(Anteil Anwender mit mind. mäßiger Wirkung)



Abbildung 14: Erfolg insgesamt vs. längerfristige Wirkung von Behandlungsmaßnahmen
(Anteil Anwender mit mind. mäßiger Wirkung)


Obwohl sich die Bewertungen bei jeder der betrachteten Behandlungsmaßnahmen ausschließlich auf die Kinder bezieht, die eine Maßnahme bereits angewendet haben und somit bei jeder Therapie eine andere Bezugspopulation zugrunde liegt, wird - wie bereits in der Erwachsenenpopulation - ein nahezu linearer Zusammenhang zwischen den einzelnen Dimensionen der Erfolgsbewertung deutlich, der am stärksten zwischen längerfristiger Wirkung und Erfolg insgesamt ausgeprägt ist.

Zusammenfassend lassen sich folgende Schlüsse aus der elternseitigen Bewertung einzelner Therapieverfahren ziehen:

Auch in bezug auf die Ergebnisse bei der Kinderstichprobe sei noch einmal angemerkt, daß die vorgestellten Resultate zur Wirksamkeitsbewertung einzelner Maßnahmen zwar so etwas wie einen Wirkungsvergleich zwischen den einzelnen Verfahren nahelegen, sie sollten jedoch aufgrund des gewählten Bezuges (Auswertungen immer nur bezogen auf die Personen, die mit der jeweiligen Therapie bislang Erfahrungen gemacht haben) lediglich als erste Anhaltspunkte verstanden werden.

Valide Aussagen zur vergleichenden Bewertung, etwa im Sinne "Sind Homöopathika wirksamer als kortisonhaltige Externa?" sind nur für Gruppen von Patienten möglich, die gleiche Therapiekombinationen angewendet haben und damit über ähnliche Erfahrungen in bezug auf die zu untersuchenden Behandlungen verfügen.

Im Rahmen der vorliegenden Auswertungen wurde versucht, solche Gruppen mit "ähnlichen Therapieerfahrungen" zu identifizieren. Die entsprechenden Analysen haben jedoch gezeigt, daß die Vielzahl der von den Patienten im einzelnen angewendeten Behandlungskombinationen keine solchen Gruppierungen erlaubt. Daher mußte von einer tiefergehenden vergleichenden Therapieevaluation Abstand genommen werden.
 

2.5 Diskussion

Die Auswertungen zur Inanspruchnahme von Therapien zur Behandlung der atopischen Dermatitis verdeutlichen, daß bereits von den Kindern (4 - 15 Jahre) eine Vielzahl verschiedenster therapeutischer Ansätze in Anspruch genommen wird.

Vor allem Kinder, die von der atopischen Dermatitits an vergleichsweise vielen Hautregionen betroffen und verhältnismäßig stark von der Krankheit beeinträchtigt sind bzw. waren, nutzen ein breites Spektrum an Behandlungsverfahren.

Darüber hinaus weisen auch die in der vorliegenden Untersuchung berücksichtigten Kinder im wesentlichen ein weitgehend auf traditionelle Behandlungsansätze ausgerichtetes Therapiespektrum auf:

Die gängigen schulmedizinischen Verfahren mit wirksstoffreien, kortison- und harnstoffhaltigen Externa gehören, wie auch bei den Erwachsenen, zu den am häufigsten angewendeten Therapien. Sie werden von vielen Kindern oftmals kombiniert mit den ebenso seit langem als Behandlungsmaßnahmen etablierten ölhaltigen Badezusätzen, Aufenthalten im Reizklima sowie einer Vermeidung einzelner Nahrungsmittel eingesetzt.

Besonders häufig werden dabei wirkstoffreie Externa sowie Strategien zur Vermeidung einzelner Nahrungsmittel kontinuierlich oder zumindest wiederholt angewendet.

Komplementärmedizinische Verfahren scheinen auch bei den Kinder eher additiv zu den schulmedizinischen Maßnahmen angewendet zu werden und erstrecken sich vorwiegend auf Homöopathika sowie Externa und Interna mit pflanzlichen Wirkstoffen. Von einer breiten Inanspruchnahme unkonventioneller oder komplementärmedizinischer Therapieverfahren kann damit in der vorliegenden Untersuchungspopulation nicht gesprochen werden.

In bezug auf die Wirksamkeitsbewertung der einzelnen Therapien befinden sich die elternseitigen Einschätzungen zwar in weitgehender Übereinstimmung mit schulmedizinisch etablierten Bewertungen, es werden jedoch zumindest partiell auch darüber hinausgehende positive Beurteilungen evident.

Die folgenden Aussagen zur vergleichenden Bewertung der Wirksamkeit sollten allerdings aufgrund der für jede Therapie unterschiedlichen Bezugspopulation zurückhaltend interpretiert und eher als Orientierung verstanden werden (s.o.).

Kortisonhaltige Präparate werden in vielen klinischen Untersuchungen durchweg als hochwirksam bewertet (z.B. Darke, 1994, Volden, 1992). Vor allem in bezug auf die kurzfristige Wirksamkeit wird diese Beurteilung durch die Eltern von Kindern mit atopischer Dermatitis eindrucksvoll bestätigt. Kortisonhaltige Externa und Interna werden am häufigsten als kurzfristig stark oder zumindest mäßig wirksam beurteilt.

Auch die längerfristige Wirkung kortisonhaltiger Interna und Externa wird von den befragten Eltern insgesamt positiv eingeschätzt. Hinter der Strategie einer Vermeidung einzelner Lebensmittel zur Beeinflussung der atopischen Dermatitis, aber noch vor den Maßnahmen "Aufenthalte im Reizklima", "Interna mit Wirkstoffen aus der Natur" sowie "Eigenblutbehandlung" werden die kortisonhaltigen Präparate am zweithäufigsten als stark/mäßig wirksam bewertet.

Allerdings spiegeln sich die in der Fachliteratur breit belegten Nebenwirkungen nach bzw. während längerfristiger Anwendung kortisonhaltiger Präparate sowie die im Vergleich zur kurzfristigen Wirksamkeit an sich immer noch respektable, aber doch deutlich geringere längerfristige Wirkung in der elternseitigen Bewertung wieder. So wird kortisonhaltigen Therapeutika nicht nur mit das höchste Nebenwirkungs- bzw. Beeinträchtigungspotential zugeschrieben, dieses Nebenwirkungspotential scheint auch, in Verbindung mit der eingeschränkteren längerfristigen Wirksamkeit, dafür verantwortlich zu sein, daß die Eltern verschiedene andere Maßnahmen und Verfahren (Eigenblutbehandlung, Vermeidung einzelner Nahrungsmittel, Aufenthalt im Reizklima) als insgesamt erfolgreicher bewerten als kortisonhaltige Präparate.

Für eine insbesondere von ärztlicher Seite aber auch von Seiten der Selbsthilfe- und Patientenorganisationen häufig zitierten generell ablehnenden Haltung vieler Patienten gegenüber Kortison (Mayenburg, 1992; Drosner, 1992) lassen sich in der vorliegenden Studie, zumindest in bezug auf kortisonhaltige Externa, jedoch keine Hinweise finden.

Vor dem Hintergrund, daß sowohl die aktuelle Beeinträchtigung durch die atopische Dermatitis als auch die Einschränkung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Kinder, beispielsweise im Vergleich zu Patienten, die sich in stationärer Behandlung befinden, gering ist, können die vorliegenden Angaben zur Inanspruchnahme und Wirksamkeitsbewertung vorsichtig dahingehend interpretiert werden, daß bei vielen Kindern im Verlauf ihrer chronischen Hauterkrankung zumeist erfolgreich individuelle Therapiestrategien entwickelt werden konnten, die sich hauptsächlich auf eine Kombination bereits etablierter Behandlungsverfahren konzentrieren.

Die detaillierte Beschreibung solcher Strategien erfordert jedoch aufgrund der Vielzahl verschiedener bislang von den Kindern angewendeter Behandlungsverfahren (und der daraus resultierenden ungleich größeren Zahl möglicher Behandlungskombinationen) sehr große Fallzahlen, um aussagekräftig untersucht zu werden und konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht näher analysiert werden.

 weiter
 

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