Zur Einführung in die Forschungsmethodik
Autor: Hornung, Joachim 
Keywords: Forschungsmethode, Komplementärmedizin
Abstract: Einführung zu "Forschungsmethoden in der Komplementärmedizin"
Copyright: Schattauer Verlagsgesellschaft mbH, Lenzhalde 3, 70192 Stuttgart, 1996 
23. Nov. 2001 
 
veröffentlicht in: Forschung in der Komplementärmedizin, Hrsg.: Hornung, 1996, Schattauer Verlag, DM 49,00


Das vorliegende Buch hat, was die Forschungsmethodik selbst anbetrifft, zwei Themen:

Erstens wird die randomisierte Doppelblindstudie als Instrument des klinischen Wirksamkeitsnachweises grundsätzlich hinterfragt, und es wird nach Alternativen gesucht.

Zweitens wird die Frage diskutiert, welche Forschungsmethoden für die Komplementärmedizin adäquat sind, indem sie auf deren Besonderheiten Rücksicht nehmen.

Diese beiden Themen sind in dem Buch miteinander verquickt, denn offenbar haben die Methodologen, die im Bereich der Komplementärmedizin tätig sind, eine besondere Sensibilität und auch eine Vorliebe für erkenntnistheoretische Grundlagenfragen. Davon legt dieses Buch ein beredtes Zeugnis ab.

Es sollte aber gesehen werden, daß die Grenzen der Anwendbarkeit der randomisierten Doppelblindstudie sich in allen Bereichen der Medizin auftun. Das heißt, das erste Thema ist auch unabhängig von einem Bezug zur Komplementärmedizin von Bedeutung. Es scheint eher so zu sein, daß die Nachteile der Standardmethoden in den besonderen Therapierichtungen deutlicher und dringlicher zutage treten. Vielleicht kommen deshalb gerade aus diesem Bereich Erneuerungsimpulse, die dann für die gesamte Medizin fruchtbar sein können.

Die randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist ein theoretisch begründetes Konstrukt, welches empirisch kaum zu validieren ist. Die Auseinandersetzung um die Brauchbarkeit dieses Instruments und die Gültigkeit der Ergebnisse seiner Anwendung spielt sich auf rein argumentativer Ebene ab, ohne daß ein praktischer Beweis dafür zu erbringen wäre.

Im Gegenteil werden immer mehr Schwächen des Instruments bekannt. Diese Schwächen betreffen die Randomisation, die Placebokontrolle und die Doppelblindheit. Zu jedem dieser Punkte sind in diesem Buch die Limitierungen ausführlich aufgezeigt: Die Gründe dafür, daß die Randomisation in der Praxis untunlich oder gar undurchführbar sein kann, werden in überzeugender Weise von Abel und Windeler dargelegt; die Placeboproblematik wird von Kienle und von de Craen und Kleijnen grundlegend neu angegangen; und die inhärenten Unzulänglichkeiten der Doppelblindmethode werden von Walach in differenzierter Weise herausgearbeitet. Die Fülle dieser Einsichten ist so groß und profund, daß niemand sie mehr einfach ignorieren kann.

Die methodologischen Beiträge dieses Buches sind danach mit der Suche nach Alternativen befaßt. Neue Ansätze werden diskutiert, wobei die Richtschnur immer diejenige ist, daß die Methoden der klinischen Forschung den betreffenden Therapiekonzepten gerecht werden müssen und nicht umgekehrt. Hierzu gehört auch die angemessene Wahl der Zielkriterien, ein Thema, das so wichtig ist, daß ihm ein eigenes Kapitel gewidmet wurde.

Das Buch stellt einen dringenden Appell dar, sich über die Mängel der bisherigen Methoden klar zu werden, erneut in eine methodologische Grundlagendiskussion einzutreten und die aufgezeigten Alternativen weiter auszubauen. Es ist unvermeidlich, dabei liebgewordene Denkschemata zu revidieren. Randomisation, Placebokontrolle und Doppelblindheit können nicht mehr unbedingt gefordert werden. Zwei wichtigere Grundsätze mit geradezu axiomatischem Charakter sind:

Praxiskonformität und

optimale Bedingungen für die eingesetzten Therapien.

Diese beiden Grundforderungen lassen sich oftmals durch die herkömmlichen Studiendesigns nicht erfüllen.

Die Methodendiskussion sollte nicht abgehoben von der Forschung selbst geführt werden. Demgemäß sind in diesem Buch Arbeiten enthalten, die einen Einblick geben in den Stand der Forschung in typischen Anwendungsgebieten, insbesondere in der Homöopathie und in der anthroposophischen Medizin. Einige Beiträge haben resümierenden Charakter, sei es hinsichtlich eines Themas, sei es hinsichtlich der langjährigen Arbeit eines Autors. Solche bilanzierenden Übersichten mit persönlichem Engagement halte ich für besonders wertvoll.

Gesondert erwähnen möchte ich noch den Beitrag von Helle Johannessen, der vielleicht den Ansatz zu einem zukünftigen ganzheitlichen Verständnis einiger komplementärmedizinischer Therapieformen enthält.

In der Hoffnung, daß es uns gelungen ist, wesentliche und aktuelle Aspekte der Forschung in der Komplementärmedizin zusammenzustellen, wünsche ich dem Buch eine freundliche Aufnahme bei seinen Lesern.

Joachim Hornung
 
 
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Das Autorenverzeichnis
 
Priv. Doz. Dr. Dr. U. Abel  
Institut für Medizinische 
Biometrie und Informatik 
Universität Heidelberg 
Im Neuenheimer Feld 305 
D-69120 Heidelberg 

Prof. Dr. med. Malte Bühring  
Abteilung für Naturheilkunde im 
Universitätsklinikum Benjamin Franklin und im 
Immanuel-Krankenhaus 
Rheumaklinik Berlin-Wannsee 
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Freien Universität Berlin 
Abteilung für Naturheilkunde 
Königstr. 63 
D-14109 Berlin 

Anton J.M. de Craen  
Department of Clinical 
Epidemiology und Biostatistics 
Academic Medical Center 
University of Amsterdam 
P.O. Box 22700 
1100 DE Amsterdam 
Netherlands 

Dipl.-Volksw. Karsten Dannehl  
Diabetes-Forschungsinstitut 
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 
Auf'm Hennekamp 65 
D-40225 Düsseldorf 

Dr. med. Marianne Heger  
Leiterin Klinische Forschung 
Deutsche Homöopathie-Union 
Ottostraße 24 
D-76227 Karlsruhe 

Prof. Dr. Joachim Hornung  
Universitätsklinikum Benjamin Franklin 
D-12200 Berlin 

Helle Johannessen, Ph. D.  
Almagervej 2 
DK-4291 Ruds Vedby 

Dr. med. Helmut Kiene  
Institut für angewandte Erkenntnistheorie und 
medizinische Methodologie 
Muselgasse 10 
D-79112 Freiburg 

Dr. med. Gunver S. Kienle  
Institut für angewandte Erkenntnistheorie und  
medizinische Methodologie 
Muselgasse 10 
D-79112 Freiburg 

Jos Kleijnen  
Dutch Cochrane Centre 
Academic Medical Center 
University of Amsterdam 
P.O. Box 22700 
1100 DE Amsterdam 
Netherlands 

Dr. med. Gunhild Kühn  
Oberärztin der 
Klinik für Naturheilkunde 
Krankenhaus Moabit 
Turmstr. 21 
D-10559 Berlin 

Manfred D. Kuno  
Manfred-von-Richthofen-Str. 15 
D-12101 Berlin 

Dr. med. K. Linde  
Projekt "Münchener Modell", Ludwig-Maximilians-Universität 
Kaiserstr. 9 
D-80801 München

Dr. med. Dieter Melchart  
Hochschulprojekt "Münchener Modell" zur Integration von Naturheilverfahren in 
Forschung und Lehre 
Ludwig-Maximilians-Universität 
Kaiserstr. 9 
D-80801 München 

David Riley, M.D.  
539 Harkle Road, Suite A 
USA-Santa Fé, N.M. 87501 

Dr. med. Dietrich Schlodder  
HELIXOR Heilmittel GmbH & Co. 
Postfach 8 
D-72344 Rosenfeld 

Achim Schütte  
FUB-Außenstelle 
Fachbereich Veterinärmedizin 
Röntgenstraße 12 
D-21493 Schwarzenbek 

Rainer Stange  
Abteilung für Naturheilkunde im 
Immanuel-Krankenhaus 
Rheumaklinik Berlin-Wannsee 
Akademisches Lehrkrankenhaus
der Freien Universität Berlin 
Abteilung für Naturheilkunde 
Königstr. 63 
D-14109 Berlin

Dr. Wilfried Stock  
Scheffelweg 9 
D-76547 Sinsheim 

Dr. med. André Thurneysen  
Lehrstuhl für Komplementärmedizin der Universität Bern 
Fachbereich Homöopathie 
Imhoof-Pavillon 
Inselspital 
CH-3010 Bern 
Schweiz 

Dr. Harald Walach  
Universität Freiburg 
Psychologisches Institut 
Abt. Rehabilitationspsychologie 
Belfortstr. 16 
D-79085 Freiburg 

Dr. med. Manfred Weckenmann  
Internist, Forschungsabteilung an der Filderklinik 
Im Haberschlai 7 
D-70794 Filderstadt 

Dr. med. Annegret Wehmeyer  
Projektleiterin Klinische Forschung 
Deutsche Homöopathie-Union 
Ottostraße 24 
D-76227 Karlsruhe 

Dr. rer. biol. hum.  
Wolfgang Weidenhammer  
Hochschulprojekt "Münchener Modell" zur Integration von Naturheilverfahren 
in Forschung und Lehre 
Ludwig-Maximilians-Universität 
Kaiserstr. 9 
D-80801 München 

Priv. Doz. Dr. Jürgen Windeler  
Institut für Medizinische 
Biometrie und Informatik 
Universität Heidelberg 
Im Neuenheimer Feld 305 
D-69120 Heidelberg

 
 
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