Das Online-Magazin des DATADIWAN
Ausgabe Nr. 1 / März 1998 - ISSN 1435-1560 
 
Holz als biologischer Indikator für Lebensenergie
Die Biegung eines trockenen Aststückes im Freien als Indikator für Lebensenergie (Orgonenergie nach Wilhelm Reich):
Die experimentelle Analyse des Maine Woodman‘s Weatherstick.
von Bernhard Harrer
 
Zusammenfassung: 
Der Maine Woodman‘s Weatherstick, ein trockenes Aststück einer nordamerikanischen Baumart, wird von der amerikanischen Firma Natural Energy Works von James DeMeo mit dem Hinweis verkauft, der Grad seiner Biegung sei ein geeigneter Indikator für Orgonenergie (oder Lebensenergie) in der Luft. Der Biegungseffekt wurde in mehrwöchigen Meßreihen von der Berliner Arbeitsgruppe Orgon-Biophysik untersucht und mit dem Verlauf meteorologischer Größen verglichen. Der Versuchsaufbau wird beschrieben und die Ergebnisse werden diskutiert. Die Firma hielt noch Jahre später an ihrem Werbeslogan festhält, obwohl DeMeo bereits 1992 über die gegensätzlichen Ergebnisse informiert wurde. 
Abstract: 
The Maine Woodman‘s Weatherstick, a dry branch of a northamerican tree species, is sold by the american Company Natural Energy Works of James DeMeo. In their advertisment they state that its bending effect is an indicator for orgone (life) energy fields in the air. The bending effect was studied by the research group Orgone-Biophysics and was compared with the development of meteorological Parameters. The experimental setup is described and the results are discussed. The company years later still sold it under this slogan, though DeMeo was already informed about the contradictory results in 1992. 

Schlüsselwörter: 
Lebensenergie, Meßtechnik, Luftfeuchtigkeit, Wilhelm Reich, Orgon, Orgonenergie, James DeMeo. 
Keywords: 
Life Energy, Measurement Techniques, Humidity, Wilhelm Reich, Orgone, Orgone Energy, James DeMeo.

 
Biologische Prozesse als Indikatoren für Lebensenergie
Falls es eine Lebensenergie, also eine spezifische Energie lebendiger Prozesse, gibt, so ist es gut vorstellbar, daß sich diese der direkten Meßbarkeit mit physikalischen Meßinstrumenten entzieht, denn sie dürfte eher lebendigen biologischen als unbelebten physikalischen Prozessen innewohnen. Möglicherweise sind aber biologische Prozesse geeignet sie in irgendeiner Weise indirekt anzuzeigen oder sogar physikalisch meßbar zu machen.

Viele Menschen berichten beispielsweise davon, daß sie Lebensenergie in ihrem Körper oder auch in ihrer Umgebung empfinden können. Menschliche Empfindung wäre somit ein Indikator. Vertreter bedeutender Naturheilverfahren verwenden den Begriff der Lebensenergie um Therapieverfahren wie Akupunktur (mit dem chinesischen Begriff Qi) oder Homöopathie (mit dem Begriff Dynamis von Samuel Hahnemann) oder Yoga (mit den indischen Begriffen Prana, Kundalini und Chakra) anschaulicher darzustellen. Von dem Psychotherapeuten Wilhelm Reich wurden die Begriffe Orgon oder Orgonenergie für seine Theorie der Lebensenergie verwendet, die er von Sigmund Freuds Begriff der Libido ableitet, der Energie des Triebgeschehens

Dies war für die Berliner Arbeitsgruppe Orgon-Biophysik Grund genug, Hinweise auf solche Indikatoren theoretisch und experimentell zu überprüfen.

Der ‚Maine Woodman's Weatherstick‘ als Indikator für Lebensenergie in der Luft?
Dr. James DeMeo, ein bekannter amerikanischer Verfechter von Wilhelm Reichs Orgontheorie verkauft mit seiner Firma Natural Energy Works den sogenannten Maine Woodman‘s Weatherstick, ein etwa 10 cm langes Stück von einem Baumstamm, an dem ein etwa 40 cm langer dünner Ast sitzt. Der Ast hat die Eigenschaft, sich in unterschiedlichen Witterungsbedingungen unterschiedlich stark zu biegen. DeMeo behauptete in Vorträgen und Texten, daß diese Biegung von Orgonenergie in der Luft abhängig sei.

Unter "They really work!" schreibt DeMeo in seinem Werbematerial:
"During periods of clear, sunny weather, most trees and plants are reaching upwards strongly, opposing the force of gravity, the sap pushing strongly upwards, into their limbs; During periods of overcast, rainy weather, plant limbs droop downward, and do not reach upward so strongly. This bending effect continues in some tree species even when the limb is "dead" and dry. Some say this is an affect of humidity, but in the living plant, relative humidity always is at saturation, or 100%. Others say it is an affect of the Earth's electrostatic or orgone (life) energy field, which is stronger on clear days, and weaker during periods of clouds and rain."

Wenn der Maine Woodman‘s Weatherstick seine Biegung mit dem Gehalt von Lebensenergie in der Luft ändern würde, wäre er nicht nur als Indikator für Lebensenergie geeignet, es könnte dann daraus vielleicht ein exaktes Meßgerät entwickelt werden. Die alternative Erklärung, daß nämlich die Biegung mit der relativen Luftfeuchtigkeit zusammenhängen könnte, wird von DeMeo zwar angeführt, aber als unplausibel hingestellt. Dies tut er mit dem Argument, daß in einer lebenden Pflanze die Feuchtigkeit immer in Sättigung sei.

Eine Klärung dieser Frage kann durch ein Experiment erfolgen
Im Rahmen der Arbeitsgruppe Orgon-Biophysik, die Bernhard Harrer an der Freien Universität Berlin, Abteilung für Naturheilkunde des Universitätsklinikum Benjamin Franklin leitete, wurden in den Jahren 1991 bis 1994 eine Reihe von physikalischen Experimenten zu den Postulaten von Wilhelm Reich und anderen Autoren durchgeführt.

Dabei kamen zwei computergestützte Meßstationen für meteorologische Größen zur Anwendung. Meßwerte von verschiedenen, teilweise eigens hierfür entwickelten Meßinstrumenten wurden mit einer hochgenauen Datenerfassung verbunden. Diese erlaubte bis zu 32 analoge Kanäle mit einer Auflösung von 14 Bit (16.384 Stufen) zu digitalisieren. Die Meßwerte wurden mit 19 Kilobyte seriell über Lichtleiterkabel galvanisch getrennt zu einem 40 Meter entfernt stehenden Rechner übertragen. Dort wurden sie bei Bedarf digital gefiltert und das arithmetische Mittel aller Werte einer Minute gebildet und abgespeichert. Die Spannungsversorgung der Meßgeräte wurde vor Ort durch Batterie gewährleistet. Die von Harrer entwickelten Anlagen liefen tagelang wartungsfrei, nur die Speichermedien für die großen anfallenden Datenmengen mußten regelmäßig gewechselt werden. Eine solche Meßstation befand sich in Berlin-Steglitz in einem schattigen Garten, die zweite war in Grönenbach im Allgäu (Süddeutschland) in einem Reinluftgebiet in einem sonnigen Garten eingerichtet. Die Meßgeräte waren in einer meteorologischen Wetterhütte (sogenannte englische Wetterhütte) in zwei Meter Höhe über einer Wiese untergebracht.

Zur Untersuchung des Maine Woodman's Weatherstick wurde dieser unterhalb der Wetterhütte angebracht, so daß er allen Witterungseinflüssen außer direktem Regen ausgesetzt war. Zur Bestimmung der Biegung des Astes wurde neben der Astwurzel (da wo der Ast im Stamm steckt) ein Meßwertgeber angebracht, der den Neigungswinkel eines Metallstabes maß, dessen anderes Ende mit der Astspitze verbunden war (Bild 1). Die Biegung des Weatherstick konnte damit direkt in Winkelgrade umgewandelt und gemessen werden.
 
Bild 1, Copyright B. Harrer, 1993
Als Vergleichsgrößen wurden die relative Luftfeuchtigkeit, die Lufttemperatur und die Helligkeit mit elektronischen Meßgeräten bestimmt. Zur Erfassung der relativen Luftfeuchte kam ein kapazitiver Sensor zum Einsatz, der besonders im Bereich von 20 bis 95 % relativer Feuchte schnell, zuverlässig und mit guter Genauigkeit anspricht.

Ergebnisse der Meßreihen
Obwohl die Experimente an zwei unterschiedlichen Orten über mehrere Wochen kontinuierlich erfaßt wurden, zeigte sich immer der selbe typische Verlauf, der exemplarisch in Bild 2 dargestellt ist: Die Biegung des Maine Woodman‘s Weatherstick folgt mit Präzision dem Verlauf der relativen Luftfeuchtigkeit. Er zeigt dabei eine leichte Verzögerung in seiner Reaktion gegenüber dem schnellen Ansprechen eines elektronischen Feuchtesensors.
 
Bild 2, Copyright B. Harrer, 1993
 
Diskussion der Ergebnisse
Die Biegung des Maine Woodman‘s Weatherstick ist von der relativen Luftfeuchtigkeit abhängig, Es wurde kein Hinweis auf eine weitere Abhängigkeit von einer Größe gefunden, auf die der Begriff der Lebensenergie zutreffen könnte.

Dieses Ergebnis ist nicht verwunderlich, denn es entspricht den Erwartungen, die sich aus dem bekannten Verhalten von Holz ableiten. Die meisten Hölzer verändern ihr Volumen und auch ihre Länge in Faserrichtung, wenn sie Temperatur- oder Feuchteänderungen ausgesetzt werden. Man sagt, das Holz "geht". Allerdings dauert die Aufnahme und Abgabe der Feuchtigkeit eine bestimmte Zeit, so daß die beobachtete Zeitverzögerung gegenüber dem realen Feuchtegehalt der Luft auftritt.

Das Holz der Baumart, die im Maine Woodman‘s Weatherstick zur Anwendung kommt, hat die interessante Eigenschaft, daß bei Feuchteänderungen die Ober- und die Unterseite des Astes verschieden stark "gehen" (aufquellen), was zum deutlichen Effekt der Biegung führt. Daher wurden solche Äste auch von den Indianern im heutigen Maine, einem Bundesstaat im Nordosten der USA, verwendet.

Dieser Beleg für die Feuchteabhängigkeit wurde DeMeo auf der Tagung der Wilhelm Reich Gesellschaft im Jahr 1992 übergeben. Obwohl die Frage damit aufgeklärt war verkaufte DeMeo noch Jahre danach den Maine Woodman‘s Weatherstick mit dem selben Werbeslogan als Indikator für Orgonenergie.
Berlin, 7. Februar 1998
Bernhard Harrer
 
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