Elektrosmog Report
Nr. 5 / 1. Jahrgang August 1995 
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Metaanalyse zu EMF und Kinderleukämie
Epidemiologische Studien über elektromagnetische
Felder und Krebserkrankungen bei Kindern

In den letzten Jahren wurden eine Reihe von Studien über einen möglichen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern (EMF) und Krebserkrankungen bei Kindern veröffentlicht. Vom Mainzer Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation erfolgte eine systematische Auswertung der bisher zu diesem Thema veröffentlichten Studien. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich danach Hinweise auf eine schwach positive Verknüpfung von Krebserkrankungen, speziell Leukämien, bei Kindern und der Exposition gegenüber Feldern von Hochspannungsleitungen ergeben (die Red.).

Anläßlich der Durchführung einer Studie zur Frage der Verknüpfung von Krebserkrankungen bei Kindern und der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) in Niedersachsen, welche in einer Kooperation zwischen dem am Mainzer Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation angesiedeltem Deutschen Kinderkrebsregister und der Technischen Universität Braunschweig durchgeführt wird, wurden die bisher veröffentlichten Publikationen systematisch einander gegenüber gestellt und gemeinsam ausgewertet. Hierbei wurde insbesondere Wert auf eine differenzierte Berücksichtigung der verschiedenen Methoden zur Expositionserfassung gelegt.

Es lagen Veröffentlichungen über 15 Studien vor, von denen zwei nicht berücksichtigt wurden, da zu ihnen nur unvollständige Informationen existieren. Alle Studien bis auf eine untersuchten Leukämiefälle, einige Studien betrachteten außerdem die Gruppen der Lymphome und der ZNS-Tumoren, fünf Studien umfaßten sämtliche Tumordiagnosen. Bemerkenswert erscheint, daß in einer der Leukämiestudien Fälle solider Tumoren als Kontrollgruppe fungierten.

Expositionserfassungen wurden ausschließlich in den Wohnungen der betroffenen Fälle und Personen der Vergleichsgruppe vorgenommen. Im wesentlichen kann zwischen drei verschiedenen Verfahren zur Klassifizierung der Exposition unterschieden werden.

Die Resultate der Originalstudien waren überwiegend schwach positive Assoziationen (Odds Ratios (OR = nachträglich geschätztes relatives Risiko) zwischen 1 und 2). Betrachtet man die einzelnen Tumorgruppen getrennt, so ergibt sich ein sehr ungleiches Bild, da es für jede Diagnose sowohl negative als auch positive Verknüpfungen gibt. Keine der späteren Studien konnte die für alle Einzeldiagnosen erkennbaren Ergebnisse der ersten Studie von Wertheimer und Leeper im Jahre 1979 (OR für Leukämien von 3,0 und für Hirntumoren von 2,4) in dieser deutlichen Form bestätigen. Seitens der Autoren schließen zwei auf einen Zusammenhang zwischen EMF und Tumoren im Kindesalter, fünf Schlußfolgerungen sind zurückhaltend positiv, eine Studie kommt zu keinem eindeutigem Ergebnis und in fünf Studien wird konstatiert, daß kein Zusammenhang gefunden wurde.
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METAANALYSEN

Eine Metaanalyse ist eine mittels formaler statistischer Methoden im Nachhinein durchgeführte Berechnung eines "durchschnittlichen" Effekts (hier: Odds Ratio, OR) aus den Resultaten mehrerer Einzelstudien. Wir halten die Kombination von Ergebnissen, welche aus unterschiedlichen Methoden der Expositionsmessung bzw. unterschiedlichen Schwellenwerten stammen, für nicht zulässig. Daher haben wir aus den verfügbaren Daten der 13 Publikationen Metaanalysen getrennt für die drei verschiedenen oben genannten Methoden der Expositionserfassung (Wire Code, Distanzkriterium und Angaben der magnetischen Flußdichte) unter Berücksichtigung verschiedener Schwellenwerte durchgeführt. Da aus den einzelnen Studien Informationen über die Verteilung betroffener Fälle und Vergleichspersonen in der Regel nur für eine Auswahl von Schwellenwerten vorliegen, flossen in die Analysen für verschiedene Schwellenwerte nicht immer dieselben Studien ein.

Unter Verwendung des zweistufigen Wire Codes findet sich für alle Tumoren zusammen ein OR (geschätztes rel. Risiko) von 1,37. Bezieht man die Initialstudie von Wertheimer und Leeper nicht ein, so sinkt das OR auf 1,21 ab. Dieser Effekt ist Nachträglich geschätzte relative Risiken (Odds Ratios, OR) und 95% Konfidenzintervalle (Vertrauensbereiche) aus Metaanalysen für verschiedene Schwellenwerte.
Leukämien
Lymphome
ZNS-Tumoren
Alle Tumoren
Kriterium
K#
OR
95%-KI
K
OR
95%-KI
K
OR
95%-KI
K
OR
95%-KI
Wire code  
2 stufig
4
1,66*)
1,11-2,49
2
1,32
0,52-3,37
3
1,50
0,69-3,26
5
1,37
0,94-2,00
4 stufig$ niedrig
-
-
-
5
1,06
0,81-1,38
hoch
-
-
-
5
1,37
0,81-2,30
sehr hoch
-
-
-
5
1,46
0,88-2,06
Distanz
< 100 m
3
1,13
0,79-1,62
-
-
4
1,09
0,89-1,35
< 50 m 
5
1,31
0,92-1,87
-
2
1,53
0,19-12,0
6
1,10
0,86-1,40
< 25 m
3
1,85
0,98-3,49
-
-
4
1,42
0,88-2,29
Magn. Flußdichte
> 0.1 µT
3
1,55
0,88-2,73
2
2,18
0,51-9,34
2
0,89
0,39-2,05
6
0,97
0,82-1,15
> 0.2 µT
4
1,89*)
1,10-3,26
4
2,21
0,72-6,80
5
1,30
0,78-2,19
6
1,23
0,96-1,57
> 0.3 µT
3
1,27
0,28-5,76
3
1,69
0,43-6,59
3
1,89
0,80-4,43
4
1,62*)
1,10-2,39
# K = Anzahl der Studien, die in die jeweilige Auswertung eingehen
$ Referenz ist "sehr niedrig oder unterirdische Verkabelung"
*) Statistisch signifikante Assoziation (Irrtumswahrscheinlichkeit: 5%)

auch bei den Analysen für die Einzeldiagnosen festzustellen. Bei den Leukämien beträgt das gepoolte1) OR 1.66 (ohne W&L 1,39), bei den ZNS-Tumoren 1,50 (1,22), und bei den Lymphomen 1,32 (0,8). Entsprechend der in Tab. 1 dargestellten Konfidenzintervalle ist nur das OR für die Leukämien statistisch auffällig erhöht. Für den vierstufigen Wire Code konnten gepoolte1) OR's für die Stufen "niedrig", "hoch" und "sehr hoch" unter Nutzung der Stufe "sehr niedrig" bzw. "unterirdische Kabel" als Referenzkategorie berechnet werden, was einer echten Dosis-Wirkungs-Analyse entspricht. Hierbei zeigt sich ein signifikanter Anstieg der geschätzten relativen Risiken mit höheren Wire Codes (P-Wert für Test auf Trend = 0,003). Wird die Studie von Wertheimer und Leeper nicht einbezogen, ist dieser Zusammenhang statistisch nicht signifikant.

Für die Distanzmessungen sowie die Angaben der magnetischen Flußdichte wurden OR's jeweils für verschiedene zweigeteilte (exponiert / nicht exponiert) Schwellenwerte berechnet, echte Dosis-Wirkungs-Analysen sind mit dem vorliegendem Datenmaterial nicht möglich. Lediglich für die Leukämien ergeben sich Hinweise auf eine Beziehung zum Abstand zu einer Expositionsquelle, für die ZNS-Tumoren und insbesondere die Gruppe der Lymphome war das veröffentlichte Datenmaterial für die Untersuchung verschiedener Schwellenwerte nicht ausreichend. Bei Verwendung von Angaben der magnetischen Flußdichte ist für die Gruppe aller Tumoren für höhere Schwellenwerte ein Anstieg der gepoolten OR's zu verzeichnen. Differenziert nach den Einzeldiagnosen findet sich dieses Ergebnis lediglich für die ZNS-Tumoren wieder.

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DISKUSSION

Die bisher durchgeführten Studien zum Thema EMF und Krebserkrankungen bei Kindern sind bemerkenswert uneinheitlich bezüglich methodischer Gesichtspunkte, insbesondere was die Vielzahl der Varianten zur Expositionsbestimmung angeht. Der Untersucher muß zunächst entscheiden, welche Meßmethode er verwendet, sowie, welche Adresse und welcher Lebensabschnitt für eine Exposition relevant waren. Vor Ort werden häufig die Positionierung der Meßapparatur, der Meßzeitraum sowie die Rahmenbedingungen (Haushaltsgeräte) variiert. Aus verschiedenen Meßwerten ist dann ein repräsentativer Wert (z.B. Maximum, 90. Perzentil, Mittelwert) auszuwählen. Schließlich stellt sich die Frage nach der "richtigen" Schwellenwertexposition, ab der eine potentielle Gefährdung besteht. Die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Varianten potenzieren nochmals die Vielfalt möglicher Analysemodelle.

In der Epidemiologie unterscheidet man explorative und konfirmatorische Analysen. Unter einer explorativen Analyse wird ein exzessives Durchsuchen ("Fishing") eines Datensatzes nach Auffälligkeiten verstanden. Auf diese Weise entdeckte Auffälligkeiten können einerseits reale Zusammenhänge widerspiegeln, andererseits kann es sich auch um reine Zufallsbefunde handeln. Um zu überprüfen, ob ein gefundener Zusammenhang wirklich existiert oder zufällig aufgetreten ist, muß dieser Befund in einer Nachfolgestudie nochmals untersucht werden. Diese Untersuchung einer zuvor eindeutig formulierten Fragestellung wird als konfirmatorische Analyse bezeichnet.

Die Tatsache, daß es keine zwei Studien mit identischen Methoden und vergleichbaren Ergebnissen gibt, zeigt, daß die bisher durchgeführten Studien eher explorativen Charakter hatten. Dies bedeutet, daß bei der Präsentation der jeweiligen Studienergebnisse möglicherweise eine gewisse Tendenz zur Hervorhebung von positiven Ergebnissen vorhanden ist, während negative Resultate eher in den Hintergrund treten. Falls eine derartige "Präsentations-Auslese" vorliegt, wären auch die Ergebnisse unserer Metaanalysen in positiver Richtung verzerrt. Daher reduziert das Phänomen der Unterschiedlichkeit sowohl für die Aussagekraft der Originalstudien als auch unserer Metaanalysen, da wir möglicherweise Ergebnisse kombiniert haben, die streng genommen nicht vergleichbar sind.

Auch sich z.T. gegenseitig widersprechende Ergebnisse erschweren das Ziehen einer Quintessenz. Als Beispiel seien hier die beiden Schwedischen Studien von Tomenius bzw. Feychting und Ahlbom genannt, deren untersuchte Fallgruppen sich teilweise überlappen. So ergab sich in der Tomenius-Studie ein Zusammenhang zwischen EMF und ZNS-Tumoren jedoch ein Negativergebnis für die Leukämien, wohingegen Feychting und Ahlbom ein genau entgegengesetztes Ergebnis fanden. Auch innerhalb ein und derselben Studie sind bei genauerer Betrachtung Widersprüche festzustellen. So widersprechen sich manche Befunde, je nachdem ob die Exposition gemessen oder berechnet worden ist (Feychting & Ahlbom), oder es kam zu einem Anstieg der Odds Ratios mit zunehmendem Abstand zur Expositionsquelle (Tomenius).

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß es aus den bisher publizierten Studien verschiedene Hinweise auf eine Assoziation zwischen EMF und Krebserkrankungen, speziell Leukämien, bei Kindern gibt, welche sich in unseren gepoolten Analysen widerspiegeln. Bei der Unterscheidung nach Einzeldiagnosen bzw. nach Wahl des Expositionskriteriums sind die Resultate uneinheitlich. Die beobachteten Assoziationen treten bei Bestimmung der Exposition mittels eines Wire Codes deutlicher zu Tage als bei der Anwendung von Distanzmessungen oder Messungen oder Schätzungen der magnetischen Flußdichte. Dies könnte einerseits darauf hinweisen, daß sich die EMF-Exposition besser durch den Wire Code als durch andere Maße einschätzen läßt: Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Wire Code mit weiteren Faktoren verknüpft ist, welcher ihrerseits wiederum eine Beziehung zu Krebserkrankungen bei Kindern aufweisen. Aus den bisherigen Studien läßt sich ableiten, daß sich zumindest in Europa ein möglicher Effekt nur auf sehr wenige Kinder auswirken würde. So waren von den 1707 erkrankten Kindern in der Dänischen Studie nur 10 in einem möglicherweise relevanten Ausmaß durch Hochspannungsleitungen exponiert.

Eine abschließende Bewertung erscheint verfrüht. Unklar ist, ob eine potentielle Gefährdung eher durch evtl. schwache, kontinuierliche, oder durch kurzfristige, jedoch hohe Expositionen besteht, sowie, ob EMF ein potentielles Risiko nur für bestimmte oder für alle Tumoren bedeuten können. Um zu sichereren Aussagen zu gelangen, sind epidemiologische Studien mit abgestimmter Methodik der Expositionserfassung notwendig. Daneben muß für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs die Suche nach einem plausiblen biologischen Modell für die Krebsentstehung durch elektromagnetische Felder fortgesetzt werden, das dann durch experimentelle Studien abzusichern wäre.

Rolf Meinert
Diplom-Statistiker, Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation (Direktor: Prof. Dr. J. Michaelis), Universität Mainz.

[Zitierweise dieses Artikels: Meinert, R.: Epidemiologische Studien über elektromagnetische Felder und Krebserkrankungen bei Kindern. Elektrosmog-Report 1 (5), S. 5-7 (1995).]

1) gepoolte OR: Die Odds Ratio (OR) wurde unter Einbeziehung der Fälle mehrerer Studien berechnet.

Der vorliegende Text ist eine Kurzfassung. Eine ausführliche Darstellung findet sich in: R. Meinert, J. Michaelis: Metaanalysen von Studien über den Zusammenhang von elektromagnetischen Feldern und malignen Tumoren im Kindesalter. Tagungsband zum Forum Elektrosmog, TÜV-Akademie Rheinland, Köln 1995. Die Langfassung ist zudem erhältlich beim Institut für Medizinische Statistik und Dokumentation, 55101 Mainz.

ausgewertete Studien:

  1. Wertheimer, N., Leeper, E., Am. J. Epidemiol. 109, 273-284 (1979).
  2. Fulton, J. P. et al., Am. J. Epidemiol. 111, 292-296 (1980).
  3. Tomenius, L., Bioelectromagnetics 7, 191-207 (1986).
  4. Savitz, D. A., et al., Am. J. Epidemiol. 128, 21-38 (1986).
  5. Coleman, M. P., et al., Br. J. Cancer 62, 793-798 (1989).
  6. Myers, A. et al., Br. J. Cancer 60, 1008-1014 (1990).
  7. London, S. J., et al., Am. J. Epidemiol. 134, 923-937 (1991).
  8. Feychting, M., Ahlbom, A., Am. J. Epidemiol. 138, 467-481 (1993).
  9. Olsen, J. H., Nielsen, A., Schulgen, G., Br. Med. J., 307, 891-895 (1993).
  10. Verkasalo, P. K., et al., Br. Med. J. 307, 895-899 (1993).
  11. Fajardo-Guitiérrez, A., et al., Boletin Medico del Hospital Infantil de Mexico 50, 32-38 (1993).
  12. Petridou, E., et al., Br. Med. J. 307, 774 (1993).
  13. Preston-Martin, S., et al. al., California State Department of Health Services, CA 94702-1001 (1994).
 
 
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Hochfrequenzbelastung und Krebs
Erhöhte Leukämierate bei HF-exponierten Soldaten

Polnisches Militärpersonal, das in erhöhtem Maße HF-Strahlung und Mikrowellen ausgesetzt war, weist nach einer jüngsten polnischen Studie eine erhöhte Krebsrate gegenüber Nichtexponierten auf. Insbesondere war das relative Risiko, an Krebsarten des blutbildenden Systems (Lymphome und Leukämien) zu erkranken, unter Hochfrequenzbelastung bis um das Achtfache erhöht.

Die neue Studie, die von Prof. Stanislaw Szmigielski vom Zentrum für Strahlenbiologie und Strahlensicherheit und dem Militärinstitut für Hygiene und Epidemiologie in Warschau durchgeführt worden war, erfaßte einen 15-jährigen Zeitraum (1971-1985). Im Durchschnitt wurden jährlich 127.800 Soldaten in die Untersuchung aufgenommen, von denen durchschnittlich 3.720 hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung (HF- und Mikrowellen) ausgesetzt waren.

Wie in der jüngsten Ausgabe (Mai/Juni 1995) der Zeitschrift Microwave News berichtet, ermittelte Szmigielski, ein ehemaliges Mitglieds des Herausgeberstabes der renommierten Zeitschrift "Bioelectromagnetics", eine Verdoppelung des Erkrankungsrisikos bei Exponierten gegenüber den Kontrollen bei Einbeziehung aller Krebsarten und eine noch deutlichere Erhöhung des Risikos für die meisten akuten und chronischen Krebsarten des blutbildenden Systems.

Das nachträglich geschätzte relative Risiko (Odds Ratio), an Lymphomen oder Leukämien zu erkranken betrug bei Betrachtung aller Altersgruppen mehr als das Sechsfache, für die Altersgruppe der 20 bis 49-jährigen Exponierten sogar mehr als das Achtfache gegenüber den Kontrollen. Die erhöhte Erkrankungsrate war für alle Altersgruppen hochsignifikant (p < 0,01 bzw. p < 0,001). Die durchschnittliche jährliche Neuerkrankungsrate einer Krebserkrankung betrug in der exponierten Gruppe 119 pro 100.000 und in der nichtexponierten Gruppe 58 pro 100.000. Die entsprechenden Neuerkrankungsraten von Leukämien und Lymphomen lagen bei 43 für exponierte Soldaten gegenüber 6,8 bei nichtexponierten (siehe Tabelle). Insgesamt traten in der exponierten Gruppe 25 und in der großen Kontrollgruppe 133 Leukämien und Lymphome auf.

Auch die Raten für Gehirntumoren und bösartigen Erkrankungen der Speiseröhre und des Dick- und Enddarms waren in der strahlenexponierten Gruppe erhöht.

Eine Bestätigung der Ergebnisse bedarf nach Ansicht von Szmigielsky einer größeren Gruppe exponierten Personals. Dies sei nur möglich in Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Es bestehe in diese Richtung dringender Forschungsbedarf, zumal sich die Expositionen in Größenordnungen bewegten, Krebsinzidenz1) für alle Krebsarten von polnischem Militärpersonal in Abhängigkeit von Exposition/Nicht-Exposition gegenüber Hochfrequenzbelastung (1971-1985)
Altersgruppe  
in Jahren 
Exponierte
Kontrollen
OR2)
KI3)
20-29
27
12
2,3*
1,2-3,1
30-39
42
18
2,3*
1,0-3,1
40-49
162
84
1,9*
1,0-2,8
50-59
274
187
1,5
0,9-2,1
Gesamt
119
58
2,1*
1,1-3,6
Krebsinzidenz1) für alle Leukämien und Lymphome von polnischem Militärpersonal in Abhängigkeit von Exposition/Nicht-Exposition gegenüber Hochfrequenzbelastung (1971-1985)
Altersgruppe  
in Jahren 
Exponierte
Kontrollen
OR2)
KI3)
20-29
17
2,1
8,2§
3,1-22,6
30-39
26
3,1
8,6§
3,5-19,6
40-49
73
8,3
8,8§
4,1-15,3
50-59
109
24,3
4,5§
2,6-6,8
Gesamt
43
6,8
6,3$
3,1-14,3
1) jährliche Neuerkrankungsrate pro 100.000 Fälle
2) nachträglich geschätztes relative Risiko, Odds Ratio
2) 95%-Konfidenzintervall
* Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,05

§ Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,01
$ Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,001

die bisher allgemein als gesundheitlich unbedenklich angesehen werden.

Informationen über das Expositionsausmaß wurden für die Studie von militärischen Sicherheitsgruppen gesammelt, die HF- und Mikrowellenintensitäten an Stellen gemessen hatten, wo entsprechende Geräte benutzt, repariert oder gewartet wurden. Die meisten Quellen emittierten gepulste Strahlung in einer Frequenz zwischen 150 und 3.500 MHz. Die Messungen ergaben, daß 80-85% der Expositionen 0,2 mW/cm2 nicht überschritten, die übrigen sich zwischen 0,2 und 0,6 mW/cm2 bewegten und nur wenige über 0,6 mW/cm2 lagen. Der Autor betonte, daß die Expositionen gleichmäßiger waren, als in typischen Elektroberufen. Zum Vergleich: Die internationalen Grenzwertempfehlungen (IRPA 1988) liegen für die Allgemeinbevölkerung zwischen 0,2 (30-300 MHz) und 1 mW/cm2 (2-300 GHz) und für die berufliche Exposition zwischen 1 (30-300 MHz) und 5 mW/cm2 (2-300 GHz).

Szmigielskis Studie wird nach Auskunft des Herausgebers vermutlich Anfang 1996 in einer Sonderausgabe von "Science of the Total Environment" mit Berichten von der Konferenz "The Effect of RF Electromagnetic Radiation on Organisms" (Die Wirkung von HF-Strahlung auf den Organismus), Juni 1994 in Skrunda, Lettland erscheinen.

Quelle: RF/MW-exposed soldiers have more leukemia and lymphoma. Microwave News, 15 (3), S.1, 14 (1995).

[Zitierweise dieses Artikels: Erhöhte Leukämierate bei HF-exponierten Soldaten. Elektrosmog-Report 1 (5), S. 7-8 (1995).]
 
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Kurznachrichten

Arbeitskreis für Elektrosensible

Der Arbeitskreis für Elektrosensible hat einen umfangreichen Fragebogen zum Thema Elektrosensibilität entwickelt, der helfen soll, nähere Erkenntnisse und Zusammenhänge zum Thema Elektrosensibiltät zu gewinnen. Des weiteren bietet der Arbeitskreis eine große Bandbreite von Informationsunterlagen, inkl. Videofilme (für den privaten Gebrauch) und einem "Erste-Hilfe-Katalog" an, und führt regelmäßig Veranstaltungen und Seminare durch.

Kontakt: Arbeitskreis für Elektrosensible, Alleestr. 135, 44793 Bochum.
 
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Halbierung der Feldemissionen von Hochspannungstrassen gefordert

Eine Gutachterkommission aus New Jersey (NJ, USA) stellte im Mai diesen Jahres eine Richtlinie der Öffentlichkeit vor, die für neue bzw. modifizierte Hochspannungsleitungen ab 100 kV eine 50-prozentige Reduktion der magnetischen Felder verlangt. Ähnliche Vorschläge wurden bereits vom "Advisory Committee on Non-Ionizing Radiation (ACNIR)" im Oktober 1993 vorgebracht. Ausgangspunkt dieser Forderungen ist der Ansatz, daß die Feldabgaben von Hochspannungstrassen so gering wie wirtschaftlich vertretbar sein sollten.

Dr. D. Wartenberg vom "Environmental and Occupational Health Sciences Institute" in Piscataway (NJ) sagt hierzu: "Wir haben genug Erfahrung, um abschätzen zu können, daß eine 50-prozentige Feldreduktion mit konstruktiven Mehrkosten in Höhe von 50% erreicht werden kann, die über die Lebenszeit der Hochspannungstrassen mit weniger als 1% zu Buche schlagen".

Quelle: Microwave News 15(3), S. 3 (1995)
 
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DFG lehnt Antrag auf Förderung einer Studie zur Gefährdung durch Mobiltelefone ab

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) lehnte im Juni 1995 einen gemeinsamen Antrag des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) und der Universität der Bundeswehr auf Förderung der Studie "Untersuchung möglicher gesundheitlicher Risiken bei Mobilfunkanwendern - historische und prospektive epidemiologische Studie" ab. Die Studie zielte auf die etwa 800.000 Teilnehmer am C-Netz in den alten Bundesländern seit 1972. Es sollte die Assoziation von Expositionsdauer und Häufigkeit der Mobilfunknutzung mit dem Auftreten von Hirntumoren, Leukämien und hormonabhängigen Tumoren wie Prostata-, Brust-, Eierstocktumoren und dem bösartigen Hauttumor malignes Melanom untersucht werden.

Quelle: persönliche Mitteilung Prof. Dr. R. Frenzel-Beyme, BIPS, Abteilung Epidemiolgie der Umwelt und des Arbeitslebens.   


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Layout: Datadiwan eMail: webmeister@datadiwan.de