Elektrosmog Report
Nr. 8 / 2. Jahrgang August 1996 
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Experimentelle HF-Forschung
Beeinflussung des Schlafes durch HF-Strahlung

Zwei jüngere Studien aus Deutschland und den USA/Schweiz untersuchten den Einfluß gepulster bzw. amplitudenmodulierter Hochfrequenz(HF-)strahlung auf den Schlaf. Die Arbeitsgruppe um Boris Pasche von der Firma Symtonic (USA) fand eine günstige Beeinflussung von Schlafqualität und Schlafdauer bei experimenteller Verwendung amplitudenmodulierter Hochfrequenzstrahlung. Die deutsche Arbeitsgruppe um Klaus Mann von der Universität Mainz ermittelte eine ungünstige Beeinflussung der REM-Schlaf-Phase (Traumschlaf) bei Frequenzen, wie sie beim Mobiltelefonieren Verwendung finden. Beide Untersuchungen zeigen, daß amplitudenmodulierte HF-Strahlung mit Intensitäten unterhalb der internationalen Grenzwerte biologische Prozesse des Gehirns beeinflussen kann.

Die Arbeitsgruppe um Dr. Boris Pasche, die jetzt in der Zeitschrift "Sleep" ihre jüngsten Forschungsergebnisse präsentierte, hatte bereits 1994 schlaffördernde Effekte einer Therapieform beschrieben, die sie als Niedrig-Energie-Emissions-Therapie (LEET = Low Energy Emission Therapy) bezeichnete.

In der 1994 vorgestellten Untersuchung waren 52 gesunde Probanden im Alter zwischen 18 und 53 Jahren in einem Doppelblindversuch entweder einer 15minütigen Behandlung mit einer aktiven LEET-Vorrichtung (amplitudenmodulierte HF-Strahlung) oder einer Behandlung mit einer inaktiven LEET-Vorrichtung unterzogen worden (Reite et al. 1994). Nach einer Pause von einer Woche wurde gewechselt, so daß jeder der Teilnehmer einmal eine aktive Niedrig-Energie-Emissions-Therapie (LEET) erhielt und einmal eine Scheintherapie. Die aktive Behandlung bestand aus einem intermittierenden mit 42,7 Hz amplitudenmodulierten elektromagnetischem Hochfrequenzfeld von 27,12 MHz. Nach jeweils 3 Sekunden EMF folgte im Wechsel eine einsekündige Pause ohne Strahlung. Die Frequenz 42,7 Hz wurde gewählt, weil ein möglicher Effekt auf das EEG stärker gewesen war als bei anderen Frequenzen zwischen 1 und 100 Hz.

Die Probanden lagen mit geschlossenen Augen in einem dunklen Raum in einem Liegestuhl. Es wurde zunächst eine fünfminütige Messung der Gehirnströme mittels EEG (Elektroenzephalogramm) vorgenommen. Dann wurde das löffelförmige Mundstück der LEET-Vorrichtung zwischen Zunge und Gaumen plaziert, über die elektromagnetische Felder ausgesendet werden können. Anschließend erhielten die Patienten eine 15minütige Therapie bzw. Scheintherapie. Die Probanden konnten nicht unterscheiden, ob sie einem elektromagnetischen Feld ausgesetzt waren oder nicht. Nachdem das Mundstück entfernt worden war, wurde erneut ein 15minütiges EEG abgeleitet, mit dessen Hilfe sich Entspannungs- bzw. Schlaftiefe ermitteln ließ.

Verlängerter Schlaf nach LEET

Als wichtigste Ergebnisse ließen sich festhalten, daß im Vergleich mit der Scheintherapie bei aktiver LEET die Zeiten bis zum Eintritt des Schlafes und bis zum Eintritt verschiedener Schlafstadien unter EMF-Einfluß tendenziell verringert, die gesamte Schlafdauer um 15% verlängert und die Stadien tiefsten Schlafes am längsten waren (p=0,04).

In ihrer jüngsten Studie (Pasche et al. 1996) hatte die amerikanische Arbeitsgruppe um Pasche nun 108 Patienten, die unter Schlaflosigkeit, und 15 Patienten, die unter Angstzuständen litten, mit LEET behandelt. Dabei fand sich eine deutlich verlängerte Schlafzeit der behandelten schlaflosen Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe und eine signifikante Verminderung der Angstsymptomatik im Angstkollektiv.

Alle Patienten erhielten eine Behandlung mit einem amplitudenmodulierten HF-Feld von 27,12 MHz. Bei den schlaflosen Patienten wurde folgendes Protokoll für die Modulation verwendet:

Für die Behandlung von Ängsten wurden zwei verschiedene Protokolle verwendet: Die erzeugte Strahlungsintensität wurde so eingestellt, daß das lokale Maximum der geschätzten spezifischen Absorptionsrate (SAR) in der Schleimhaut des Mundes kleiner als 10 W/kg (IRPA-Basisgrenzwert) und im Gehirn zwischen 0,1 und 100 mW/kg lag. Die Effekte liegen damit deutlich im athermischen Bereich, da die Temperaturerhöhung im Gehirn deutlich unter 0,01 Grad Celsius liegt.
Zunahme der Schlafzyklen nach LEET

Die schlaflosen Patienten schliefen nach 12 Behandlungen von jeweils 20minütiger Dauer, die dreimal in der Woche durchgeführt worden war, im Vergleich zur Kontrollgruppe im Durchschnitt nachts 76 Minuten länger. Die Zeit bis zum Schlafeintritt verringerte sich signifikant um im Mittel 22 Minuten und die Anzahl der Schlafzyklen pro Nacht - definiert durch die Anzahl der REM-Phasen (Traumschlafphasen) - nahm um 30% zu. Es handelt sich damit um die erste Behandlungsform für Schlaflosigkeit, die die Anzahl der Schlafzyklen vermehren konnte.

Als einziger Nebeneffekt wurde eine vermehrte Bewußtwerdung von Träumen festgestellt, die jedoch nach Ansicht der Autoren als Hinweis auf den Erholungsprozeß der Patienten gedeutet werden kann.

Drs. Klaus Mann und Joachim Röschke von der psychiatrischen Klinik der Universität Mainz fanden dagegen einen ungünstigen Effekt auf die Schlafqualität (Mann 1996). An ihrer Untersuchung zum Einfluß gepulster hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Schlaf nahmen 14 gesunde männliche Probanden teil. Das Untersuchungsprotokoll wich von dem der amerikanischen Arbeitsgruppe ab. Jeder Proband verbrachte drei aufeinanderfolgende Nächte in einem Schlaflabor. Ein digitales Mobiltelefon wurde in 40 cm Entfernung vom Scheitel plaziert. Die Telefonantenne sendete ein elektromagnetisches Feld von ca. 900 MHz mit einer Pulsung von 217 Hz und einer Pulsweite von 580 Mikrosekunden aus. Die maximal emittierte Energie betrug 8 Watt und führte zu einer mittleren Strahlungsflußdichte von 0,05 mW/cm2 in 40 cm Entfernung. Den Probanden wurde erst nach 23 Uhr abends das Einschlafen gestattet. Zu diesem Zeitpunkt startete die bis 7 Uhr morgens dauernde Untersuchung. Die Probanden wurden ohne ihr Wissen an verschiedenen Tagen entweder acht Stunden lang dem beschriebenen elektromagnetischen Feld oder keinem Feld ausgesetzt.

Beeinträchtigung der Schlafqualität -
Unterdrückung des REM-Schlafes

Die auffälligsten Ergebnisse waren - in Übereinstimmung mit den US-amerkanischen Beobachtungen - eine signifikante Verringerung der durchschnittlichen Zeit bis zum Einschlafen von im Mittel 12,3 auf 9,5 Minuten (p<0,005), und - allerdings im Gegensatz zu den Beobachtungen von Pasche - eine deutliche Verringerung (p<0,05) des mittleren Anteils der REM-Schlafphasen um ca. 20% (von 17,1% auf 13,9%) an der weitgehend identischen Gesamtschlafdauer.

Weitere statistische Untersuchungen zeigten auch eine qualitative Beeinflussung des Schlafes. So fanden sich signifikante Wechselwirkungen zwischen der Schlafstufe und dem elektromagnetischen Feld. Für eine detaillierte Untersuchung wurden die EEG-Signale der Gehirnwellen in Frequenzbänder aufgeteilt: delta = 1-3,5 Hz, theta = 3,5-7,5 Hz, alpha1 = 7,5-12,5 Hz, alpha2 = 12,5-15 Hz, beta = 15-29 Hz. Es fiel vor allem eine starke Wechselwirkung zwischen den Alpha-Wellen (alpha1 und alpha2) und dem EMF auf. Wie die Spektralanalyse der EEG-Signale nachwies, wurden vor allem die REM-Schlafphasen qualitativ beeinflußt mit erhöhter spektraler Intensität in allen Frequenzbändern.

Hinsichtlich der subjektiven Beurteilung der Schlafqualität durch die Probanden fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Exposition und Nichtexposition.

Mann und Röschke werten die Ergebnisse als Hinweis darauf, daß gepulste Strahlung in Frequenzen und Intensitäten, wie sie beim Mobilfunk Verwendung finden, einen den REM-Schlaf unterdrückenden Effekt haben könne und den Schlaf qualitativ ungünstig beeinflusse. Schwache EMF könnten biologische Effekte auslösen. Einschränkend weisen sie jedoch daraufhin, daß die Ergebnisse unter Laborbedingungen mit achtstündiger Expositionsdauer gewonnen wurden und im Alltag die Expositionszeiten wesentlich kürzer sind. Da die Ergebnisse an gesunden jungen Probanden erhoben wurden, sei es allerdings nicht ausgeschlossen, daß andere Kollektive (ältere Personen, Personen mit psychischen oder physischen Störungen) eine größere Empfindlichkeit gegenüber EMF aufwiesen.

Die hier vorgestellten Ergebnisse der Untersuchungen von Pasche und Mitarbeitern (1994 und 1996) und Mann und Röschke (1996) zeigen, daß es biologische Wirkungen von HF-Strahlung unterhalb der thermischen Schwelle gibt, deren Qualität von Modulation und Pulsung der Strahlung abhängt.

[Zitierweise dieses Artikels: Beeinflussung des Schlafes durch HF-Strahlung. Elektrosmog-Report 2 (8), S. 5-6 (1996)].

Quellen:

  1. Reite, M., et al.: Sleep inducing effect of low energy emission therapy. Bioelectromagnetics 15, 67-75 (1994).
  2. Pasche, B., et al.: Effects of low energy emission therapy in chronic psychophysiological insomnia. Sleep 19, 327-336 (1996).
  3. Mann, K., Röschke, J.: Effects of pulsed high-frequency electromagnetic fields on human sleep. Neuropsychbiology 33, 41-47 (1996).
 
 
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Einzelfallanalyse
Leukämiefälle in der Region Hamburg-Bergedorf

Am 22. Juli 1996 stellte Prof. Jörg Michaelis vom Deutschen Kinderkrebsregister der Universität Mainz die Ergebnisse einer Einzelfallanalyse zu den im Zeitraum 1984 bis 1994 aufgetretenen Leukämieerkranungen bei Kindern im Bezirk Hamburg-Bergedorf vor.

Anlaß für die Untersuchung waren Berichte im Februar 1995, nach denen es in der Siedlung Neu-Allermöhe und in den Vier- und Marschlanden eine alarmierende Häufung von Leukämiefällen bei Kindern gäbe. Auswertungen des Hamburgischen Krebsregisters der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) ergaben, daß die behauptete Leukämiehäufung in den Vier- und Marschlanden nicht bestätigt werden konnte, wohl aber in der Neubausiedlung Neu-Allermöhe. Dort war die Inzidenz kindlicher Leukämien gegenüber der Inzidenz im gesamten Stadtgebiet von Hamburg deutlich erhöht.

Methodik

Die BAGS beauftragte Michaelis, in einer Einzelfallanalyse der insgesamt acht Fälle zu prüfen, welche bekannten und diskutierten Risikofaktoren sich bei den Leukämiepatienten wiederfinden und ob sich Gemeinsamkeiten zwischen den Fällen zeigen. Die Untersuchungen wurden in enger Anlehnung an die kurz zuvor abgeschlossene Niedersachsenstudie (vgl. Elektrosmog-Report 2(3), S. 6-8) durchgeführt, um eine Vergleichbarkeit mit den dort beobachteten Ergebnissen zu gewährleisten. Die verwendeten Erhebungsinstrumente (umfangreicher Fragebogen und ein standardisiertes Telefoninterview) decken praktisch das gesamte Spektrum der zur Zeit diskutierten Risikofaktoren für Leukämien im Kindesalter ab. Betrachtet wurden u. a.: Expositionen der Eltern am Arbeitsplatz, Alter und Röntgenuntersuchungen der Mütter, Zahl der Impfungen, Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln oder häuslich angewendeten Insektiziden, Nähe zu vielbefahrenen Straßen und schließlich die Magnetfeldbelastungen in den Wohnungen.

Magnetfeldbelastungen

Zur Erfassung der Magnetfeldbelastung wurde der tageszeitliche Verlauf des Magnetfeldes mit je einem stationären Meßgerät über 24 Stunden im Kinderzimmer und im Wohnzimmer der betreffenden Wohnung aufgezeichnet (24-Stunden-Messung). Im Vordergrund der Beurteilung der Meßergebnisse stand der Median der 24h-Messung im Kinderzimmer in der jeweils am längsten bewohnten Wohnung sowie der Nachtwert, der als medianer Wert der Kinderzimmermessung zwischen 22:00 und 6:00 Uhr definiert wurde. Der Nachtwert für das Schlafzimmer des Kindes hat den Vorteil, daß er besonders gut einen wesentlichen Anteil der täglichen kindlichen Exposition charakterisiert, da sich die Kinder während des Meßzeitraumes mit großer Wahrscheinlichkeit an diesem Ort aufgehalten haben.

Die Messungen wurden für sieben Kinder durchgeführt, das achte Kind zog erst kurz vor der Diagnosestellung nach Hamburg. Es ergaben sich für zwei der sieben Wohnungen magnetische Flußdichten zwischen 0,2 und 0,4 µT im Kinderzimmer, sowohl für den Median der 24h-Messung als auch für die Medianwerte der nächtlichen Messungen. Ursachen für die erhöhten Felder waren eine nahegelegene Hochspannungsleitung sowie ein in Hausnähe unterirdisch verlegtes Niederspannungskabel.

Zu den gefundenen Belastungen schreibt Michaelis: "Im Sinne der Fragestellung der Niedersachsenstudie, bei der der Median der 24h-Messung im Kinderzimmer der am längsten bewohnten Wohnung mit einem Schwellenwert von 0,2 µT als Grundlage der Expositionseinteilung definiert wurde, ist die Zahl der stärker Exponierten mit zwei von sieben Kindern relativ hoch. Allerdings können auf der Basis von nur zwei Beobachtungen statistisch keine validen Schlußfolgerungen gezogen werden. In Niedersachsen waren lediglich 1,4% der Studienpopulation stärker exponiert. In Berlin, das aufgrund seines Großstadtcharakters für einen Vergleich mit Hamburg besser geeignet ist, liegt der Anteil Exponierter kurz vor Abschluß der dort durchgeführten Studie bei ungefähr 8%."

Ergebnisse

Die Untersuchung konnte eine Übersicht über das Risikoprofil der untersuchten Kinder erstellen. Einige der bekannten und diskutierten Risikofaktoren konnten auch hier wiedergefunden werden (Greaves-Hypothese (schwach entwickeltes Immunsystem bei einer Isolierung der Kinder in der ersten Lebensphase), berufliche Exposition des Vaters mit Plastik- und Harzdämpfen, Röntgenuntersuchung der Mutter in der Frühschwangerschaft). Die teilweise festgestellten Gemeinsamkeiten lassen sich aber nicht als Hinweis auf einen einzelnen oder einen dominanten ursächlichen Faktor in der Region deuten.

Einen Zusammenhang zwischen Hochspannungsleitungen, deren Magnetfeldern und Leukämie-Erkrankungen kann die Studie weder bestätigen noch ausschließen. Im Vergleich zu anderen Studien ist der Anteil der stärker Magnetfeld-exponierten Wohnungen erhöht (2 von 7), vier Familien wohnten zeitweise in der Nähe von Hochspannungstrassen. Die kleinen Fallzahlen lassen jedoch keine valide statistische Schlußfolgerung zu. Michaelis: "Außerdem muß auch an dieser Stelle nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß es bis heute wissenschaftlich völlig offen ist, ob relativ schwache elektromagnetische Felder überhaupt zur Entstehung von Leukämien bei Kindern beitragen können. Hier besteht noch ein erheblicher Untersuchungsbedarf."

Die BAGS sieht sich in ihrer Vorsorgepolitik bestätigt: "In Hamburg sind schon frühzeitig Konsequenzen aus der möglichen Gefährdung durch Hochspannungsleitungen gezogen worden: so ist in Hamburg als erstem Bundesland die präventive Praxis eingeführt worden, bei Neubauvorhaben Mindestabstände zu Freileitungen einzuplanen. Darüber hinaus setzt sich Hamburg in den Bund-Länder-Gremien für eine Minimierung der Belastung durch elektromagnetische Felder ein, so z. B. bei der Diskussion um den Entwurf zur Verordnung über nicht-ionisierende Strahlungen. Zur weiteren Abklärung lokaler Risikofaktoren führt die BAGS außerdem derzeit im Auftrag der Bürgerschaft eine Untersuchung zur Häufigkeit kindlicher Leukämien in der Nähe von Hochspannungsleitungen, bestimmten industriellen Emittenten und der Belastung durch den Straßenverkehr für Gesamt- Hamburg durch."

Kritik an der Studie

Die Umweltgruppe Neu-Allermöhe, Anwohner und auch die Hamburger Presse bezeichnen die Ergebnisse der Studie als "äußerst mager". Die Einzelanalysen der acht Leukämiefälle in Bergedorf böten "keine Antwort, warum in Neu-Allermöhe überdurchschnittlich viele Kinder krank sind. Sehr zum Unwillen Betroffener und anderer Neu-Allermöher". Außerdem wurde Kritik an den Meßmethoden der Studie laut, die die tatsächliche Belastung unterschätzen würden. Eine einzelne 24h-Messung sei nicht repräsentativ für die Belastung über das Jahr. Andere Messungen in Neu-Allermöhe hätten dies bereits gezeigt.

Quellen:

  1. Pressestelle der Stadt Hamburg/BAGS: "Leukämie-Fälle in der Region Bergedorf: EIne Untersuchung des Deutschen Krebsregisters", Hamburg 22. 7. 1996.
  2. Michaelis, J. : "Spezialerhebung des Deutschen Krebsregisters bei Leukämiepatienten in Hamburg-Bergedorf", Mainz 18.7.1996.
 
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Beeinflussung von Herzschrittmachern durch Mobiltelefone

Eine neue Studie von F. Hofgärtner und Kollegen (1996) untersuchte die Beeinflussung durch drei verschiedene Mobiltelefone, ein C-Netzhandgerät mit einer Leistung bis zu 0,5 Watt, ein D-Netzhandgerät (bis zu 2 Watt) und ein D-Netz-Portable (bis zu 8 Watt) auf 58 verschiedene Herzschrittmachermodelle in verschiedenen Betriebsarten bei insgesamt 104 Patienten. Falls programmierbar, wurde der Schrittmacher auf maximale Empfindlichkeit eingestellt.

48,3% aller Schrittmachertypen (n=28) bei 41,3% der Patienten (n=43) zeigten verschiedene Störungen. So traten etwa komplette Funktionshemmungen mit mehrsekündiger Pause der Herzaktionen (Asystolie) und Herzfrequenzabfall bei niedriger Eigenfrequenz auf. Zudem fanden sich Umschaltungen auf Störfrequenzen mit Wechsel zwischen Eigen- und Schrittmacherfrequenz (Parasystolie) mit der Gefahr des Kammerflimmerns, daneben sprunghafte Steigerungen der Herzfrequenz von der Grundfrequenz (70 Schläge pro Minute) auf die maximale Schrittmacherfrequenz (115 Schläge pro Minute) oder andere Formen schrittmacherinduzierter Herzfrequenzzunahme (Tachykardien) auch auf höhere Frequenzen.

Sämtliche Betriebsweisen des Telefons konnten zu Störungen führen, wobei der stärkste Effekt beim Aufbau einer Verbindung 1-2 Sekunden vor dem ersten Signalton auftrat. Die geringste Störintensität bestand während des Sprechens bzw. völligen Schweigens. Es fanden sich keine Unterschiede zwischen C- und D-Netz.

Entscheidend für die Stärke des Einflusses war die Leistung der Telefone und der räumliche Abstand zwischen Telefon und Schrittmacheraggregat. Das 8-Watt-Portable beeinflußte knapp über der Hautoberfläche 48,3% aller Schrittmachertypen, die D- und C-Netz-Handies jeweils 22,4%. Im allgemeinen waren Herzschrittmacher, die sensibel auf D-Netz-Handies reagierten auch störanfällig für C-Netz-Handies. In einem Abstand von 10 cm über dem Aggregat traten noch bei 9 der 58 Schrittmachertypen (15,5%) Störungen auf. Der größte festgestellte Störabstand lag bei 120 cm. Bei der maximalen Empfindlichkeit des Herzschrittmachers traten zwar die stärksten Störungen auf, allerdings waren auch Störungen bei geringer Empfindlichkeit möglich (bis zu einer Empfindlichkeit von 5,6 mV).

Mobilfunknetze in Deutschland (nach: Höfgärtner et al. 1996)
Netz Frequenzbereich  Signalübertragung Anzahl der Teilnehmer  Inbetriebnahme
C 450 MHz analog  850.000 1985
D 900 MHz digital  > 2 Mill. 1992
E 1800 MHz digital  > 2 Mill. 1994
Die Untersuchung bestätigt die Beobachtungen von Irnich und Mitarbeitern (1995), daß etwa 50% aller Herzschrittmachertypen durch Mobiltelefone in ihrer Funktion gestört werden können und unterstreichen die Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums vom März 1995, Mobiltelefone (Handies) in kritischen Bereichen von Kliniken, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen zu verbieten (vgl. Elektrosmog-Report 1 (2), S. 8 (1995)). Auch andere medizinische Geräte (Infusionspumpen, Dialyse- und Beatmungsgeräte sowie Patientenüberwachungssysteme) können durch Mobiltelefone gestört werden.

Quellen:

  1. Irnich, W. L. et al.: Störbeeinflussung von Herzschrittmachern durch Mobilfunkgeräte. Herzschrittmacher 15, 5-20/45-49 (1995).
  2. Höfgärtner, F. et al.: Können Mobil-Telefone im C- und D-Netz Herzschrittmacher-Patienten gefährden. Dtsch. med. Wschr. 121, 646-652 (1996).
 
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Transrapid und Herzschrittmacher

Als Ergänzung zu unserem Beitrag "EMF-Belastung im Transrapid" (Elektrosmog-Report 2(7), S. 5-6) weist Werner Schaper, Hamburg, darauf hin, daß die Auswirkungen der Transrapid-Magnetfelder auf Herzschrittmacher und andere elektronische Implantate nicht hinreichend geklärt seien. Dies gilt insbesondere für die in den Transrapid-Magnetfeldern auftretenden Transienten mit Feldänderungen von bis zu 20 µT.

Die Fragestellung ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Felder zum Boden des Fahrgastraumes hin stärker werden. Wenn ein Herzschrittmacher so stark gestört wird, daß sein Träger bewußtlos wird, kann er nicht durch den Fall zu Boden aus der Belastungszone entkommen, im Gegenteil, das Feld wächst sogar an. Dieser "Fall zu Boden" kann ansonsten Leben retten, indem er den Träger des Implantats aus den Feldern von z. B. Diebstahlschutzsystemen entkommen läßt und der Schrittmacher wieder ungestört arbeiten kann.

Das zweite Problem stellen beim Transrapid die wenigen Haltestellen dar, so daß es bei einer Störung eines elektronischen Implantats lange dauern kann, bis der Patient ärztliche Hilfe erhält.
 
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Neuer Standard für schnurlose
Telefone

Bei schnurlosen Telefonen mit Reichweiten von maximal 300 m kommt zunehmend der neue DECT-Standard (Digital European Cordless Telecommunication) zum Einsatz. Typische Anwendungsgebiete sind schnurlose Haustelefone (vgl. Elektrosmog-Report 2(4), S. 9, 1996) sowie Mini-Ortsnetze zur Schaffung eines flächendeckenden Telefonnetzes, bei dem der eigentliche Anschluß der Endgeräte schnurlos über das DECT-System erfolgt. Das private Telekommunikationsunternehmen RWE-Telliance führt hierzu ein Pilotprojekt in Gelsenkirchen durch.

DECT-Systeme arbeiten, ähnlich wie das E-Netz im 1.800-MHz-Band. Ebenso wie im D- (GSM-Standard) und E-Netz (DCS-Standard) wird beim DECT-Standard ein Zeitschlitzverfahren (Time Devision Multiple Access) verwendet. Hiermit ist es möglich, daß mehrere Teilnehmer eine Trägerfrequenz gleichzeitig benutzen. Bei den GSM- und DCS-Standards ist ein Übertragungsfenster, die sog. Rahmenlänge, 4,6 msec lang, woraus sich die bekannte Wiederholfrequenz von 217 Hz (= 1 / 4,6msec) ableitet. Beim DECT-Standard ist die Rahmenlänge 10 msec und damit die Wiederholungsfrequenz 100 Hz (= 1 / 10msec). In einem Übertragungsfenster befinden sich 24 Zeitschlitze von je 0,417 msec, d. h. auf einer Trägerwelle können 24 Teilnehmer gleichzeitig telefonieren. Das gesprochene Wort wird mit Modulation der hochfrequenten Trägerwelle übertragen.

Neben diesen 100-Hz-Signalen treten niederfrequente Magnetfelder auf. Die Ströme der Telefonbatterien verursachen im Sendemodus magnetische Felder in der Größenordung von 1 bis 4 µT.

Die maximale Sendeleistung von DECT-Geräten ist mit 0,25 Watt deutlich niedriger als die üblichen 2 Watt der D-Netz-Handys und auch die Basisstationen sind im DECT-Standard auf 0,25 Watt begrenzt. Die mittlere abgestrahlte Leistung eines DECT-Telefons beträgt aufgrund des Zeitschlitzverfahrens 1/24 der maximalen Leistung, also maximal 10 mW. Daraus resultieren wiederum maximale spezifische Absorptionsraten (SAR) zwischen 0,05 und 0,1 W/kg. Thermische Effekte von DECT-Systemen können damit praktisch ausgeschlossen werden. Eine ungeklärte Frage sind hingegen die möglichen athermischen Wirkungen.

Quelle: "DECT". In: EMF-Monitor 2(2), S. 16


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