Elektrosmog-Report
5. Jahrgang / Nr. 1 Januar 1999
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Kongressbericht

EMF und Unspezifische Gesundheitsprobleme

Der Zusammenhang zwischen unspezifischen gesundheitlichen Symptomen und elektromagnetischen Feldern stand im Mittelpunkt eines Symposiums im österreichischen Graz. Dazu zählen beispielsweise Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Herzkreislaufprobleme, Hautbrennen und weitere überwiegend neurovegetativ bedingte Störungen. Es wurde sowohl das Thema Elektrosensibilität behandelt als auch ein Überblick über Effekte präsentiert, die möglicherweise die gesamte Bevölkerung betreffen.

Die Tagung vom 19. bis 20. September 1998 wurde organisiert von der Abteilung für klinische Technik des Instituts für biomedizinische Technik der Technischen Universität Graz (Leiter: Prof. Dr. Norbert Leitgeb), der Abteilung Gesundheitsfürsorge der österreichischen Botschaftskanzlei sowie von COST 244bis, einem europäischen Projekt zu biomedizinischen Effekten elektromagnetischer Felder. Kooperationspartner waren das internationale EMF-Projekt der Weltgesundheitsorganisation und die ICNIRP (Internationale Strahlenschutzkommission für nichtionisierende Strahlung). Nachfolgend eine Zusammenfassung der im Tagungsband abgedruckten zehn Vorträge.

Das Umwelt-Inkompatibilitätssyndrom

Das Umwelt-Inkompatibilitätssyndrom (EIS), das nicht nur im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern auftritt, wurde von Michael Kunze vom Institut für Sozialmedizin in Wien unter Betonung psychologischer Faktoren betrachtet. Eine grosse Rolle bei der Erfassung des Syndroms spielten selbstberichtete Gesundheitsstörungen, die stark von der öffentlichen Diskussion und der subjektiven Wahrnehmung möglicher Gesundheitsgefahren durch Umwelteinflüsse beeinflusst würden. So könne eine zu intensive und kontrovers geführte Diskussion über regulatorische Maßnahmen ein Problembewusstsein und ein Gefühl von Unsicherheit und Angst bei vielen Menschen erzeugen, was zu stressbezogenen Mechanismen führen könne. Langzeitiger Stress, verursacht durch Stressoren auf der Basis der Riskowahrnehmung, könne nicht nur das Wohlbefinden stören, sondern auch zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.

Elektromagnetische Überempfindlichkeit

Unter den Faktoren, die ein Umwelt-Inkompatibilitätssyndrom auslösten, hätten laut Norbert Leitgeb von der Technischen Universität Graz elektromagnetische Felder eine zunehmende Aufmerksamkeit als mögliche Ursache für unspezifische Erkrankungen erzielt. Im Allgemeinen nennen sich davon betroffene Personen "elektromagnetisch überempfindlich", "überempfindlich gegenüber Elektrizität" oder "elektrosensibel". Der Begriff der elektromagnetischen Überempfindlichkeit sei schwach definiert und man könne bisher nicht davon ausgehen, dass er eine ursächliche Beziehung zwischen EMF und gesundheitlichen Problemen beinhalte. Leitgeb definierte elektromagnetische Überempfindlichkeit in seinem Vortrag "als die Fähigkeit, auf EMF bei einem deutlich niedrigeren Expositionsniveau als normal zu reagieren". Diese Fähigkeit müsse nicht unbedingt mit gesundheitlichen Problemen einher gehen. Man müsse jedoch anerkennen, dass es Personen mit entsprechenden, oft schwerwiegenden Problemen gäbe und dass diese Personen Hilfe benötigten.

Ein internationales von der Europäischen Union gefördertes Projekt habe folgende Auffälligkeiten ergeben:

· Es bestehe ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit einer grösseren Zahl von Personen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, in nordischen Ländern (Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark) sowie in Deutschland und geringeren Zahlen im Süden (Griechenland, Portugal, Spanien). Auch in kleineren Ländern wie Belgien, Luxemburg und Island bestehe ein geringes Vorkommen oder ein geringes Bewusstsein über Elektrosensibilität.

· Es bestehe ein deutlicher Unterschied hinsichtlich der elektrischen Anwendungen, die für unspezifische gesundheitliche Symptome verantwortlich gemacht würden. In nordischen Ländern würden vor allem innerhäusliche elektrische Anwendungen, wie vor allem Monitore, in Deutschland und Österreich dagegen vor allem ausserhäusliche Quellen wie Starkstromleitungen und Basisstationen für Beschwerden verantwortlich gemacht.

Eine doppelblinde Studie an 297 Männern und 309 Frauen zur Wahrnehmung von 50 Hz-Feldern am Unterarm zeigte, dass zwei Prozent der Teilnehmer eine besonders starke Sensibilität aufwiesen. Dies unterstütze die These der Existenz einer elektromagnetischen Überempfindlichkeit im Sinne einer verstärkten Wahrnehmungsfähigkeit. In vielen Tests hätten Personen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, jedoch meistens nicht die elektrischen oder magnetischen Felder identifizieren können. Die Erfahrung zeige, dass gesundheitliche Probleme eher auf der Grundlage von Überzeugungen als auf einer echten Expositionssituation entstünden.

Umgang mit Elektrosensibilität

Obwohl die Ursache für die von Elektrosensiblen erlebten Beschwerden unklar sei, so seien die gesundheitlichen Probleme doch real. Darauf wies auch Lena Hillert vom Forschungszentrum für Umweltkrankheiten der Abteilung für öffentliche Gesundheit des Karolinska-Instituts in Stockholm (Schweden) hin. Erfahrungen aus der Behandlung von Elektrosensiblen hätten Folgendes ergeben:

· Bestimmte Situationen oder Geräte könnten als konditionaler Reiz wirken und bestimmte Symptome triggern.

· Symptome könnten bei Abwesenheit von EMF auftreten.

· EMF löse nicht immer die Symptome aus.

· Verbesserungen könnten auftreten, ohne dass EMF vermieden werde.

· Alternative erklärende Faktoren würden bei einer Anzahl von Elektrosensiblen gefunden (z. B. Hauterkrankungen, psychiatrische Diagnosen).

· Unterschiedliche Behandlungsmaßnahmen und Programme seien nachgewiesenermassen hilfreich. Das unterstreiche die Wichtigkeit einer individuellen Wahl von Therapien. In verschieden Studien seien beispielsweise folgende Maßnahmen mit Erfolg angewandt worden: Verhaltenstherapie, multidisziplinäres Interventionsprogramm, Akupunktur, Shiatsu.

Verschiedene Co-Faktoren seien beobachtet worden, darunter hohe Arbeitsbelastung, fehlende soziale Unterstützung, hohe Umgebungstemperatur oder geringe Luftfeuchtigkeit.

Die Vorbeugung der elektromagnetischen Überempfindlichkeit sollte Informationen über elektromagnetische Felder und über das gegenwärtige Wissen über Elektrosensibilität umfassen. Dazu zähle, dass die Prognose im Allgemeinen gut sei und keine schädlichen Langzeitfolgen bekannt seien. Ein weiterer Punkt sei die Optimierung der Arbeitsbedingungen, was sowohl die elektromagnetische Belastung als auch mögliche Co-Faktoren wie weitere Umwelteinflüsse und die Arbeitsergonomie umfasse. Beim Auftreten von Symptomen sei eine frühzeitige Intervention wünschenswert, um eine Verschlimmerung zu vermeiden.

Elektromagnetische Überempfindlichkeit sei in Schweden keine Diagnose. Man verwende Symptomdiagnosen und füge hinzu, dass der Patient die Symptome auf eine Überempfindlichkeit auf Elektrizität zurückführe. Dies sei sehr wichtig. Der Patient solle ernst genommen werden. Wichtig sei die Unterrichtung von Angehörigen der medizinischen Berufe in der Behandlung von Elektrosensiblen, die Erleichterung der Behandlung in multidisziplinären Teams und die Einrichtung von speziellen Zentren.

Unspezifische Gesundheitsprobleme:
Klinische Daten

Die ersten klinischen Daten zu unspezifischen gesundheitlichen Beschwerden stammen nach dem Vortrag von Louis Miro vom Service Biophysique Medical der Universität Nimes (Frankreich) aus dem Jahre 1957 von einer sowjetischen Arbeitsgruppe (Piscounova et al.). Nach einer Exposition mit 300 kHz, 20 und 75 MHz seien bei 128 Arbeitern eine Vielzahl von Symptomen aufgetreten, darunter muskuläre Müdigkeit und Muskelschmerzen, Konzentrationsstörungen und Gedächtnisverlust, Kopfschmerzen, Angst, Schlafstörungen, Störungen der Wärmeregulation etc. In den folgenden Jahren konnten diese Befunde von einigen Arbeitsgruppen bestätigt und von anderen nicht bestätigt werden. Grundsätzlich könnten solche unspezifischen Symptome auch durch verschiedene andere Ursachen ausgelöst werden, so dass die Schwierigkeit einer ursächlichen Zuweisung bestehe.

In einer eigenen klinischen und epidemiologischen Studie, in der alle Teilnehmer unter den gleichen Bedingungen elektromagnetischen Feldern ausgesetzt gewesen seien, hätten 60 Prozent keine klinischen Symptome gezeigt, 30 Prozent Beschwerden mit einem oder einigen neurovegetativen Symptomen und 10 Prozent Symptome, die eine Untersuchung in einem Krankenhaus gerechtfertigt hätten. Das lege eine individuelle Empfindlichkeit nahe.

Bisher bestünden keine klinischen oder paraklinischen Möglichkeiten zur Verfügung um festzustellen, ob eine Person besonders empfindlich sei. Ein Ansatz könnten nuklearmedizinische Tests sein. So hätten sich bei drei Personen, die nach der Exposition mit Radarstrahlen pulsierende Kopfschmerzen, Gedächtnisverlust, Schlafstörungen, Angst und Wärmeregulationsstörungen aufwiesen, in einer Gehirnszintigraphie mit Aminosäuren Störungen der lokalen Gehirndurchblutung und Gebiete mit einem Verlust der Radionuklidbindung gefunden.

Epidemiologische und experimentelle Studien

Ulf Bergquist von der Abteilung für öffentliche Gesundheit des Nationalen Instituts für das Arbeitsleben in Stockholm (Schweden) gab einen Überblick über epidemiologische und experimentelle Studien zum Thema unspezifische Gesundheitsprobleme im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern und teilte sie dabei in drei Frequenzbereiche ein.

Im Bereich der extrem niederfrequenten Felder hätten vor allem die Herzfrequenzvariabilität, Schlafprozesse, Melatonin und Elektrosensibilität im Vergleich mit anderen Themen die grösste Relevanz für die Risikoabschätzung und Gefahrenidentifikation. Bisherige Studien in diese Richtung seien nicht robust genug für eine Gefahrenbewertung, seien jedoch Anlass genug für weitere Untersuchungen. Eine Anzahl von Bevölkerungs- und Arbeitsplatzstudien hätten Zusammenhänge zwischen EMF einerseits und Kopfschmerzen, Depressivität, Angst oder Schlafproblemen andererseits untersucht. In einigen Studien sei ein Zusammenhang gefunden worden. Bergquist erwähnte die aktuelle Studie von Törnquist et al. (1998), in der das Risiko der Entwicklung neurasthenischer Symptome (Konzentrationsstörungen, Angst, Irritation) mit dem Niveau der EMF-Exposition assoziiert war. In den meisten Studien sei jedoch kein Zusammenhang entdeckt worden. Zudem sei es schwierig, zwischen der EMF-Exposition und dem Bewusstsein der Exposition als Ursache zu unterscheiden.

Daten über Situationen mit Feldern mittlerer Frequenzen seien weitgehend auf Bildschirmarbeitsplatzsituationen beschränkt. In diesem Zusammenhang werde häufig von unterschiedlichen Hautproblemen berichtet. In Provokationsstudien wären die Probanden jedoch im Allgemeinen nicht in der Lage gewesen, die elektrischen und magnetischen Felder zu identifizieren. Es seien Zusammenhänge mit anderen Umgebungsfaktoren wie klimatische Faktoren (vor allem relative Luftfeuchtigkeit) und Lichtfaktoren (Helligkeit, Flickern) aufgefallen.

Im Hochfrequenzbereich sei eine Studie von Kolmodin-Hedman et al. (1988) auffällig, in der Plastikschweisserinnen eine deutlich höhere Rate an Missempfindungen im Bereich der Arme und einen höheren Kopfschmerzmittelverbrauch aufgewiesen hätten als Kontrollen. Die übrigen Studien mit "Hochfrequenz-Arbeitern" hätten meistens keine Auffälligkeiten hinsichtlich unspezifischer Symptome nachgewiesen.

Mobiltelefone und unspezifische
Gesundheitssymptome

Die öffentliche Sorge über gesundheitliche Gefahren durch elektromagnetische Felder von Mobiltelefonen habe laut Kjell Hansson Mild vom Nationalen Institut für das Arbeitsleben in Umea (Schweden) erheblich zugenommen. So hätten Handy-Benutzer in Schweden, Norwegen, Großbritannien, Australien und den USA Hersteller, Verkaufsorganisationen und wissenschaftliche Institute mit entsprechenden Fragen kontaktiert. Seine Arbeitsgruppe (Hansson Mild et al. 1998) habe eine Abhängigkeit verschiedener vegetativer Symptome von Gesprächsdauer und Anzahl der Gespräche pro Tag mit analogen und digitalen Telefonen ermittelt. Am auffälligsten seien Kopfschmerzen und Müdigkeit gewesen (Elektrosmog-Report, Juli 1998).

In verschiedenen Studien seien folgende Effekte im Zusammenhang mit der Verwendung von Mobiltelefonen gefunden worden:

· Durch eine Erwärmung des Telefons treten leichte Tempe-raturerhöhungen in der Umgebung des Ohres und der Wange auf.

· Elektromagnetische Felder, wie sie ähnlich bei Mobiltelefonen verwendet werden, zeigten tierexperimentell Wirkungen auf die Blut-Hirn-Schranke (z. B. Persson et al. 1997).

· Eine Zunahme des Blutdrucks (Braune et al. 1998, Elektrosmog-Report, Juli 1998).

· Studien zur Untersuchungen von Schlafstörungen führten zu widersprüchlichen Resultaten.

Zusammenfassend wies Hansson Mild darauf hin, dass die Verwendung von Mobiltelefonen zu einigen subjektiven Symptomen und Veränderungen physiologischer Parameter führe. Unklar sei, ob dafür ursächlich die elektromagnetische Strahlung verantwortlich ist.

Schlafstörungen und EEG-Veränderungen

Clete A. Kushida vom Stanford Zentrum für menschliche Schlafforschung der Universität von Stanford (USA) führte mehrere Studien an, nach denen hochfrequente Felder den Schlaf beeinflussen und möglicherweise zur Therapie von Schlafstörungen genutzt werden können (z. B. Reite et al. 1994, Pasche et al. 1996, Mann und Röschke 1996). Effekte auf das EEG seien vermutlich minimal. Einige Studien hätten einige Veränderungen gefunden, die meisten jedoch nicht. Es seien keine klinisch relevanten Veränderungen von neuroendokrinen Funktionen nach der Exposition mit Mobiltelefon-EMF gefunden worden. Einige Studien hätten subjektive Beschwerden im Zusammenhang mit anderen EMF-Expositionen ermittelt. Als Beispiel führte er die Studien über den Schweizer Kurzwellensender Schwarzenburg (Elektrosmog-Report, Dezember 1998) an.

Digitale Mobiltelefone und REM-Schlaf

Joachim Röschke und Klaus Mann von der Psychiatrischen Klinik der Universität Mainz stellten eigene Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen von Mobiltelefonen emittierten gepulsten elektromagnetischen Feldern und den durch ein Elektroenzephalogramm (EEG) gemessenen Hirnströmen sowie dem Schlaf vor. Es wurde das Wach-EEG über eine Expositionszeit von 3,5 Minuten und das Schlaf-EEG über eine Expositionszeit von acht Stunden untersucht, ohne dass messbare Effekte aufgetreten seien. Allerdings müsse man sich darüber im Klaren sein, dass das EEG nur einen Aspekt der Gehirnfunktion darstelle. Die Schlafexperimente hätten zu einer Verkürzung der Einschlafdauer und Veränderungen des REM-Schlafes (Schlafphasen, in denen geträumt wird) ergeben (Elektrosmog-Report, August 1996). Die Veränderungen des REM-Schlafes seien als unterdrückende Effekte zu verstehen. Das Wohlbefinden am darauffolgenden Tag sei beeinflusst gewesen im Sinne einer größeren Schweigsamkeit. Da der REM-Schlaf eine physiologische Rolle bei der Verarbeitung von Informationen spiele, könnten Veränderungen des REM-Schlafes in Verbindung mit Änderungen von Gedächtnisfunktionen und Lernprozessen stehen.

Hirnaktivität

H. Hinrichs und H. J. Heinze von der Abteilung für Klinische Neurologie der Universität Magdeburg gaben einen Überblick über vorhandenes Wissen zu EMF-Effekten auf die Hirnaktivität. Sie führten beispielsweise die Untersuchungen von Schienle et al. (1996, 1997) an, die Einflüsse von Sferics auf das EEG fanden. Sferics sind elektrische Entladungen beim Gewitter, also natürliche EMF mit geringen Intensitäten, mit Frequenzen zwischen 1 und 100 kHz. Es wurden Verminderungen im Alpha- und Beta-Band gefunden, in einer zweiten Studie allerdings eine Zunahme der gleichen Parameter, was die Autoren auf unterschiedliche Kollektive zurückführen.

In einer Anzahl von tierexperimentellen Studien seien Effekte auf das EEG bei unterschiedlichen Frequenzen beobachtet worden, im Allgemeinen bei recht starken Intensitäten. Zum Teil wiesen die Studien methodische Mängel auf, etwa hinsichtlich der Kontrolle möglicher weiterer Einflussfaktoren. Zudem könne keine Studie als Wiederholungsstudie einer anderen gelten, so dass sich bisher keine sicheren Rückschlüsse ziehen liessen.

Hinrichs und Heinze erwähnten auch mögliche therapeutische Anwendungsmöglichkeiten, wie etwa mögliche schlaffördernde Effekte (Elektrosmog-Report, August 1996). Baker-Price et al. (1996) hätten bei vier Patienten eine Verbesserung depressiver Symptome durch Exposition in einem komplex gepulsten Feld gefunden. In verschiedenen Artikeln aus den Jahren 1997 und 1998 habe Sandyk Anwendungen von EMF bei verschiedenen Erkrankungen beschrieben, darunter Multiple Sklerose, Parkinson'sche Erkrankung, Tourette Syndrom. Alle Beobachtungen seien jedoch nicht durch standardisierte kontrollierte klinische Studien belegt.

Schlaf und niederfrequente EMF

C. H. Mueller, C. Schierz und H. Kruegger vom Institut für Hygiene und angewandte Physiologie der ETH Zürich gaben eine Übersicht über die Ergebnisse der wenigen Studien zum Niederfrequenzbereich. Wever (1977) habe von einem Einfluss von 10 Hz-Feldern auf den freien Tag-Nacht-Rhythmus in Abwesenheit von äusseren Faktoren berichtet. Eine konstante Exposition habe zu einer Reduzierung der Periodenlänge geführt, an- und ausgeschaltete Felder hätten dagegen wie Zeitgeber gewirkt und den Tag-Nacht-Rhythmus synchronisiert. Die Untersuchungen zum Einfluss von EMF auf den Melatoninstoffwechsel bei Tieren seien widersprüchlich. Beim Menschen seien in zwei experimentellen Studien mit Freiwilligen (Graham et al. 1996, Selmaoui et al. 1996) keine Einflüsse auf die nächtliche Konzentration dieses für den Schlaf wichtigen Hormons gefunden worden. Bonhomme-Favre et al. (1998) hätten kürzlich Effekte von 50 Hz-Feldern mit Intensitäten zwischen 0,2 und 6,6 Mikrotesla auf verschiedene Parameter von 13 Freiwilligen festgestellt. Bestimmte neurovegetative Störungen (Depression, körperliche Müdigkeit, verringerte Libido, etc.) und Blutwerte (Leukozyten, Lymphozyten, NK-Zellen etc.) seien signifikant und reversibel beeinflusst worden.

An der ETH Zürich werde zur Zeit eine Studie zum Einfluss von schwachen 50 Hz-Feldern auf Schlafparamenter von 50 Freiwilligen, die über Elektrosensibilität klagen, durchgeführt. Der wichtigste Bestandteil dieses sogenannten NEMESIS-Projektes, das vom schweizerischen Umweltministerium initiiert worden sei, seien Provakationsuntersuchungen. Die Probanden würden nach einem Doppelblindsystem in ihrer normalen Wohnumgebung nachts EMF-exponiert oder nicht exponiert.

Schlussfolgerung

Konzentrierte sich die EMF-Forschung basierend auf den Ergebnissen der Krebstudie von Wertheimer und Leeper (1979) zunächst auf einen Zusammenhang mit der Tumorentstehung, so wurden in den letzten Jahren auch eine Reihe von Studien zum Zusammenhang mit unspezifischen gesundheitlichen Problemen durchgeführt. Auch der Frage, ob es besonders EMF-empfindliche Personen gibt, wirkt verstärkt nachgegangen. Bisher lasse sich nach Aussage der eingeladenen Referenten kein sicherer ursächlicher Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern niedriger Intensität unterhalb der offiziellen Grenzwerte und solchen Phänomen herstellen, eine wissenschaftlich umstrittene Einschätzung. Es existierten jedoch Anhaltspunkte dafür.

Wichtige Ansätze zur Untersuchung unspezfischer Symptome bieten die Messung objektiver Parameter, wie zum Beispiel Blutdruck, Herzfrequenzvariabilität, Zahl der Blutkörperchen, Gehirnströme, Untersuchung des Hirnstoffwechsels mit Nukliden und REM-Phasen des Schlafes. Alle diese Grössen können als Indikatoren für Veränderungen im Bereich des Neurovegetativums dienen und eventuelle EMF-bedingte Einflüsse auf den Organismus messbar und damit nachweisbar machen.

Quelle: Leitgeb, N. (ed.): International Workshop on Electromagnetic Fields and Non-Specific Health Symptoms. Graz/Austria, September 19-20, 1998, Proceedings.
 
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Veranstaltungshinweis

EMV '99, 23.-25. März 1999, Messe Düsseldorf

Die EMV ist die führende europäische Veranstaltung zum Thema elektromagnetische Verträglichkeit. Neben der Messe, auf der alle Marktführer vertreten sein werden, finden parallel 48 Workshops zu aktuellen Brennpunkten der EMV statt: Von der EMV-Gesetzgebung über EMVU bis hin zu Spezialthemen wie EMV in der Kfz-Technik, der Medizintechnik oder beim Leiterplattenentwurf. Es werden 5.000 Fachbesucher erwartet. (Vgl. Messebericht vom letzten Jahr, Elektrosmog-Report, März 1998).

Programm: www.mesago.de

Kontakt: MESAGO Messe & Kongreß GmbH, Petra Buss, E-Mail: buss@mesago.de, T: (0711) 61 946-38, F: (0711) 61 946-94.
 
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Verbrauchertip

Babyphone im Test

Die Zeitschrift Öko-Test-Magazin veröffentlichte in ihrer Ausgabe Oktober 1998 einen aktuellen Test über Babyphone; untersucht wurden 30 Babyphone, 25 Funk- und 5 Netzgeräte. Der Tester Wolfgang Maes aus Neuss orientierte sich bei der Bewertung an den schwedischen TCO-Normen für Bildschirme (10 V/m, 0,2 Mikrotesla und für HF: 0,2 V/m) sowie an den Geräte-Gebrauchsanweisungen. Immerhin acht Firmen weisen inzwischen in ihrer Gebrauchsanleitung auf einen Mindestabstand von 1 m zwischen Babyphon und Baby hin. Ein Hersteller (Firma Reer) empfiehlt immer noch eine "möglichst nahe" Aufstellung.

Von den 30 Geräten erhalten nur 4 "empfehlenswert", 9 "eingeschränkt empfehlenswert", 7 "weniger empfehlenswert" und 10 "nicht empfehlenswert".

Der Test zeigt aber auch, dass alle Geräte in einem Abstand von 1 m den Vorsorgewert für die - biologisch vermutlich besonders wichtige - Magnetfeldstärke von 0,2 Mikrotesla deutlich unterschreiten. Die schlechtesten Geräte kommen dagegen in einem Abstand von nur 30 cm zu Belastungen von bis zu 0,75 Mikrotesla. Wichtiger als die Wahl des Gerätes ist daher in jedem Fall die richtige Handhabung, d.h. vor allem die Einhaltung eines Mindestabstandes von 1 m. Der Test zeigte, dass alle Geräte in diesem Abstand einwandfrei funktionieren.

Gut: Fast alle Geräte senden nun nicht mehr permanent, sondern nur, wenn es tatsächlich ein Geräusch im Kinderzimmer gibt. Das spart Feldemissionen und Energieverbrauch und gibt einen kleinen Eindruck, welche Optimierungen bei anderen Geräten möglich wären, wenn die Hersteller mehr auf EMF achten bzw. vom Konsumenten und von Verbraucherverbänden in die Pflicht genommen würden.
 
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Technik

Massenvernichtungswaffe für Elektronik - die E-Bombe

Explosionsinduzierte elektromagnetische Impulse (EMP=Electromagnetic Pulse) von ausreichender Stärke wirken im Prinzip wie ein Blitzschlag und können elektrische und insbesondere elektronische Ausrüstung außer Gefecht setzen. Bei hinreichender Stärke könnte so innerhalb von Millisekunden die gesamte Stromversorgung und das Telefonnetz eines Landes zum Zusammenbruch gebracht werden.

Mittlerweile wurden mehrere nicht-nukleare Verfahren entwickelt, starke elektromagnetische Impulse zu erzeugen. Am technisch ausgereiftesten ist das sog. Flux Compressing Generator Design (FCG). E-Bomben dieses Typs befinden sich bereits in den Arsenalen einiger Staaten des ehemaligen Ostblocks, die US-Army soll sie schon im Golfkrieg eingesetzt haben.

E-Bomben des FCG-Typs erzeugen einen elektromagnetischen Impuls von zig Millionen Joules, der im Zeitraum von einigen zehntel bis hundertstel Mikrosekunden freigesetzt wird, das sind bis zum Faktor 1.000 mehr als ein natürlicher Blitz.

Das Kernprinzip von Bomben des FCG-Typs besteht darin, durch eine Explosion ein elektromagnetisches Feld blitzartig zu "komprimieren". Dabei verwandelt sich mechanische Explosionsenergie in elektromagnetische Energie, die von der Bombe als elektromagnetischer Impuls freigesetzt wird.

E-Bomben können sehr preiswert hergestellt werden; die Pro-Stück-Produktionskosten werden auf nicht mehr als 1.000 bis 2.000 US-Dollar geschätzt.

Quelle: Die E-Bombe - eine Masservernichtungswaffe für Elektronik. c't, Heft 18/1998.
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Layout: Datadiwan eMail:webmeister@datadiwan.de