Elektrosmog-Report
5. Jahrgang / Nr. 7 Juli 1999
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Inhalt:
Verbraucherinformation - Netzfreischalter im Praxistest
Politik - Bundesamt für Strahlenschutz kennt keine Vorsorge mehr
Verbraucherschutz - BUND erhebt Einspruch gegen Spielzeug-Normentwurf
Veranstaltungsbericht - Schutz vor Immissionen durch elektrische und magnetische Felder
Politik - Diskussion um HF-Strahlung in Großbritannien und Kanada
Verbraucherschutz - Elektronischer Chip gegen Handy-Strahlung

Verbraucherinformation
Netzfreischalter im Praxistest

Bisher wurden Netzfreischalter meist in den Sicherungskasten eingebaut, um Stromkreise nachts vollständig spannungsfrei zu schalten. Entsprechende Geräte kosten zwischen 200 und 400 DM und müssen vom Elektriker eingebaut werden. Seit einiger Zeit werden nun auch kompakte Fertiggeräte angeboten, die einfach in die Steckdose gesteckt werden können und angeschlossene Verbraucher spannungsfrei schalten.
Als typischen Vertreter dieser neuen, leicht zu installierenden Gerätegruppe haben wir den "Netzfreischalter NFS 97" einem Praxistest unterzogen. Das Gerät wird von der ELV GmbH (26787 Leer, Tel.: 0491-600 888) für 99 DM angeboten. Zwei Geräte wurden uns dankenswerterweise kostenfrei zum Test überlassen.
Funktionsweise

Nehmen wir an, dass lediglich eine Nachttischlampe an den Netzfreischalter "NFS 97" angeschlossen ist. Sobald die Lampe ausgeschaltet wird und damit der Stromfluss unterbrochen ist (Schaltschwelle: 20 mA), schaltet der Netzfreischalter auch die 230-V-Wechselspannung ab und die Nachttischlampe incl. ihrer Anschlusskabel sind spannungsfrei. Um bei Bedarf die Nachttischlampe wieder einschalten zu können, legt der Netzfreischalter eine schwache Prüf-Gleichspannung (6 V), deren elektrisches Feld vernachlässigbar gering ist, auf die Leitung. Wird die Nachttischlampe wieder eingeschaltet, bricht die Prüf-Gleichspannung zusammen (Einschaltschwelle: 5 kW ) und die 230-V-Wechselspannung wird wieder zugeschaltet - die Nachttischlampe brennt.
Praxis
Soweit die Theorie. In der Praxis funktioniert der Netzfreischalter "NFS 97" nur dann in gewünschter Weise, wenn die "richtigen" Verbraucher angeschlossen sind. Nur Verbraucher, die sich wie eine "ohmsche Last" verhalten - dies sind in erster Linie Glühbirnen und Halogenlampen - führen zu einwandfreiem Betrieb des Netzfreischalters. Bei anderen Verbrauchern versagt er:
Energiesparlampen und andere Leuchstoffröhren gingen nicht mehr an, sobald sie einmal ausgeschaltet waren. Bei kleinen Spannungen bleiben die Leichtstoffröhren hochohmig, die Prüf-Gleichspannung bricht nicht zusammen und die 230-V-Wechselspannung wird nicht aufgeschaltet.
Noch ungünstiger sieht die Situation, wenn eine induktive Last, wie z.B. ein sekundärseitig (= niedervoltseitig) geschalteter Transformator, am Netzfreischalter hängt. Der Netzfreischalter "NFS 97" "sieht" mit seiner 6-V-Prüf-Gleichspannung die niederohmige Primärwicklung (230-V-seitig) und schaltet die 230-V-Wechselspannung ein. Für die Wechselspannung ist die Trafowicklung (bei ausgeschaltetem Verbraucher) hochohmig und der Netzfreischalter schaltet die 230-V-Wechselspannung wieder ab. So kann der Netzfreischalter "NFS 97" in einen "Flackerzustand" entwickeln - abwechselndes Ein- und Ausschalten -, der sowohl die Relais des "NFS 97" als auch die Verbraucher belastet und zu Gerätedefekten führen kann.
Sekundärseitig geschaltete Transformatoren, wie sie bei elektrischen und elektronischen Geräten üblich sind, stellen grundsätzlich ein Problem für Netzfreischalter dar. Insbesondere Elektrogeräte am Kopfende des Bettes (Radios, Kasettenrekorder etc.) werden nicht funktionsgerecht ausgeschaltet. Dieses Manko betrifft nicht nur den hier getesteten "NFS 97", sondern praktisch alle handelsüblichen Geräte. Kritikwürdig ist, dass Hersteller und Handel auf dieses Problem nicht hinweisen.
Grundsätzlich wären auch Netzfreischalter entwickelbar, die mit induktiven Lasten umgehen können. Dazu wäre es erforderlich, die Reaktion des Stromverbrauchers auf den Ein-/Ausschaltvorgang zu analysieren und adäquat zu reagieren. Alternativ dazu wären auch "lernfähige" Netzfreischalter denkbar, denen man einmalig manuell den aus- und den eingeschalteten Zustand der speziellen Last vorführt, oder solche, die mit einer kleinen Test-Wechselspannung arbeiten und die Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom (d.h. den Blindstromanteil) analysieren.
In allen genannten Fällen sind jedoch sehr aufwendige Schaltungen notwendig, die handelsüblichen Netzfreischaltern fehlen.
Fazit
Der getestete Netzfreischalter "NFS 97" schaltet bei "ohmschen Verbrauchern" - wie insbesondere Glühbirnen und Halogenlampen - die 230-V-Wechselspannung zuverlässig ab, sobald die Lampe ausgeschaltet wird. Wird die Lampe wieder eingeschaltet, schaltet der "NFS 97" ebenso zuverlässig die 230-V-Spannung wieder zu. Dank der kompakten Bauweise, der leichten Installation (in die Steckdose) und des relativ niedrigen Preises ist der "NFS 97" für diesen Einsatzzweck zu empfehlen. Zu beachten ist, dass der "NFS 97", im Gegensatz zu Netzfreischaltern im Sicherungskasten, nur die Felder ab der Steckdose und nicht die Felder der Leitungen in der Wand ausschalten kann.
Bei "induktiven Verbrauchern" wie elektrischen und elektronischen Geräten mit sekundärseitig geschalteten Transformatoren (z.B. der Radiowecker) oder Energiesparlampen versagt der "NFS 97" - wie auch andere handelsüblich Netzfreischalter. Bei den genannten Verbrauchern hat der Anwender keinerlei Nutzen durch den Netzfreischalter.
Hersteller und Handel werden dringend aufgefordert, den beschränkten Anwendungsbereich der Netzfreischalter auf der Verpackung und in der Betriebsanleitung auszuweisen. Nur dann hat der Kunde die Chance, Netzfreischalter zu seinem Nutzen zu verwenden.

Michael Karus und Dr. Peter Nießen
Redaktion Elektrosmog-Report

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Politik

Bundesamt für Strahlenschutz kennt keine Vorsorge mehr

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kennt in seiner neuen Broschüre "Strahlung und Strahlenschutz" keine Vorsorgeaspekte mehr. Die 56 Seiten dicke Broschüre ist reich und farbig bebildert und gibt auch dem Laien eine gute Vorstellung über ionisierende Strahlung sowie über elektrische und magnetische Felder, Radio- und Mikrowellen.
Wenn es jedoch um mögliche gesundheitliche Folgen geht, wundert man sich. So heißt es im Kapitel "Grenzwerte für niederfrequente Felder": "Elektrische Feldstärken unterhalb von 5 Kilovolt pro Meter und magnetische Flußdichten unter 100 Mikrotesla gewährleisten sicher, daß Körperstromdichten von 1 bis 2 mA/m2 nicht überschritten werden (Anm. der Redaktion: Das sind die ICNIRP-Grenzwertempfehlungen für 50 Hz). Akute Wirkungen auf die Gesundheit sind davon nicht zu erwarten. Diese Werte wurden als Grenzwerte in die Verordnung über elektromagnetische Felder aufgenommen (.... 26. BImSchV). Sie gelten für Dauereinwirkungen bei 50 Hz." Unter der Grafik "Körperstromdichte" heißt es dann weiter: "Erst beim Hundert- bis Tausendfachen des Grenzwertes sind Gesundheitsschäden nachgewiesen."
Kein Wort zur Diskussion um mögliche Langzeitschäden oder zu Krebs-Metastudien mit Hinweisen auf ein erhöhtes Risiko bei einigen Tumorarten deutlich unterhalb der Grenzwerte und ebenso nichts zum Thema Vorsorge. Vor einigen Jahren hatte sich das BfS noch für Vorsorgewerte von 10 Mikrotesla für Kindergärten, Schulen und andere sensible Einrichtungen stark gemacht, nun gibt es nur noch die ICNIRP-Grenzwerte und unterhalb dieser keinerlei nachgewiesene Gefahren. Die Bevölkerung soll im Gegensatz zu älteren Auflagen nicht einmal erfahren, dass eine Vielzahl von Wissenschaftlern und hochrangigen Kommissionen Expositionen zwischen 0,2 und 100 Mikrotesla durchaus mit möglichen Gesundheitsschäden in Verbindung bringt und daher Vorsorgewerte anmahnt.
Ähnlich sieht die Wertung im Hochfrequenzbereich aus. Zunächst werden wieder die ICNIRP-Grenzwertempfehlungen vorgestellt, dann heißt es: "In der Diskussion um die Wirkungen hochfrequenter Strahlung ist man sich über die thermischen (Wärme-)Wirkungen weitgehend einig. In der Öffentlichkeit geben sogenannte nicht-thermische Wirkungen viel Anlaß zu Diskussionen. Sie sind jedoch ebenfalls bekannt und teilweise gründlich untersucht. (...) Alle gesicherten Erkenntnisse sind in den gültigen Grenzwertfestlegungen berücksichtigt. Werden die Grenzwerte eingehalten, so sind schädliche Gesundheitswirkungen durch hochfrequente elektromagnetische Felder nicht zu erwarten." Schöne heile Welt des BfS!
Und wieder kein Wort zur immer noch offenen Frage nach möglichen Langzeitschäden durch Expositionen unterhalb der Grenzwerte, kein Wort zu Vorsorgemaßnahmen oder Mindestabständen zu Handy-Antennen.
Im Deutschen Ärzteblatt wird Prof. Jürgen H. Bernhardt (BfS) noch deutlicher: "Bei Einhaltung dieser Grenzwertempfehlungen sprechen alle bisher vorliegenden Kenntnisse und Erfahrungen gegen gesundheitliche Auswirkungen."
Die neue Informationspolitik des Bundesamtes für Strahlenschutzes ist nicht geeignet, mit der besorgten Öffentlichkeit in einen Dialog zu treten. Im Gegenteil: Hier werden neue Gräben aufgerissen. Die Elektrosmog-Panikmacher mit ihren überzogenen Gefahrenszenarien haben leichtes Spiel und die kritische wissenschaftliche Diskussion bleibt auf der Strecke. Da waren wir schon mal weiter. Und in der Praxis sind wir glücklicherweise auch weiter: Vorsorgewerte werden auf kommunaler Ebene zunehmend akzeptiert und angewandt - das weiß auch das BfS.
Oder ist der harte Kurs des BfS eine (letzte) Reaktion auf die Neubesetzung der Strahlenschutzkommission mit kritischen Wissenschaftlern durch den neuen Umweltminister?

Michael Karus und Dr. med. Franjo Grotenhermen
Redaktion Elektrosmog-Report

Quellen:
- Strahlung und Strahlenschutz. Hrsg.: Bundesamt für Strahlenschutz, Salzgitter 1999. Die Broschüre kann kostenfrei bestellt werden unter: Tel. 05341-885-130.
-Bernhardt, J.H. 1999: Gesundheitliche Aspekte des Mobilfunks. In: Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 13, 2. April 1999, S. 592-597.

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Verbraucherschutz

BUND erhebt Einspruch gegen Spielzeug-Normentwurf

Gegen den von der "Deutschen Elektrotechnischen Kommission" vorgelegten Normentwurf DIN VDE 0875 Teil 29-1 "Anforderungen zur Elektromagnetischen Verträglichkeit von Spielzeugen - Produktfamiliennorm" hat der "Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) im Mai 1999 Einspruch eingelegt. Grund: Der vorliegende Normentwurf kann keinen ausreichenden gesundheitlichen Schutz von Kindern beim Umgang mit Spielzeugen gewährleisten.
Modernes Kinderspielzeug ist häufig mit elektronischen Baugruppen ausgestattet, die elektromagnetische Felder aussenden. Elektronisch gesteuerte Kuscheltiere, Puppen und "Tamagotschi"-ähnliche Spielzeuge können sich dabei sogar während Ruhe- und Schlafzeiten dauerhaft in unmittelbarer Körpernähe befinden.
Der BUND schreibt: "Die Berücksichtigung von Kindern und deren Adoleszenz wurde bisher im Personenschutz in elektromagnetischen Feldern nicht ausreichend berücksichtigt, weil dauernde körpernahe Anwendungen von Geräten, die elektromagnetische Felder aussenden, bei Kindern bisher nicht durchgeführt oder unbekannt waren. Die Konzeption der neuen DIN VDE 0848 und das Medizinproduktegesetz können die zu beachtenden Probleme nicht lösen. Deswegen sind in der Norm DIN VDE 0875 Teil 29-1 zusätzliche Prüfungen vorzusehen."
Die vorgesehene Prüfnorm DIN VDE 0875 erfasst die elektromagnetische Strahlung der Spielzeuge nur unter eingeschränkten Bedingungen. Es wird geprüft, ob Empfangsanlagen für nachrichtentechnische Zwecke über eine festgelegte Grenze hinaus gestört werden können bzw. ob die akustische Wahrnehmung der Störungen über Höreinrichtungen eine vorgegebene Größe überschreiten. Regelmäßige Impulse finden keine Berücksichtigung in den angeführten Prüfnormen. Im Normentwurf sind keine Prüfungen bezüglich der Störungen von elektronischen Implantaten durch die von den Spielzeugen ausgehenden elektromagnetischen Felder vorgesehen.
Der BUND fordert folgende, zusätzliche Prüfungen:
· Der Beginn der Prüfung ab 0,15 Megahertz ist sachlich und technisch willkürlich, weil auch elektromagnetische Felder bei Spielzeugen unterhalb dieser Grenze auftreten. Es sind Störaussendungen bei allen Frequenzen zu prüfen, die in dem Entwurf DIN VDE 0848 bzw. in der 26. BImSchV aufgeführt sind.
· Die technische Nutzung von Frequenzen (kontinuierlich oder in periodischen Impulsen) im Bereich von 0 - 20.000 Hertz ( EEG, EKG, EMG) darf bei Spielzeugen nur gestattet werden, wenn keine Beeinflussungen der körpereigenen Regelungssysteme bei Kindern in Verbindung mit den elektromagnetischen Feldern auftreten.
· Spielzeuge mit Elektronik erfüllen nur die Anforderungen der Norm, wenn von den Herstellern bzw. den Inverkehrbringern Nachweise über die Auswirkungen auf die Beeinflussung und die Veränderungen von Funktionen medizinischer Implantate vorgelegt werden.
· Die Erziehungsberechtigten müssen die Möglichkeit haben, alle Informationen über mögliche gesundheitliche, körperliche bzw. andere Beeinflussungen im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern der geprüften Spielzeuge kostenlos zu erhalten.
Kontakt: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Arbeitskreis Immissionsschutz,
Bernd Rainer Müller, Am Greimberg 17A, 32791 Lage, Tel. 05232-92 90 45, Fax 05232-64 29 7

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Veranstaltungsbericht

Schutz vor Immissionen durch elektrische und magnetische Felder

Am 18. März fand im Haus der Technik in Essen das Fachseminar "Schutz vor Immissionen durch elektrische und magnetische Felder" statt.
R. Kindel vom Landesumweltamt NRW gab einen Überblick über die physikalischen Grundlagen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder und typische Belastungssituationen. Interessant war die Information, dass in Nordrhein-Westfalen Schutzabstände von Hochspannungsfreileitungen empfohlen werden, die sich an einem Vorsorgewert von 10 Mikrotesla orientieren. Für eine 380-kV-Leitung wird z.B. ein Schutzabstand von 40 m empfohlen, an den sich die Umweltämter im Bauleitplanverfahren halten sollen. Der entsprechende Erlass ist vom 18.12.1998.
Uwe Kullnick vom Institut für Mobil- und Satellitenfunktechnik (Kamp-Lintfort) sprach über gesundheitliche Auswirkungen von EMF. Als gesichert geltende Effekte aus Zell- und Tierversuchen nannte er:
· Beeinflussung der Melatoninsynthese
· Veränderung der Aktivität von Nervenzellen (HF)
· Veränderung des Kalzium-Ein- und Ausstroms bei Zellen
· Veränderungen bereits vorhandener Krebserkrankungen
· Beeinflussung der Bluthirnschranke (HF)
E. Stöcker-Meier, Umweltministerium NRW, sprach über die 26. BImSchV und ihre Durchführung aus behördlicher Sicht. Frau Stöcker-Meier sieht Deutschland in einer Vorreiterrolle, kein anderes Land in der EU habe vergleichbare Regelungen. Als Pluspunkte der "Elektrosmogverordnung" nannte sie Rechts- und Planungssicherheit und eine Versachlichung der Diskussion. Als negativ bezeichnete sie den beschränkten Anwendungsbereich der Verordnung sowie die dürftigen Vorsorgeregelungen.
Hauke Brüggemeyer, Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, referierte über die "Messung und Berechnung elektromagnetischer Felder". Aktuelle Studien aus Deutschland und der Schweiz zeigen eine Ganztagsdurchschnittsbelastung der Normalbevölkerung von 0,05 Mikrotesla.
Ch. Gehlen, RWE Energie Essen, berichtete über die Erfahrungen der Energieversorgungsunternehmen (EVU) mit der 26. BImSchV. Die vor Verabschiedung der Verordnung vorgelegten Berechnungen über immense Umbaukosten seitens der EVU haben sich anscheinend nicht bewahrheitet. An Freileitungen waren so gut wie keine Umbaumaßnahmen erforderlich (und wenn, dann zur Einhaltung des 5-kV-Grenzwertes). Am ehesten sind Umbauten an Trafostationen erforderlich gewesen.
F. Lauer, DeTe Mobil Darmstadt, sprach über die Umsetzung der 26. BImSchV bei einem Mobilfunkbetreiber. Die Kernaussage seines Vortrags war, dass die zunehmend flächendeckende Versorgung mit Sendeanlagen in der - oft einseitig informierten - Öffentlichkeit mit Besorgnis gesehen werde, gleichzeitig aber zu einer geringeren HF-Belastung der Anwohner führe, da die Leistung der einzelnen Sender reduziert werden könne. Laut Lauer machen nur 3% der Handy-Benutzer ihre Kaufentscheidung von der Strahlungsintensität der Handies abhängig.
Norbert Krause, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (Köln), stellte den aktuellen Stand der "Unfallverhütungsvorschrift (UVV)" und ihre Abgrenzung zur 26. BImSchV dar.
Im letzten Vortrag sprach Heinz-Peter Neitzke, ECOLOG-Institut Hannover, über Vorsorge- und Minimierungsmaßnahmen. Neitzke stellte verschiedene technische Maßnahmen wie spezielle Mastformen oder Trafo-Kompaktstationen vor. Bei einer 380-kV-Trasse führe die Einhaltung des Vorsorgewertes von 0,2 Mikrotesla bei Vollast zu einem Schutzabstand von etwa 200 m, als realistischen Schutzabstand nannte er 100 m. In Schweden würden neue Transformatoren nicht mehr in Häusern installiert. Stärker als in Deutschland seien Vorsorgeaspekte inzwischen in Schweden, Italien und Luxemburg verankert.
Laut Neitzke sind nach neuesten Untersuchungen die durch elektrische und magnetische Felder induzierten Körperströme teilweise um den Faktor 100 bis 1.000 unterschätzt worden. Die neuen Erkenntnisse hätten bislang noch keinen Einfluss auf die ICNIRP-Grenzwertempfehlungen gehabt. Mittelfristig könne die ICNIRP die Ergebnisse nicht ignorieren, die, bei Beibehaltung des ICNIRP-Konzepts, zu einer deutlichen Absenkung der Grenzwertempfehlungen führen würde.
Neitzke wies auf zunehmende Befunde über den Zusammenhangs von EMF und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin. Lange Zeit sei hier kein Zusammenhang vermutet worden. Erst Hinweise aus experimentellen Untersuchungen und Einzelfällen weckten das Interesse der Epidemiologen, die dann auch in ihren Daten entsprechende Korrelationen finden konnten - ein weiterer Stein im großen EMF-Puzzle!
Neitzke sprach auch über die großen Kommunikationsprobleme in der Elektrosmog-Debatte. Die Öffentlichkeit habe oft nur ein "vorwissenschaftliches Wissen" und große technisch-physikalische Wissensdefizite. Auf der anderen Seite stünden die Elektrotechniker, die aus Angst ihre "berufliche Nestwärme" zu verlieren, einen kritischen Umgang mit der Thematik oft vermissen ließen.

Michael Karus
Redaktion Elektrosmog-Report

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Politik
Diskussion um HF-Strahlung in Großbritannien und Kanada

Kanada
Eine Expertengruppe, die im Auftrag der kanadischen Regierung Sicherheitsthemen zu hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung untersucht hatte, stellte fest, dass HF-Strahlung biologische Effekte unterhalb der thermischen Schwelle, d.h. unterhalb einer Strahlungsintensität, die zur Erwärmung von Gewebe führt, verursachen kann.
Im letzten Herbst hatte das kanadische Gesundheitsministerium die "Royal Society of Canada" (RCS, Königliche Gesellschaft von Kanada) beauftragt, die HF-Thematik mit dem Schwerpunkt auf Mobiltelefonen zu betrachten. Dabei sollte auch der gegenwärtige kanadische Sicherheitsstandard im HF-Bereich, der sogenannte "Safety Code 6" (SC6), überprüft werden.
"Es gibt dokumentierte biologische Effekte von HF-Feldern, selbst auf niedrigem, nicht-thermischen Expositionsniveau, unterhalb der SC6-Grenzwerte," heißt es in dem Bericht der RCS-Expertenkommission, der am 17. Mai veröffentlicht worden war. Im Bericht wird auf Änderungen der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke, der Kalzium-Regulation und der Aktivität des Enzyms ODC (Ornithindecarboxylase), ein Schlüsselenzym der Synthese von Eiweißstoffen.
Benutzer von Handies könnten nach dem Bericht einige dieser nicht-thermischen Effekte erfahren, jedoch sollten aus zwei Gründen solche nicht-thermischen Bioeffekte bei der Festlegung von Sicherheitsstandards keine Berücksichtigung finden.
Zum einen hätte bisher nicht nachgewiesen werden können, dass nicht-thermische Effekte die menschliche Gesundheit schädigen. Zweitens seien die Mechanismen für nicht-thermische Effekte bisher kaum verstanden. Dr. Frank Prato, ein Mitglied der Kommission erklärte gegenüber der Zeitschrift Microwave News: "Wenn man die Mechanismen für nicht-thermische HF-Effekte nicht kennt, kann man keine Grenzwerte festsetzen, um sie zu vermeiden." - Was allerdings bei anderen Gefahren, bei denen die Mechanismen noch nicht genau bekannt sind, durchaus üblich ist.
Basisstationen für Mobiltelefone seien wegen ihrer geringen Emission ungefährlich, heißt es im Bericht: "Es treten wahrscheinlich weder biologische noch schädliche gesundheitliche Effekte auf."
Hinsichtlich thermischer Wirkungen böten die gültigen SC6-Standards nach Aussagen der Kommission ausreichenden Schutz bei Ganzkörperbestrahlung, allerdings könnten die erlaubten Teilkörperexopsitionen für Arbeiter eventuell zu thermischen Wirkungen führen.

Großbritannien
Nach der in Großbritannien neu belebten Diskussion der vergangenen Monate über die Gefahren von Mobiltelefonen plant die britische Regierung keine neuen Gesetze oder Vorschriften für Mobiltelefone. Dies erklärte Wissenschaftsminister Lord Sainsbury am 28. Juni. Die Handies müssten nur den Anforderungen der Richtlinien des "National Radiological Protection Board" (NPRB, Nationale Strahlenschutzkomission) zur Begrenzung der menschlichen Exposition mit elektromagnetischen Feldern entsprechen.
NPRB habe erklärt, es gäbe "keinen überzeugenden wissenschaftlichen Beweis für schädliche Effekte bei Expositionsstärken," die den Richtlinien entsprechen. Dies führte Lord Sainsbury in einer schriftlichen Stellungnahme aus. Messungen hätten ergeben, dass die auf dem Markt befindlichen Mobiltelefone zu Expositionen "gut innerhalb der Richtlinien" führten. Er fügte hinzu, dass eine unabhängige Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei, um den aktuellen Stand der Forschung zu Mobiltelefonen zu beurteilen.
Der fraktionslose Viscount Exmouth forderte, alle Mobiltelefone sollten "eine angemessene Gesundheitswarnung" aufweisen, da medizinische Berichte Hinweise darauf gäben, dass Handy-Benutzer mit einer größeren Wahrscheinlichkeit einen Hirntumor entwickeln würden. Die Hersteller sollten Informationen über die abgegebene Strahlungsintensität publizieren, erklärte er.

Quellen: AP vom 28. Juni 1999; Microwave News vom Mai/Juni 1999, S. 3.

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Verbraucherschutz
Elektronischer Chip gegen Handy-Strahlung

Ein elektronischer Chip, der Mobiltelefon-Nutzer vor Strahlung schützen soll, wird in diesem Sommer in britischen Läden erhältlich sein. Die Erfinder erklärten, dass die Menschen dann aufhören könnten, sich Sorgen über die möglichen Risiken der Handies zu machen.
Der US-amerikanische Batterienhersteller Alexander Technologies erklärte am 17. Juni, Mobiltelefon-Batterien mit dem EMF-Bioprotektions-Chip würden im August zum Preis von etwa 40 Dollar in den Regalen liegen.
Großbritannien ist der erste Markt für dieses Produkt und weitere europäische Länder sollen kurz danach folgen. In den letzten Monaten hatte es gerade auch in Großbritannien wieder verstärkte öffentliche Befürchtungen über elektromagnetische Felder, die in unmittelbarer Nähe des Gehirns emittiert werden, gegeben.
Der EMF-Chip erzeugt ein Gegenfeld, das die Mobilfunkstarhlung durch Überlagerung neutralisieren soll. Alexander Technologies hat Europa zur Markteinführung gewählt, da Besorgnisse über die Mobiltelefonsicherheit hier am ausgeprägtesten seien. Die Chips werden später auch in den USA verkauft.
Der Erfinder des Chips, Professor Theodore Litovitz von der Katholischen Universität von Amerika in Washington, sagte Reportern, eine Exposition mit elektromagnetischen Feldern verursache Störungen der Zellfunktion, von denen einige mit Erkrankungen verbunden seien. Aber Wissenschaftler könnten nicht sagen, ob diese Phänomene beim Menschen notwendigerweise gesundheitliche Effekte verursachen. "Wir wissen einfach nichts über die Langzeiteffekte, die mit so viel EMF-Strahlung in unseren Köpfen verbunden ist. Bis die Fragen mit den gesundheitlichen Effekten geklärt sind, können wir die biologische Wirkung hemmen und den Menschen die Sorgen bezüglich der möglichen gesundheitlichen Effekte nehmen."
Die Redaktion des Elektrosmog-Reports kann bisher keine Angaben zur Wirksamkeit des Chips machen.

Quelle:Reuters vom 18. Juni 1999

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Impressum Elektrosmog-Report im StrahlentelexErscheinungsweise: monatlich im Abonnement mit dem Strahlentelex
Verlag und Bezug: Thomas Dersee, Strahlentelex, Rauxeler Weg 6, D-13507 Berlin,
( + Fax 030 / 435 28 40.
Jahresabo: 98,- DM.
Herausgeber und Redaktion:
nova-Institut für politische und ökologische Innovation, Hürth
Michael Karus (Dipl.-Phys.) (V.i.S.d.P.), Dr. med. Franjo Grotenhermen, Dr. rer. nat. Peter Nießen (Dipl.-Phys).
Kontakt: nova-Institut GmbH, Abteilung Elektrosmog,
Goldenbergst. 2, 50354 Hürth,
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