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Inhalt:
Politik - EU-Ministerrat gegen konkrete Vorsorgemaßnahmen bei
EMF
Juni 1998, EU-Kommission veröffentlicht Empfehlungen
Anfang 1999, Vorschlag an den Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes fordert deutliche Absenkung der EMF-Grenzwerte
März 1999, Europäisches Parlament folgt nicht dem Vorschlag an den Umweltausschuss
Juni 1999, Ministerrat der Europäischen
Union folgt Empfehlung der EU-Kommission: Auf ICNIRP basierende
Grenzwertempfehlungen und keine konkreten Vorsorgemaßnahmen
Fazit - Deutschland
Aktuelles zum Thema Mobiltelefone: Handy-Boom ohne Ende
Politik
Es ist nicht leicht, den Überblick über die EMF-Expositionsempfehlungen in der EU zu bewahren, haben doch EU-Kommission, Umweltausschuss des EU-Parlaments, EU-Parlament und EU-Ministerrat verschiedene Meinungen zu diesem Thema. Im Juni 1999 hat der Ministerrat der EU schließlich entschieden: für die ICNIRP-Grenzwertempfehlungen und gegen eine konkrete Umsetzung des Vorsorgeprinzips.
Juni 1998, EU-Kommission veröffentlicht
Empfehlungen
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Anfang 1999, Vorschlag an den Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes fordert deutliche Absenkung der EMF-Grenzwerte
Der "Ausschuss für Umwelt, Öffentliche
Gesundheit und Verbraucherschutz" des Europäischen Parlaments, kurz
"Umweltausschuss" genannt, ließ den grünen Abgeordneten und Biologieprofessor an
der Universität Padova, Gianni Tamino, einen Vorschlag zu EMF-Grenzwerten
ausarbeiten. Tamino schlug vor, die Grenzwerte für elektromagnetische
Belastungen der Bevölkerung innerhalb von zehn Jahren drastisch abzusenken. Die
Grenzwertvorschläge orientieren sich am Vorsorgeprinzip und Vorschlägen des
US-Rates für Strahlenschutz (NCRP) und der US-Umweltbehörde. Für einige
Frequenzbereiche liegen die Vorschläge um mehr als den Faktor 1.000 unter den
ICNIRP-Empfehlungen. Tamino warf der EU-Kommission vor, eine große Anzahl
wissenschaftlicher Publikationen ignoriert zu haben.
In
der Vorlage wird die Festsetzung von Mindestabständen für Hochspannungstrassen
und Sendeanlagen sowie die Kennzeichnung EMF-emittierender Geräte gefordert.
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März 1999, Europäisches Parlament folgt nicht dem Vorschlag an den Umweltausschuss
Das EU-Parlament hat in seiner Sitzung am
10. März dem Vorschlag des Umweltausschusses nicht zugestimmt, wohl aber
gegenüber den Empfehlungen der EU-Kommission eine Reihe von Änderungsanträgen
verabschiedet, die den Vorsorgeaspekt stärker betonen. Insbesondere Italien und
Luxemburg traten für eine stärkere Berücksichtigung des Vorsorgegedankes ein.
Der Deutsche Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme ebenfalls das Fehlen von
Vorsorgeregelungen kritisiert.
Das EU-Parlament will die Bevölkerung auch vor
potentiell langfristig schädlichen Gesundheitswirkungen schützen, das
Vorsorgeprinzip anwenden und verweist in diesem Zusammenhang auf das
ALARA-Prinzip, die EMF-Expositionen "so niedrig wie vernünftigerweise
erreichbar" zu halten.
Konkret wird z.B. gefordert, Sicherheitskriterien für
elektrische Geräte, die elektromagnetische Felder erzeugen, festzulegen und
diese Produkte so zu kennzeichnen, dass der Verbraucher über die von den
elektrischen Geräten erzeugten Feldern je nach Entfernung und Art des Gebrauchs
informiert wird (bis zum 01.01.2001 soll hierfür ein System der laufenden
Überprüfung von EMF-emittierenden Geräten geschaffen werden). Den
Mitgliedstaaten wird empfohlen, Mindestabstände für Elektrogeräte festzulegen,
ebenso wie Mindestentfernungen zwischen Hochspannungsleitungen,
Radareinrichtungen, Radio- und Fernsehsendern sowie Mobilfunk-Basisstationen und
öffentlichen Gebäuden, Wohngebäuden und Arbeitsstätten.
Besonderes Augenmerk
legt das EU-Parlament dabei auf Geräte, die in geringer Entfernung zum Benutzer
und mit langer Expositionsdauer betrieben werden, wie z.B. Mobiltelefone. In
solchen Fällen sollen besondere wissenschaftliche Anstrengungen unternommen
werden, um Klarheit über mögliche gesundheitliche Langzeiteffekte oder auch
technische Optimierungen zu gewinnen.
Die Mitgliedstaaten werden in dem
Parlamentsvorschlag aufgefordert, ein hohes Schutzniveau dort sicherzustellen,
wo Menschen leben bzw. einen wesentlichen Teil ihrer Zeit verbringen. Ferner sei
dafür zu sorgen, dass die Forschung über gesundheitliche EMF-Folgen und
Schutzmaßnahmen gegen EMF-Exposition auf dem neuesten Stand gehalten wird. Die
Ergebnisse sollten regelmäßig zur Überprüfung der Referenzwerte für die
EMF-Exposition verwendet werden.
Den in dem Entwurf der EU-Kommission
aufgeführten Basisgrenz- und Referenzwerten wird vom EU-Parlament attestiert,
dass sie nur hinsichtlich der Schwellen für akute Wirkungen erhebliche
Sicherheitsfaktoren enthielten.
Auch wenn das
EU-Parlament nicht dem Vorschlag an seinen Umweltausschuss gefolgt ist und die
meisten Änderungswünsche an der Vorlage der EU-Kommission wenig konkret blieben,
sprachen kritische Institute von "wesentlichen Fortschritten" aus "Sicht des
Verbraucherschutzes": "Bisher konnten die VerbraucherInnen mangels Information
ihre Macht am Markt nicht ausspielen. Wenn künftig auf elektrischen Geräten
Informationen über deren elektromagnetische Emissionen zu finden sein werden,
können sich die VerbraucherInnen gezielt für Produkte entscheiden, die zu
geringeren Belastungen führen - was für den Gesundheitsschutz aber auch im
Hinblick auf einen Innovationsschub bei den Herstellern möglicherweise
wirkungsvoller ist als halbherzige Grenzwerte." (Neitzke 1999)
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Juni 1999, Ministerrat der Europäischen Union folgt Empfehlung der EU-Kommission: Auf ICNIRP basierende Grenzwertempfehlungen und keine konkreten Vorsorgemaßnahmen
Am 8. Juni 1999 folgte der Ministerrat der
EU den Empfehlungen der EU-Kommission und bezeichnete die zugrunde liegenden
ICNIRP-Empfehlungen als "ein hohes Schutzniveau gegenüber anerkannten
Gesundheitsgefahren". Bis auf Italien stimmten alle EU-Länder für die Empfehlung
der EU-Kommission. Auch die grüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer sprach
von einem wichtigen Schritt zum besseren Schutz der Öffentlichkeit. (Anmerkung:
Am 8. Juni wurde zwar die entscheidende politische Übereinkunft im Ministerrat
erzielt; die letztendliche formale Verabschiedung soll jedoch erst auf einem
späteren Treffen erfolgen, nachdem die Empfehlungen in alle EU-Amtssprachen
übersetzt worden sind.)
Einzig Italien sprach sich für eine stärkere
Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips aus, um auch mögliche Langzeiteffekte
nicht länger zu ignorieren. Außerdem seien größere Anstrengungen notwendig, um
Expositionen z.B. in Kindergärten oder Krankenhäusern zu reduzieren.
Der
Ministerrat übernahm die Empfehlungen der EU-Kommission ohne wesentliche
Änderungen. Die Änderungswünsche des EU-Parlaments (s.o.) blieben hingegen
weitgehend ohne Folgen, so wurde auch das ALARA-Prinzip nicht übernommen.
Immerhin soll das Thema "EMF und Gesundheit" weiterhin intensiv untersucht
werden, so z.B. im Rahmen des "5. Rahmenprogramms" für wissenschaftliche
Forschung; in fünf Jahren soll ein zusammenfassender Bericht vorgelegt werden.
Dem Wunsch des EU-Parlaments nach regelmäßiger Überprüfung der Referenzwerte kam
der Minsterrat nach.
Vor
der Verabschiedung strengerer Regelungen hatten verschiedene Unternehmen
gewarnt, so z.B. auch die englische Elektrizitätswirtschaft, die etwa eine
Milliarde Euro Umbaukosten auf sich zukommen sah, wenn Kurzzeitexpositionen
stärker reglementiert würden.
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Fazit
Für die gesamte Europäische Union gelten
nach der Entscheidung im EU-Ministerrat im Juni 1999 einheitliche Empfehlungen
für die Begrenzung der öffentlichen EMF-Expositionen. Die Empfehlungen umfassen
lückenlos den gesamten Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz und orientieren sich
weitestgehend an den Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor
nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP).
Es ist zu begrüßen, dass nun in der
EU einheitliche Empfehlungen gelten, zumal bislang einige Mitgliedstaaten
überhaupt keine entsprechende Regelungen aufwiesen.
Da es sich aber nur um
Empfehlungen und nicht um eine Richtlinie handelt, behalten die einzelnen
Mitgliedstaaten einen großen Spielraum bei der konkreten Umsetzung. So haben
Länder wie Italien und Luxemburg die Möglichkeit zur Erlassung strengerer
Regulatorien und andere Ländern können weiterhin die ICNIRP-Empfehlungen
überschreiten (z.B. Deutschland mit seinen "kurzzeitigen" und "kleinräumigen"
Überschreitungen nach Elektrosmogverordnung von 1997 (26.
BImSchV)).
Enttäuschend ist vor allem, dass konkrete Vorsorge- und
Minimierungsmaßnahmen vollends auf der Strecke geblieben sind, obwohl diese im
EU-Parlament und im Umweltausschuss des Parlaments detailliert diskutiert und
zum Teil auch konkret gefordert wurden. Aus dem Blickwinkel des Schutzes der
Bevölkerung vor Langzeiteffekten ist es daher sogar von Vorteil, dass nur
Empfehlungen verabschiedet wurden: So bleibt nationaler Spielraum für strengere
Vorsorge- und Grenzwerte sowie technische und administrative
Minimierungsmaßnahmen.
Es ist davon auszugehen, dass die
meisten EU-Länder, insbesondere die kleineren Mitgliedstaaten, die Empfehlung
der EU-Kommission bzw. des EU-Ministerrates ohne relevante Änderungen in
nationales Recht überführen.
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Für Deutschland wird eine Anpassung der
Elektrosmogverordnung an die EU-Empfehlungen erwartet. So wurden bislang in
Deutschland keine Grenzwerte für den Bereich 0,1 bis 10 MHz verabschiedet. Hier
dürften nun die EU-Empfehlungen übernommen werden.
Eventuell werden auch die
laut Elektrosmogverordnung zulässigen "kurzzeitigen" und "kleinräumigen"
Überschreitungen der Referenzwerte einer EU-Anpassung zum Opfer fallen.
Denn nach der
EU-Empfehlung sind "für kurzzeitige Expositionen (...) keine höheren
Referenzwerte für die Exposition durch ELF-Felder vorgesehen". Eine
Überschreitung der Referenzwerte kann unter bestimmten Umständen aber dennoch
zulässig sein, wenn nämlich gleichzeitig die Basisgrenzwerte z.B. "aufgrund
schwacher Kopplung zwischen dem Feld und dem Körper nicht überschritten werden".
So ähnlich könnte es demnächst auch in der Elektrosmogverordnung
stehen.
Dipl.-Phys. Michael Karus
Quellen:
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Aktuelles zum Thema Mobiltelefone:
Handy-Boom ohne EndeIn Finnland haben fast 70 Prozent der
Bevölkerung ein Mobiltelefon (EURO vom 25.07.99) und auch in Italien gibt es
bereits mehr Handys als Festnetztelefone, die magische Grenze von 25 Millionen
Handies wurde kürzlich überschritten (Il Messaggero vom 27.07.99). Jeden Monat
werden in Italien 200 bis 300 Sendetürme für den wachsenden Bedarf des
Mobilfunkes errichtet (AP vom 12. August 1999). Nach verschiedenen Studien wird
es zwischen 2002 und 2008 weltweit mehr Mobil- als Festnetztelefone geben und
zwar mehr als eine Milliarde Handys (EURO vom 25.07.99, VDI-Nachrichten vom
23.07.99).
Nach einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Schitag
Ernst & Young wird Sprachtelefonie schon in naher Zukunft überwiegend über
Mobilfunknetze abgewickelt. Der Mobilfunk wird darüber hinaus in den nächsten
Jahren zunehmend Breitband-Anwendungen erobern, wie Video auf Abruf,
Internetzugang und Videotelekommunikation. (VDI-Nachrichten vom
23.07.99)
Deutschland hat verglichen mit anderen Ländern noch einen
erheblichen "Nachholbedarf"; bislang hat nur jeder Fünfte ein Mobiltelefon und
es gibt noch dreimal mehr Schnur- als Mobiltelefonierer (EURO vom 25.07.99,
VDI-Nachrichten vom 23.07.99).
Eine finnische Studie hat untersucht, warum
der Mobilfunk so erfolgreich ist. Pasi Mäenpää, Soziologe und
Urbanitäts-Forscher für die Stadt Helsinki: "Die Menschen haben sich schnell an
die technischen Möglichkeiten gewöhnt. Sie genießen es, ihr Leben mit neuen
Techniken besser organisieren zu können. Es geht ihnen damit weniger um das
Kommunizieren als vielmehr um das subjektive Gefühl, die Kontrolle über ihre
Welt zu haben." Mäenpää fand heraus, dass sich die sozialen Kontakte zwischen
den Menschen durch das Vorhandensein eines mobilen Telefons erhöhen. (EURO vom
25.07.99)
Der anhaltenden Handy-Boom
macht einen kontinuierlichen Ausbau des Mobilfunk-Infrastruktur notwendig. Nach
langem Wildwuchs im "Masten-Wald" zeichnen sich endlich sinnvolle
Kooperationsmodelle zum Nutzen von Betreibern und Bevölkerung ab.
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Bayern will Mastenwald lichten
Mit dem Mobilfunk-Boom schießen allerorten
Sendemasten wie Pilze aus dem Boden. Die Zweckbauten sind insbesondere in
ländlichen Gegenden nicht eben eine Bereicherung der Landschaft und stoßen wegen
der befürchteten Gefahren durch Elektrosmog besonders in Bayern immer wieder auf
den Widerstand der Bevölkerung.
Die vier in Bayern tätigen Mobilfunkbetreiber
(Mannesmann, Viag-Interkom, T-Mobil und E-Plus) wollen zukünftig eng
kooperieren, um die Zahl der Sendemasten so gering wie möglich zu halten. Die
Mobilfunkbetreiber schlossen mit dem bayrischen Umweltminister Werner Schnappauf
(CSU) einen "Umweltpakt". In kleineren Gemeinden sollen 40 Prozent aller neu
errichteten Sendemasten von mehreren Netzbetreibern gemeinsam genutzt werden.
Masten, die noch in der Planungsphase sind, sollen sogar zu vier Fünftel
gemeinsam genutzt werden. Neben der Reduzierung neuer Mastbauten auf das
"absolut erforderliche Minimum" soll auch die HF-Belastung der Anwohner
vermindert werden. So verpflichten sich die Mobilfunkbetreiber "durch
Weiterentwicklung der Zellenstruktur und Einsatz moderner Technik" die
elektromagnetischen Felder der Sendeanlagen weiter zu reduzieren". (Stuttgarter
Nachrichten vom 16.07.99).
Die
vereinbarten Maßnahmen sind lange überfällig und bleiben hinter aktuellen
Regelungen in den USA und Neuseeland weiterhin zurück. Dort wurden die
Grenzwerte für die HF-Emissionen von Basisstationen gesenkt und besondere
Schutzzonen um Krankenhäuser, Schulen und Wohngebieten festgelegt. (BBC online
network vom 21.04.99).
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Dienstleister Detron bietet gemeinsame Nutzung von Sendemasten an
Der in den Benelux-Ländern bereits
erfolgreiche Dienstleister Detron dehnt seine Leistungen nun auch auf
Deutschland aus. Der unabhängige Telekommunikations- und Netzwerk-Dienstleister
will durch Funkausleuchtung die besten Antennenstandorte anmieten und sie dann
den Betreibern von Mobilfunknetzen zur Verfügung stellen - per Miete oder
Leasing. In Deutschland wurden bereits mehrere tausend potentielle Standorte
identifiziert.
Bei Bedarf baut Detron auch die Antennen oder sogar das
komplette Funknetz incl. aller Genehmigungen auf. Größter Vorteil der
Dienstleistung ist die Möglichkeit der gemeinsamen Nutzung der
Detron-Sendemasten durch mehrere Mobilfunkbetreiber. Diese können damit ihre
Standortkosten auf rund 50% reduzieren und der Bevölkerung bleiben eine Vielzahl
an Basisstationen erspart. Detron verlangt rund 3.000 Euro pro Jahr und
Standort, weitere 6.000 Euro sollen durch zusätzliche Dienstleistungen
hinzukommen. (VDI-Nachrichten vom 26.06.99)
Die Redaktion des
Elektrosmog-Reports sprach mit dem Geschäftsführer von Detron, Düsseldorf, Frank
Verhage. Laut Verhage wird die neue Dienstleistung von den großen Netzbetreibern
sehr gut angenommen. Schaut man sich die Entwicklung in den Beneluxländern an,
so ist zu erwarten, dass auch in Deutschland zukünftig eine Vielzahl neuer
Netzbetreiber entstehen wird, da durch die Detron-Dienstleistung die finanzielle
Einstiegsschwelle für kleinere, auch regionale Betreiber deutlich sinkt. Dies
wiederum wird voraussichtlich zu weiter fallenden Mobiltelefontarifen
führen.
Verhage geht davon aus, dass Detron vor allem in Ballungsräumen
bestehende Türme übernehmen wird. Aufgrund von Genehmigungsproblemen werde der
Neubau von Sendetürmen eher die Ausnahme bleiben und sich auf ländliche Gebiete
fokussieren. Detron wird sich laut Verhage an die bestehenden internationalen
und nationalen Grenzwerten halten und keine strengeren Werte anwenden, "allein
schon deshalb, weil wir primär bestehende Funktürme übernehmen".
Unter
Minimierungsaspekten wäre es sinnvoll, die strukturell neue Situation beim
Ausbau der Mobiltelefonnetze zu nutzen, um strengere Vorsorgewerte
durchzusetzen. Grundsätzlich wäre Detron mit optimierten Sendetürmen in der
Lage, auch strengere Grenz- bzw. Vorsorgewerte einzuhalten. In Ballungsräumen
könnte der Übergang von Hausdach-Sendeanlagen zu speziellen Sendetürmen die
lokale Belastung reduzieren. Hier sollte die derzeitige Genehmigungspraxis
überdacht werden.
In den nächsten Jahren wird Detron zunehmend zum
Ansprechpartner für lokale Bürgerinitiativen werden, während sich die großen
Mobilnetzbetreiber mehr und mehr aus dem Rampenlicht zurückziehen können. Laut
Verhage möchte Detron die Informationsarbeit und die Kommunikation mit den
Bürgerinitiativen sehr ernst nehmen und bisherige Fehler vermeiden.
Kontakt: Detron international, Schiess-Straße 68, 40549
Düsseldorf, Tel.: 0211-53 06 8-0, Fax: 0211-53 06 8-199, Internet:
www.detron.de
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Politik und Wissenschaft
Wie mit Unterstützung der Medien aus einer
Mücke ein Elefant wird, ohne dass verständlich wird, worum es eigentlich geht,
bekam der Wissenschaftler Robert P. Liburdy von der Universität von Kalifornien
zu spüren. Am 18. Juni 1999 warf das "Office of Research Integrity" der USA
(ORI, Amt für Forschungsintegrität) Liburdy vor, in zwei Publikationen über
Wirkungen von EMF auf den Kalziumfluss in Blutzellen "absichtlich Daten
verfälscht" zu haben. Dieser Vorwurf wurde von vielen amerikanischen Zeitungen
aufgegriffen. Die New York Times beispielsweise berichtete auf der ersten Seite
unter der Überschrift "Daten, die Krebs mit elektrischer Energie verbinden,
waren gefälscht". Auch San Francisco Chronicle, Times, Wall Street Journal und
Washington Post griffen das Thema auf.
Der Vorwurf von ORI bezieht sich auf
insgesamt drei Grafiken aus zwei Artikeln aus dem Jahre 1992 (Liburdy 1992a,
Liburdy 1992b). Die diesen Grafiken zugrundeliegenden Daten seien "in einer
Weise publiziert worden, die ihre statistische Signifikanz und ihren
wissenschaftlichen Wert erhöht". ORI forderte Liburdy auf, diese Grafiken
zurückzuziehen und zuzustimmen, in den nächsten drei Jahren keine weiteren
bundesstaatlichen Forschungsmittel zu erhalten. Liburdy stimmte diesen
Bedingungen zu, da er sich keine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung in
dieser Frage leisten könne.
Allerdings wies er gleichzeitig in einem am 16.
Juli 1999 in Science publizierten Brief den Vorwurf der bewußten
Datenmanipulation und wissenschaftlichen Verfehlung zurück. Der Vorwurf des ORI
beziehe sich auf der Technik der Erstellung der Grafiken. Die diesen Abbildungen
zugrunde liegenden Rohdaten seien jedoch gültig. Die Artikel seien nicht
zurückgezogen worden und die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen blieben, so
wie publiziert, bestehen.
Liburdy verwendete beispielsweise für die
Erstellung der Grafiken eine Stichprobe aus seinem Datenpool, denn er habe mit
der damaligen Computersoftware "nicht hunderte von Kalzium-Datenpunkten"
darstellen können. Die Auseinandersetzung zwischen ORI und Liburdy dreht sich im
Wesentlichen um die Frage, ob die verwendeten Daten absichtlich selektiert
worden waren. Liburdy weist daraufhin, dass mit der heute verfügbaren Software,
die nun von ORI verwendet wurde, sein Datenpool selbstverständlich besser
analysiert werden könne.
Den Untersuchungen von ORI war eine Untersuchung des
Lawrence Berkeley National Labors (LBL) vorausgegangen, bei dem Liburdy bis März
beschäftigt war. Während dieser Untersuchung hatte Liburdy drei Experten
gebeten, seine Daten zu überprüfen, Carl Blackman von der amerikanischen
Umweltbehörde EPA, Richard Nuccitelli von der Universität von Kalifornien und
James Putney von den Nationalen Instituten für Gesundheit. In seinem Brief an
Science vom 16. Juli schreibt Liburdy, alle drei hätten ihn hinsichtlich
verschiedener Aspekte "konstruktiv kritisiert", aber alle gingen davon aus, dass
"es keine Absicht zum Betrug gegeben habe und die Daten die Schlussfolgerungen
unterstüzen."
Liburdy hält die Maßnahmen von ORI daher für überzogen: "Alles
was nötig gewesen wäre, um diesen Disput zu beenden, wären revidierte
Erläuterungen der Abbildungen, die mehr Details über die Erstellung der Grafiken
beinhalten." Er plant nun die erneute Publikation der drei Grafiken mit einer
vollständigen Erklärung der Methodik ihrer Erstellung.
In der
Berichterstattung in den Medien ging es dagegen nicht um diese schwer
vermittelbare Thematik. Liburdys Studien wurden dagegen zu zentralen Elementen
der These einer Verbindung von EMF und Krebs aufgebaut, um so gleich die ganze
These in Frage zu stellen. Robert Park von den Amerikanischen Physikalischen
Gesellschaft, der EMF für unbedenklich für die mennschliche Gesundheit hält,
versuchte sich in der New York Times gar an der Diskreditierung aller Forscher
im EMF-Bereich und meinte "Liburdys Manipulation ist vermutlich typisch für
dieses Feld".
Tatsächlich basiert die Vermutung über einen Zusammenhang
zwischen EMF und Krebs vor allem auf epidemiologischen Untersuchungen. Es
existieren bisher keine akzeptierten biologischen Erklärungsmodelle für diesen
Zusammenhang. Ein möglicher Ansatz ist die Beeinflussung des Kalzium-Flusses
durch EMF, über den seit den sechziger Jahren von verschiedenen Forschern
berichtet wird.
Dr. med. Franjo
Grotenhermen
Quellen:
AP vom 12. August 1999.
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Veranstaltungshinweis
Themen
: Am ersten Tag ab 13:30 Symposium "Elektromagnetische Felder - Ursachen und gesundheitliche Wirkungen" mit Dr. Wilfried Kreisel (WHO), Prof. Dr. Norbert Leitgeb (TU Graz), Dr. Rainer Meyer (Universität Bonn), Dr. Lebrecht von Klitzing (Universität Lübeck), Prof. Dr. Norbert Bolz (Universität Essen).![]() |
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