Elektrosmog-Report
5. Jahrgang / Nr. 10       Oktober 1999
zur Inhaltsangabe
zum Index

Inhalt:
Grenz- und Vorsorgewerte - Internationale EMF-Regelungen im Niederfrequenz-Bereich
Westeuropäische Grenzwerte
Osteuropäische Grenzwerte
Grenzwertempfehlungen
Richtwerte/Empfehlungen für Hochspannungsfreileitungen
Richtwerte für Bildschirme
Vorsorgewerte
EMF-Experten 1999


Grenz- und Vorsorgewerte
Internationale EMF-Regelungen im Niederfrequenz-Bereich

Die meisten Länder der Welt orientieren sich bei ihren Grenzwertfestsetzungen an den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission für nicht-ionisierende Strahlung (ICNIRP). So auch Deutschland und die EU. Verschiedene Institutionen fordern wegen der unsicheren wissenschaftlichen Datenlage mit Hinweisen auf biologische Wirkungen Reglementierungen unterhalb der ICNIRP-Grenzwertempfehlungen, meist in Form von sog. Vorsorgewerten. Der vorliegende Überblick umfasst den Niederfrequenz-Bereich (NF, 50 Hz). Der Hochfrequenzbereich wurde bereits in den Elektrosmog-Report-Ausgaben vom Dezember 98 und Februar 99 ausführlich behandelt.Die aktuellen Empfehlungen der ICNIRP wurden im April 1998 veröffentlicht und unterscheiden sich nur unwesentlich von älteren Empfehlungen der IRPA bzw. ICNIRP. Eine umfangreiche Diskussion der Empfehlungen findet sich in KARUS & GROTENHERMEN 1998. Dort heisst es zusammenfassend: "Die Grenzwertkonzeption der ICNIRP geht ausschließlich von akuten, thermischen Effekten aus, die erst bei extrem hohen Feldern, wie sie nur bei sehr seltenen Unfällen in der Industrie vorkommen, auftreten und bereits seit Jahrzehnten bekannt und unumstritten sind. Die Forschungsergebnisse der letzten 10 Jahre hinsichtlich Langzeiteffekten bleiben vollkommen unberücksichtigt; sie werden nicht einmal für Vorsorgewerte herangezogen.
Mit Hilfe von willkürlich festgelegten und im Vergleich zu anderen Umweltrisiken kleinen Sicherheitsabständen werden - ausgehend von akuten Effekten - Grenzwertempfehlungen für die berufliche und öffentliche Exposition abgeleitet, die Sicherheit gegen jegliche möglichen Elektrosmog-Gefahren suggerieren.
Dieses Vorgehen ist methodisch fragwürdig. Das sichere Ausschließen von akuten Effekten sagt nunmal nichts über mögliche Langzeiteffekte bei vergleichsweise niedrigen Expositionen aus. Hier können vollkommen andere Wirkungsmechanismen und Effekte zum Tragen kommen.
(Teilweise deutliche) Hinweise auf mögliche Langzeiteffekte bei dauerhaft einwirkenden elektromagnetischen Feldern fließen an keiner Stelle in die Grenzwertempfehlungen ein. Die ICNIRP verwendet hier ganz bewusst ein besonders strenges Kriterium für den Begriff "gesichert" bzw. lässt keine weitere Kategorie unterhalb der als "gesichert" geltenden Effekte zu. Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen werden nicht ernst genommen.
Die ICNIRP-Grenzwertempfehlungen bieten schon vom Konzept her lediglich einen sicheren Schutz vor akuten Wirkungen elektromagnetischer Strahlung, wie sie erst bei extremen Feldstärken auftreten (Unfälle in der Elektroindustrie). Das Risiko von Langzeiteffekten wird von den Grenzwerten nicht tangiert."
Dies steht im krassen Widerspruch zur öffentlichen Wahrnehmung. Wie soll man es anders verstehen, dass Anwohner von EMF-Emmittenten, die über mögliche Langzeiteffekte besorgt sind, damit abgespeist werden, dass ihre Belastungen unterhalb der internationalen Empfehlungen liegen, obwohl diese ja bzgl. Langzeiteffekten konzeptbedingt keinerlei Sicherheit bieten!
Dennoch orientieren sich fast alle Länder an diesen Grenzwertempfehlungen; so auch Deutschland (26. BImSchV) und zukünftig die Europäische Union.
Es wundert daher nicht, dass kritische, unabhängige Institute und Verbände seit Jahren Vorsorgewerte fordern und anwenden, die in der Regel weit unter den ICNIRP-Grenzwertempfehlungen liegen. Solche Vorsorgewerte sollen dem unsicheren Kenntnisstand hinsichtlich athermischer Effekte und möglicher Langzeitschäden Rechnung tragen und den Bürger vor möglichen bzw. vermuteten Gefahren und Beeinträchtigungen bewahren.
Es ist nicht Ziel dieses Beitrags, verschiedene Vorsorgekonzepte miteinander zu vergleichen und ihre naturwissenschaftliche und politische Basis zu diskutieren. Vielmehr soll anhand der folgenden Tabellen und Kommentare ein Überblick über die wichtigsten Vorsorgewerte im NF-Bereich gegeben werden.

zum Index

Westeuropäische Grenzwerte

In Deutschland gelten seit 1997 erstmalig verbindliche Grenzwerte für die Belastung der Allgemeinheit durch elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder (26. BImSchV, kurz "Elektrosmogverordnung"). Bis 1997 wurden die DIN/VDE-0848-Grenzwertempfehlungen (siehe Tabelle) in Deutschland als quasi-verbindlich verwendet.
Die deutsche Elektrosmogverordnung von 1997 orientiert sich weitgehend an den internationalen ICNIRP-Empfehlungen (siehe Tabelle); gegenüber den ICNIRP-Empfehlungen sind allerdings "kurzzeitige" und "kleinräumige" Grenzwertüberschreitungen um den Faktor 2 erlaubt, die insbesondere in unmittelbarer Nähe zu Hochspannungstrassen und an heißen, trockenen Tagen (elektrisches Feld) auftreten können, in der Praxis jedoch sehr selten sind. Da nach der aktuellen EU-Empfehlung (s.u.) "für kurzzeitige Expositionen ... keine höheren Referenzwerte für die Exposition durch ELF-Felder vorgesehen" sind, wird voraussichtlich diese Sonderregelung der deutschen Verordnung zukünftig entfallen. (RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 1999)
Eine ausführliche Diskussion der deutschen Elektrosmogverordnung findet sich in KARUS & NIEßEN 1996; hier wird insbesondere das Fehlen von Vorsorgeregelungen kritisiert.
Für die gesamte Europäische Union gelten nach der Entscheidung im EU-Ministerrat im Juni 1999 erstmalig einheitliche Empfehlungen für die Begrenzung der öffentlichen EMF-Expositionen. Die Empfehlungen umfassen lückenlos den gesamten Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz und orientieren sich weitestgehend an den Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP 1998).
Es ist davon auszugehen, dass die meisten EU-Länder, insbesondere die kleineren Mitgliedstaaten, die Empfehlung des EU-Ministerrates ohne relevante Änderungen in nationales Recht überführen werden. Dies ist als Fortschritt zu werten, da bislang etliche Mitgliedstaaten überhaupt keine entsprechenden Regelungen aufwiesen.
Da es sich aber nur um Empfehlungen und nicht um eine Richtlinie handelt, behalten die einzelnen Mitgliedstaaten Spielräume bei der konkreten Umsetzung. Es wird erwartet, dass einzelne Länder wie z.B. Italien oder Luxemburg den Spielraum für strengere Regulatorien nutzen werden.
Konkrete Vorsorge- und Minimierungsmaßnahmen fehlen in den Empfehlungen, obwohl sie im EU-Parlament und im Umweltausschuss des Parlaments detailliert diskutiert und zum Teil auch konkret gefordert wurden (s.u.). Eine ausführliche Diskussion der EU-Empfehlungen im Wechselspiel zwischen EU-Kommission, Parlament und Ministerrat findet sich KARUS 1999.

zum Index

Osteuropäische Grenzwerte

Über 50-Hz-Grenzwerte in Osteuropa liegen uns nur wenige Informationen vor. Nach BOIKAT 1999 wird in Russland in Bezug auf die magnetische Feldstärke die "Gefahrenschwelle" bei dem 200-300fachem Wert der Hintergrundstrahlung angesetzt. Da zur Hintergrundstrahlung russische Angaben fehlen, wird ein mittlerer Hintergrundwert wie in technisierten deutschen Haushalten von 0,06 µT (Mikrotesla) angesetzt. Daraus ergibt sich die in der Tabelle angegebene Spanne von 12 bis 18 µT. DAVID 1999, gerade von einem EMF-Kongress in Moskau zurückgekehrt, bestätigte, dass in Russland aktuell niedrigere Grenzwerte gelten als die ICNIRP-Empfehlungen.

zum Index

Grenzwertempfehlungen

Die aufgeführten Grenzwertempfehlungen deutscher - SSK (Strahlenschutzkommission) und DIN/VDE - und internationaler Kommissionen - ICNIRP ("Internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung")bzw. IRPA ("Internationale Strahlenschutzkommission"), WHO ("Weltgesundheitsorganisation") und UNEP ("United Nations Environment Program") - sind allgemein bekannt und sollen hier nicht näher vorgestellt werden. Die Grenzwertempfehlungen für 50 Hz haben sich zwischen 1987 und 1998 nicht verändert. Eine ausführliche Diskussion der aktuellen ICNIRP-Empfehlungen (ICNIRP 1998), die auch die älteren internationalen Empfehlungen in einer Quellenübersicht zeigt, findet sich in KARUS & GROTENHERMEN 1998.
BUWAL 1998 (Elektrosmog-Report, März 1999) und die Empfehlungen des RATES DER EUROPÄISCHEN UNION 1999 orientieren sich weitgehend an den ICNIRP-Empfehlungen von 1998. Die aktuellen EU-Empfehlungen wurden bereits im vorherigen Abschnitt in einigen Details vorgestellt.
Eine um Größenordnungen niedrigere Grenzwertempfehlung wurde von Gianni Tamino, Biologieprofessor an der Universität Padova, für den Umweltausschuss des Europäischen Parlaments ausgearbeitet und schließlich vom EU-Parlament im März 1999 nicht angenommen (Elektrosmog-Report, Februar und September 1999). Die Grenzwertvorschläge von Tamino orientieren sich am Vorsorgeprinzip und Vorschlägen des US-Rates für Strahlenschutz (NCRP) und der US-Umweltbehörde. Für einige Frequenzbereiche liegen die Vorschläge um mehr als den Faktor 1.000 unter den ICNIRP-Empfehlungen. Tamino wirft den internationalen Kommissionen vor, eine große Anzahl wissenschaftlicher Publikationen ignoriert zu haben.

zum Index

Richtwerte/Empfehlungen für Hochspannungsfreileitungen

In den USA wurden in den 90er Jahren regional verschiedene Empfehlungen für maximale Magnetfeldbelastungen bzw. Mindestabstände für Wohnbebauungen in der Nähe von Hochspannungstrassen ausgesprochen. Die hier exemplarisch genannten Werte wurden zitiert nach MAES 1998, NIEDERSÄCHSISCHES UMWELTMINISTERIUM 1993 und BOIKAT 1999.
Seit 1990 gibt es in Schweden Empfehlungen, beim Neubau von Schulen, Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen solche Entfernungen von Hochspannungstrassen einzuhalten, dass die von Freileitungen erzeugten Magnetfelder nicht mehr als 0,2 bis 0,3 µT betragen (Elektrosmog-Report, Mai 1995, NIEDERSÄCHSISCHES UMWELTMINISTERIUM 1993).
Eine 10-µT-Empfehlung für Neubauten gilt in Nordrhein-Westfalen. In Landesumweltamt NRW 1998 heißt es: "Um dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen durch elektrische oder magnetische Felder vorzubeugen, sind in Anhang 3 für verschiedene Anwendungsfälle Schutzabstände aus Gründen des Immissionsschutzes aufgeführt. Die Staatlichen Umweltämter sollen diesen Anhang bei der Beteiligung im Bauleitplanverfahren anwenden. ... Die Bemessung der in Anhang 3 angegebenen Abstände basiert auf dem von der Strahlenschutzkommission in ihren Empfehlungen zum Schutz vor niederfrequenten elektrischen und magnetischen Feldern der Energieversorgung und -anwendung vom 16./17. Februar 1995 genannten Ermessungsspielraum für die magnetische Flußdichte von 10 µT zur Berücksichtigung des Vorsorgegesichtspunktes und auf den Erläuterungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu § 4 der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV)."
Da mit den 10 µT die maximal mögliche magnetische Flussdichte (Vollast, asymmetrische Phasenbelegung) begrenzt wird, führt diese Regelung in der Praxis dazu, dass die Belastungen in den meisten Fällen unter 1 µT bleiben.

zum Index

Richtwerte für Bildschirme

MPR II aus dem Jahr 1990 und TCO aus dem Jahr 1991 sind zwei schwedische Normen für elektrische und magnetische Felder von Bildschirmen, die sich mittlerweile zum internationalen Standard für Computermonitore entwickelt haben. 1995 wurden die MPR-Richtlinien von einem Komitee europäischer und US-amerikanischer Experten unter Leitung der schwedischen Elektrizitäts-Kommision (SEK) überarbeitet und aktualisiert (Elektrosmog-Report, Juli 1995). Der schwedische Dachverband der Angestelltengewerkschaften (TCO) hat in seinen neuesten Richtlinien TCO 99 die elektromagnetischen Grenzwerte nicht weiter verschärft (Elektrosmog-Report, Juni 1999).
MPR und TCO haben die Belastungen durch Bildschirmfelder an Computerarbeitsplätzen weltweit drastisch reduziert. Die Richtlinien haben sich dabei nicht an möglichen gesundheitlichen Gefahren, sondern am technisch Machbaren orientiert.
Im Gegensatz zum Bildschirmbereich gibt es für andere Elektro- und elektronische Geräte keinerlei Richtwerte für die Begrenzung der elektromagnetischen Feldemissionen. Es fehlen jegliche Impulse an die Hersteller, eine ähnliche Optimierung wie bei Computermonitoren vorzunehmen.

zum Index

Vorsorgewerte
KATALYSE 1994
"Grundlage unserer Empfehlung ist der vorbeugende Gesundheitsschutz für die Allgemeinheit. ... Bei magnetischen Wechselfeldern sind gesundheitlich relevante Effekte ab einer Stärke von ca. 0,2 µT, insbesondere bei nächtlicher Exposition, nachgewiesen worden. Es seien hier vor allem die verschiedenen epidemiologischen Studien zum Krebsrisiko durch Hochspannungsleitungen und die Tierexperimente von Löscher bzgl. Senkung des nächtlichen Melatoninspiegels und Krebspromotion erwähnt. ... Die nächtliche Belastung durch künstliche magnetische Wechselfelder darf zwischen 20 und 8 Uhr im Mittel den Wert 0,2 µT nicht überschreiten. Der mittlere 24-Stunden-Wert wird auf 0,4 µT begrenzt."

ECOLOG 1994
"Die Grenzwerte für den Expositionsbereich 2 (Allgemeinbevölkerung, unkontrollierte Bereiche, Dauerexposition) sind an den Grenzwerten für 50-Hz-Felder von 0,2 µT bzw. 60 V/m «aufgehängt», die wir aufgrund der epidemiologischen und der Laborbefunde für notwendig halten. Für das magnetische Feld empfehlen wir, wegen der weiteren Verbreitung von 50-Hz-Feldern in der Umwelt, für einzelne Anlagen wie Hochspannungsleitungen oder Transformatoren lediglich 0,1 µT zuzulassen. Nach dem aktuellen Kenntnisstand kann man die von uns vorgeschlagenen Grenzwerte als wirkliche Vorsorgegrenzwerte ansehen, auch im Hinblick auf die epidemiologischen Befunde und die Ergebnisse der Untersuchungen zur Beeinflussung des Immunsystems, der hormonellen Steuerung (Melatonin) und der Zellkommunikation (Kalzium-Ionenfluß)."

NCRP 1995 (vorläufiger Bericht)
Zitiert nach Elektrosmog-Report 1995: "Nach den Vorstellungen des Komitees soll die EMF-Belastung im Niederfrequenzbereich schrittweise reduziert werden, zunächst innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren in Häusern, Schulen und anderen nichtindustriellen Umgebungen auf maximal 1 µT und 100 V/m. Nach sechs Jahren soll auf der Grundlage einer neuen Forschungsübersicht die Option einer weiteren Reduzierung auf 0,5 µT und 50 V/m bestehen. Nach insgesamt 10 Jahren sollte nach erneuter umfassender Analyse der sozioökonomischen und technischen Folgen die Möglichkeit bestehen, die angestrebten Zielwerte weiter auf 0,2 µT und 10 V/m zu reduzieren. ... Obwohl unvollständig, weist verfügbares epidemiologisches und Labordatenmaterial bestimmte Übereinstimmungen auf, die niederfrequente EMF-Exposition mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko in Verbindung bringen. ... Einige epidemiologische Studien bringen gesundheitliche Effekte mit einer großen Spannbreite von Expositionsniveaus in Verbindung. Auf der Basis dieser Spannbreiten läßt sich folgern, daß ein erheblicher Teil der Weltbevölkerung einem niedrigen Risikoniveau unterworfen ist. Es handelt sich allerdings um einen Risikofaktor mit relevanter sozialer Bedeutung wegen seiner alles durchdringenden Natur und der ernsthaften Konsequenzen für betroffene Einzelpersonen."

König/Folkerts 1997
"Innerhalb von Wohnungen mit speziell biologisch orientierter Elektroinstallation sollten jedoch - insbesondere innerhalb der Ruhezonen - deutlich geringere Grenzwerte angestrebt werden. Da entsprechende allgemeingültige Festlegungen zur Zeit noch ausstehen, empfehlen die Autoren nur für diesen Anwendungsbereich vorerst folgende Grenzwerte (bezogen auf f = 50 Hz) anzusetzen: ..... für das H-Feld: 0,8 A/m (beziehungsweise 1 µT). ... Falls persönlich extreme Sicherheitsansprüche gestellt werden, können speziell beim H-Feld auch nochmals geringere Werte um den Faktor 0,3 ... 0,1 angesetzt werden...."

MAES 1998/99
MAES 1998 gibt als "Baubiologische Richtwerte für Schlafplätze" folgende Kategorien an:
unauffällig <0,02 µT (bzw. 20 nT)
schwach 0,02-0,1 µT
stark 0,1-0,5 µT
extrem >0,5 µT.
Für den Wachbereich gibt Maes 0,2 µT an. Und weiter: "Alle Richtwerte sind Vorsorgewerte für sensible Personen, z. B. Kinder, Alte, Kranke, Allergiker, Immungeschwächte... und beziehen sich nur auf Dauereinwirkungen. Die Richtwerte für Wachbereiche gelten nur, wenn jene für Schlafbereiche eingehalten werden, das heißt, wenn eine solide Regenerationsphase gewährleistet ist."

nova 1999
Das nova-Institut begründet seinen Vorsorgewert von 0,2 µT für 50-Hz-Magnetfelder wie folgt:

  1. Der gültige Grenzwert von 100 µT bietet konzeptionell bedingt nur Schutz vor akuten, thermischen Effekten. Das Risiko möglicher Langzeiteffekte wird von diesem Grenzwert überhaupt nicht tangiert.

  2. Bis hinab zu Magnetfeldbelastungen von 0,2 µT gibt es eine Reihe belastbarer wissenschaftlicher Studien - Zellexperimente, Tierversuche und epidemiologische Studien -, die deutliche Hinweise auf sowohl biologische Effekte als auch gesundheitliche Auswirkungen geben. Gleichzeitig hat die Vielzahl epidemiologischer Studien an Anwohnern von Hochspannungstrassen gezeigt, dass das Risiko infolge einer 0,2-Miktrotesla-Dauerbelastung einen gesundheitlichen Schaden zu erfahren, sehr gering ist (wenn das relative Risiko überhaupt erhöht ist).

  3. Es gibt sehr wenig Sicherheit darüber, wie mögliche Gesundheitsgefahren in der Grauzone zwischen 0,2 und 100 µT einzuschätzen sind, wo eine eventuelle Schwelle für gesundheitliche Effekte liegt. So gibt es nicht einmal eine epidemiologische Studie über die Auswirkungen einer Dauerbelastung von 1 µT oder höheren Werten für die Allgemeinbevölkerung!

  4. Dieser unsichere wissenschaftliche Kenntnisstand reicht nicht aus, um wesentlich strengere, verbindliche Grenzwerte als die von der ICNIRP empfohlenen zu verabschieden, zumal deren Umsetzung mit erheblichen ökonomischen Folgekosten verbunden wäre. Diese Unsicherheit verlangt aber, zum vorbeugenden Schutz der Bevölkerung die zahlreichen Hinweise auf mögliche Langzeitschäden ernst zu nehmen und Vorsorgewerte auszusprechen. Diese sollten nach Auswertung der Literatur bei etwa 0,2 µT liegen.

zum Index

EMF-Experten 1999

Am 25.09.99 trafen sich kritische Wissenschaftler und Betroffene in Offenbach zur Abstimmung gemeinsamer "Vorsorgegrenzwerte" zur Einreichung beim Bundesumweltministerium anlässlich der Überarbeitung der 26. BImSchV. "Eine Zielorientierung an Vorsorgegrenzwerten für die Allgemeinbevölkerung bei Dauereinwirkung ... Magnetische Flußdichte 100 nT (0,1 µT). Für "sensible" Personen, d.s. Kinder, ältere Menschen, Kranke, abwehrgeschwächte Personen, sind diese Werte deutlich zu reduzieren. Mit den folgenden Werten soll eine Vorstellung vermittelt werden, in welcher Höhe sich für diese Gruppe reduzierte Belastungen - allerdings im Ruhebereich (Schlafbereich) - bewegen müssen, um Beschwerdefreiheit zu erreichen. ... Magnetische Flußdichte 20 nT (0,02 µT)."
Weitere Vorsorgeempfehlungen in der Tabelle sind zitiert nach SCHAPER 1998, MAES 1998 (BUND 1998) und nach KATALYSE 1994, wo die Empfehlungen verschiedener Bau- und Elektrobiologen - Rose, Fischer, Maes u.a. - zusammenfassend diskutiert sind.

Michael Karus
Redaktion Elektrosmog-Report

 

Tabelle: Grenz- und Vorsorgewerte für 50-Hz-Magnetfelder für die Öffentlichkeit in Mikrotesla im Überblick

 

Werte

 

in µT

Westeuropäische Grenzwerte

 

Italien 1992 (Daueraufenthalt)

100

Deutsche Elektrosmogverordnung 1997
(26. BImSchV)

100

"kurzzeitig" und "kleinräumig" (26. BImSchV)

200

EU-Länder 2000

(nach Umsetzung der EU-Empfehlung)

100

Osteuropäische Grenzwerte

 

Russland 1993

12-18

Grenzwertempfehlungen

 

dt. Strahlenschutzkommission (SSK) 1989

100

DIN/VDE 0848 1992 (Dauerexposition)

400

ICNIRP (bzw. IRPA, WHO, UNEP) 1987-1998

100

BUWAL 1998 (Schweiz)

100

Ministerrat der Europäischen Union 1999

100

Bericht an den Umweltausschuss
des Europaparlament 1998

0,25

Richtwerte/Empfehlungen für Hochspannungsfreileitungen

 

New York, Florida, Montana u.a. 90er Jahre

15-25

Kalifornien (San Diego, Costa Mesa)
90er Jahre (Neubauten)

0,2-0,4

Schweden 1990
(Neubau von Schulen, Kindergärten etc.)

0,2-0,3

Nordrheinwestfalen Bauleitplanung 1998
(Neubauten)

10

Richtwerte für Bildschirme

 

MPR II 1990 "50 cm Abstand"

0,25

TCO 1991 bis TCO 1999 "30 cm Abstand"

0,2

MPR III 1995 "30 cm bzw. 50 cm Abstand"

0,2

Vorsorgewerte

 

KATALYSE 1994 "24-Stunden-Mittel" / "nachts"

0,4 / 0,2

versch. Bau- und Elektrobiologen
(nach KATALYSE 1994)

0,02-0,1

ECOLOG 1994 "allgemein" / "für einzelne Anlagen"

0,2 / 0,1

dt. Strahlenschutzkommission (SSK) 1995

10

Vorläufiger NCRP-Bericht 1995 (USA)

"nach 3/ 6/ 10 Jahren"

1 / 0,5 /0,2

König / Folkerts (Ruhezonen) 1997

1 (0,1-0,3)

Schaper 1998 "Am Tage"
"Schlafphase"

0,3-0,4
0,1-0,2

Maes 1998/99 "Wachbereich"

"Schlafplätze"

0,2

0,02-0,1

BUND 1998 "Ruhebereiche"

0,1

nova 1999

0,2

EMF-Expertenrunde 09/99 "allgemein"

"sensible Personen"

0,1

0,02

nova 1999

Tip: Der vollständige Text über "Internationale Grenz- und Vorsorgewerte im Überblick - NF- und HF-Bereich" findet sich im Internet unter "www.nova-institut.de", Bereich Elektrosmog und wird dort regelmäßig aktualisiert.

Quellen:

  1. Boikat, U. 1999: Elektromagnetische Felder - Minderung und Meidung im Alltag. In: Vorsorge im umweltbezogenen Gesundheitsschutz, Dokumentation einer Informations- und Diskussionsveranstaltung in Bremen. Schriftenreihe USG, Band 12, Freie Hansestadt Bremen, Abt. Gesundheitswesen. Anmerkung: Das Zitat zu den russischen Grenzwerten stammt aus dem ursprünglichen Vortragstext vom 02.11.1998.
  2. BUWAL (Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Schweiz) 1998: Begrenzung der Immissionen von nichtionisierender Strahlung, Frequenzbereich 0 Hz bis 300 GHz. Schriftenreihe Umwelt Nr. 302.
  3. David, E. 1999: persönliche Mitteilungen auf der Fachtagung NIR 99, Fachverband für Strahlenschutz, Köln, 27.09.-01.10.1999.
  4. Elektrosmog-Report 1995: US-Komitee fordert deutliche Reduzierung der zulässigen Belastungen durch EMF. In: Elektrosmog-Report 1(8), 11/95.
  5. ICNIRP 1998: Guidelines for limiting exposure to time-varying electric, magnetic, and electromagnetic fields (up to 300 GHz). International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection. Health Phys. 74, 494-522 (1998).
  6. Karus, M. 1999: EU-Ministerrat gegen konkrete Vorsorgemaßnahmen bei EMF. In: Elektrosmog-Report 5(9), 09/99.
  7. Karus, M., Grotenhermen, F. 1998: Internationale Strahlenschutzkommission ignoriert Vorsorgeaspekte beim Elektrosmog. In: Elektrosmog-Report 4(4), 04/98.
  8. Karus, M., Nießen, P. 1996: Niederlage für Umwelt- und Verbraucherschutz: Elektrosmogverordnung verabschiedet. In: Elektrosmog-Report 2(6), 06/96.
  9. König, H. L., Folkerts, E. 1997: Elektrischer Strom als Umweltfaktor. Pflaum Verlag, München 1997.
  10. Landesumweltamt NRW 1998: Aus Immissionsschutzgründen festgelegte Schutzabstände bei Anlagen zur elektrischen Energie- und Nachrichtenübertragung. Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Nr. 43, 02.07.1998.
  11. Maes, W. 1998: Streß durch Strom und Strahlung, Institut für Baubiologie und Oekologie, Neubeuern 1998.
  12. Maes, W. 1999: Informationsblatt.
  13. Niedersächsisches Umweltministerium 1993: Elektrosmog. Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern auf den Menschen, Hannover 1993.
  14. Rat der Europäischen Union 1999: Empfehlung des Rates zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz - 300 GHz), Interinstitutionelles Dossier 98/0166 (CNS), Brüssel, 05.07.1999. (auch zu finden in: Amtsblatt vom 30.07.99, L199, S. 59ff)
  15. Schaper, W. 1999: persönliche Mitteilungen Werner Schaper, Umweltmeßbüro Hamburg.

Impressum Elektrosmog-Report im Strahlentelex
Erscheinungsweise: monatlich im Abonnement mit dem Strahlentelex Verlag und Bezug: Thomas Dersee, Strahlentelex, Rauxeler Weg 6, D-13507 Berlin, ( + Fax 030 / 435 28 40. Jahresabo: 98,- DM.
Herausgeber und Redaktion:
nova-Institut für politische und ökologische Innovation, Hürth
Michael Karus (Dipl.-Phys.) (V.i.S.d.P.), Dr. med. Franjo Grotenhermen, Dr. rer. nat. Peter Nießen (Dipl.-Phys).
Kontakt: nova-Institut GmbH, Abteilung Elektrosmog,
Goldenbergst. 2, 50354 Hürth, ( 02233 / 94 36 84, Fax: / 94 36 83
E-Mail: nova-h@t-online.de
http://www.nova-institut.de;
http://www.datadiwan.de/netzwerk/

zum Index

Layout: Bernhard Harrer Wissenstransfer 1999-2001 eMail:webmeister@datadiwan.de