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Autor: | Dokumentationszentrum für Forschung in der Naturheilkunde (Hrsg.); Prof. Dr. Joachim Hornung (wissenschaftliche Leitung) | |
Keywords: | Naturheilkunde, Forschung, Dokumentation, Kommunikationsnetz | |
Abstract: | Eine Dokumentation zu Forschungs- und Dokumentationsprojekten (1992/1993) in der Naturheilkunde | |
Copyright: | Projekt Patienteninformation, Berlin 1996 | |
Info Jockey's
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Eine Broschüre, die die Forschungsszene der unkonventionellen medizinischen Richtungen im deutschsprachigen Raum dokumentiert. Die Ergebnisse sind aus dem Jahre 1992/93 und somit zum Teil nicht mehr aktuell. Für eine überarbeitete Neuauflage fehlen leider die finanziellen Mittel. Geldgeber werden gesucht. Ein ähnliches Projekt auf internationaler Ebene wird von INRAT (Dänemark) organisiert. IJBH | |
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10. Oct. 1996
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Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Joachim Hornung, Freie Universität
Berlin
Redaktion: Gabriele Körner, Rainer Rathmann; Fritz Herbert,
Pia-C. Iskra, Harald Jurkat, Renate Schmidt
Trotz saisonal wiederkehrender Bemühungen engagierter, zumeist auf eigene Faust handelnder Institutionen oder Einzelpersonen gab es in Deutschland oder im deutschsprachigen Raum bis dato keine Einrichtung, die die Forschung im Bereich der Naturheilkunde erfaßte und dokumentierte; so waren also die Protagonisten der deutschen Naturheilkundeforschung weit davon entfernt, Kenntnis über gegenseitige Forschungsaktivitäten zu besitzen.
Das konzertierte Projekt eines Kommunikationsnetzes für Forschung in der Naturheilkunde - de facto eine Koproduktion zwischen Prof. Joachim Hornung vom Universitätsklinikum Berlin-Steglitz, Mitarbeitern des "Münchener Modells" und dem Dokumentationszentrum für Forschung in der Naturheilkunde in Berlin-Marzahn - vollzog die überfällige Tat: Start für die infrastrukturelle Verknüpfung der deutsch(sprachig)en Naturheilkundeforschung. Dabei vermieden die Initiatoren von Anbeginn jegliche fundamentalistische Erörterung zum Begriff oder zur Auslegung der "Naturheilkunde". Die Nutzer des Kommunikationsnetzes sollten den Terminus "Naturheilkunde" als Integrator für alle besonderen Therapierichtungen, also z. B. inclusive Homöopathie, interpretieren.-
Die Darlegungen auf den nachfolgenden Seiten sind das Resultat einer umfangreichen Fragebogenaktion, die von den Adressaten und der Fachpresse mit großer Resonanz aufgenommen und gefördert wurde. Das Dokumentationszentrum Berlin-Marzahn verschickte 220 Fragebögen im Juni 1992, von Juli bis September, zumeist auf Anregung der "Netz"-Teilnehmer, 100 weitere. Bis zum Redaktionsschluß im Oktober gingen 165 Antworten mit 220 verwertbaren Fragebögen ein. Allen, die aktiven und kreativen Anteil an der Genesis des Kommunikationsnetzes haben, gebührt aufrichtiger Dank.
Die nunmehr vorliegende Kompilation über Naturheilkundeforschung praktizierende Institutionen und Personen möchte initialen Einfluß auf eine verläßliche, vitale Kommunikation zwischen den (potentiell) interessierten Partnern nehmen. Betrachten Sie, lieber Leser, diese erste Auflage als Versprechen, das Kommunikationsnetz in Jahresfrist zu aktualisieren - und alsbald die inhaltliche Begrenzung auf den deutschsprachigen Raum zu sprengen. Dafür werden wir, mehr denn bisher, auf Ihre Hilfe angewiesen sein ... und auf Sie zählen!
Fritz Herbert
Dokumentationszentrum für Forschung in der Naturheilkunde,
Berlin-Marzahn, Dezember 1992
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Die vielfältigen Therapieformen der Naturheilkunde sind immer noch nicht allgemein anerkannt. Weitgehend abgelehnt werden sie von den Universitäten, den Ministerien, den Ämtern usw., kurz vom Establishment. Im Gegensatz dazu wenden sich immer mehr Patienten und niedergelassene Ärzte der sanften Medizin zu. Die Umsätze der entsprechenden Pharmahersteller steigen europaweit stark an. Die besonderen Therapierichtungen sind durch unser Arzneimittelgesetz legitimiert. Ab 1993 werden Naturheilkunde und Homöopathie Pflichtfächer im Medizinstudium. Dennoch wird den ganzheitlichen Therapieformen immer wieder angelastet, ihre Wirksamkeit sei wissenschaftlich nicht bewiesen. Dieses Argument benutzen auch die Krankenkassen, um naturheilkundliche Maßnahmen und Präparate nicht bezahlen zu müssen (sog. Wissenschaftlichkeitsklausel). Auch für den Arzneimittelmarkt innerhalb der EG spielt der wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweis eine entscheidende Rolle.
Die meisten naturheilkundlich arbeitenden Ärzte schätzen die wissenschaftliche Forschung gering. Sie argumentieren :
In meiner Arbeitsgruppe haben wir bisher die weltweit verfügbare Literatur zu folgenden Themen gesammelt, gesichtet und methodenkritisch ausgewertet:
1. Wissenschaftliche Forschung zur Homöopathie
2. Klinische Studien zu den 10 wichtigsten Verfahren der unkonventionellen
Krebstherapie
Weitere Themen, vorrangig klinische Studien zur Phytotherapie, sollen folgen. Wir stellten fest, daß es nicht wenige Forschungsarbeiten überhaupt gibt, daß aber die methodische Qualität der allermeisten Arbeiten mangelhaft ist. Nach der Lektüre weiß man meist mehr über allfällige methodische Fehler als über die Wirksamkeit der betreffenden Heilverfahren selbst. Offenbar besteht bis heute in diesen Gebieten kein Methodenbewußtsein. Überdies fehlt es an Forschern, Forschungsgeldern und -Institutionen, aber auch am Willen zu forschen. Angesichts der Hilflosigkeit der etablierten Medizin vielen chronischen und viral bedingten Krankheiten gegenüber, erscheint es sinnvoll nachzusehen, welche anderen, seit langer Zeit praktizierten Verfahren hilfreich sein können. Die Schule beharrt auf ihren Prinzipien, die Außenseiter erklären ihre Ansätze für nicht überprüfbar; wie soll da ein Konsens erzielt werden? Der im Arzneimittelgesetz verankerte Methodenpluralismus ist eine politische Errungenschaft, klärt aber nicht, welche Medizin den Kranken wirklich hilft.
Trotz mancher Schwierigkeiten gehe ich davon aus, daß sich mit wissenschaftlichen Methoden klären läßt und geklärt werden sollte, welche Therapien wirksam sind und welche nicht. Letztlich sollten die Heilerfolge sichtbar sein. Es darf aber nicht übersehen werden, daß es methodische Probleme gibt. Randomisation und Doppelblind sind in gewisser Hinsicht notwendig, zerstören aber das natürliche Arzt-Patienten-Verhältnis, welches gerade für die Ganzheitsmedizin wichtig ist. Überdies ist hier die gleichzeitige Anwendung verschiedenster Maßnahmen üblich, so daß die Wertigkeit einzelner Komponenten eines komplexen Gesamtkonzeptes schwerlich feststellbar ist. Beide Probleme lassen sich vielleicht durch eine konkurrierende Therapieprüfung lösen, bei der ganze Systeme, nicht einzelne Teile, untereinander verglichen werden.
1) The Berlin Journal on Research in Homoeopathy 1(No.2), March 1991,
pp 98-106
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Im Bereich der Naturheilverfahren liegt aus wissenschaftlicher Sicht eine paradoxe Situation vor: Einerseits besteht ein starkes Forschungsdefizit, da Naturheilverfahren in den letzten Jahren zwar verstärkte Anwendung erfuhren, ausreichende finanzielle und infrastrukturelle Voraussetzungen für eine effektive und erschöpfende Erforschung jedoch nicht zur Verfügung standen. Andererseits ist der tatsächliche Kenntnisstand zu den einzelnen Verfahren zumeist ziemlich unklar, da die zum Teil nicht unerhebliche Menge erarbeiteter wissenschaftlicher Ergebnisse - wenn überhaupt - in einer unübersehbaren Zahl kleinerer nationaler Fachzeitschriften publiziert wurde und dort in einer Flut von anderen Veröffentlichungen versteckt ist. In etablierten internationalen Zeitschriften werden Forschungsarbeiten zu Naturheilverfahren nur selten berücksichtigt, da die Methodik der Untersuchungen häufig nicht voll befriedigt oder die Ergebnisse unerwünscht sind.
Welche Informationen den einzelnen nun tatsächlich erreichen, ist Folge mehr oder minder zufälliger Einflüsse, und ob die Informationsquellen repräsentativ sind, ist meist völlig unklar.
Das vorliegende Dokumentationsnetzwerk soll den Zugang zu Forschungs-ergebnissen und die Kommunikation und den Informationsfluß zwischen den vielen relativ kleinen und verstreuten Forschungsgruppen - vorerst beschränkt auf den deutschsprachigen Raum - verbessern helfen. Neben der reinen Dokumentation und Sammlung von Forschungsergebnissen könnten in solch einem Netzwerk künftig auch die Strategien zur Beurteilung von Forschungsergebnissen diskutiert und verbessert werden.
Relevanz und Qualität von Forschungsarbeiten hängen in der Medizin im wesentlichen von drei Grundkriterien ab, (1) der internen Validität, (2) der Modellvalidität und (3) der externen Validität und den Implikationen für die Praxis. Die interne Validität gibt an, wie weit die Studie geeignet ist, die konkret gestellte Frage anhand gängiger wissenschaftlicher Standards sauber zu beantworten, gleichgültig, ob die Frage sinnvoll ist oder nicht. Die Modellvalidität ist davon abhängig, ob die überprüfte konkrete Frage repräsentativ für das übergeordnete Konzept ist, und die externe Validität und die Implikationen hängen davon ab, ob die Antwort wichtige Konsequenzen für die Praxis hat. Man kann anhand bestimmter Fragestellungen die Erfüllung der genannten Kriterien und die Studienqualität einschätzen.
Dies soll kurz am Beispiel eines Fragenkatalogs zu klinischen Studien in der Homöopathie demonstriert werden:
(1) Fragen zur internen Validität
Bei Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern geht es in der Regel um die Frage, ob ein Naturheilverfahren eine Placebotherapie ist oder nicht. Immer wieder werden dabei willkürlich ausgewählte Studien als Beweis für oder gegen die spezifische Wirksamkeit eines Verfahrens angeführt. Die Studien der "Gegenseite" werden dabei meist als untauglich dargestellt. Während Schulmediziner bei positiven Ergebnissen meist die interne Validität anzweifeln, kritisieren die Befürworter einer Methode im Falle negativer Ergebnisse die unzureichende Modellvalidität. Es ist dabei völlig unbestritten, daß für eine suffiziente Beurteilung beide Kriterien soweit wie möglich erfüllt werden sollten. Praxisrelevant können wissenschaftliche Studien eigentlich erst dann werden, wenn zusätzlich die externe Validität ausreichend ist.
Eine sinnvolle Diskussion der Forschung zu Naturheilverfahren muß
diese drei Kriterien berücksichtigen. Gegenwärtig sind dafür
aufgrund der schlechten Zugänglichkeit der zahlenmäßig
obendrein relativ geringen Forschungsergebnisse die Voraussetzungen noch
sehr ungünstig. Wir glauben, daß das Dokumentationsnetzwerk
dazu beitragen wird, daß sich diese Situation deutlich verbessert.
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